Kerkeling gehört für mich zu den Komikern, die ihren Ruf hätten erhöhen können, wenn ihre TV-Präsenz etwas zurückhaltender gewesen wäre. Hapes erster TV-Film ist, um es gleich vorweg zu nehmen, sein filmisches Meisterwerk und schlägt die ebenfalls sympathische Kinoproduktion „Kein Pardon“ um Längen. Die Charaktere sind dabei wie immer urdeutsch und im Gegensatz zum eben erwähnten Kinovorgänger sind von diesen liebevollen und schrulligen Figuren in seinem zweiten Film auch gleich mehr vorhanden. Die Besetzung ist hervorragend. Neben Kerkeling brilliert vor allen Dingen der sehr gut gewählte Darsteller des Tankwarts, Michael Brandner.
Humor muss man hier nicht suchen. Von der Urlaubwerbefilm-Parodie direkt zu Anfang bis hin zum chaotischen Ende ist alles sehr komisch, einfallsreich und spielfreudig inszeniert. Einziger Tiefpunkt ist der Schlussgag, der sich den Gesetzmäßigkeiten des Filmes nicht anpassen möchte. Da dieser aber ohnehin nur augenzwinkernd gemeint ist, will ich mich an dieser Randerscheinung auch nicht aufhängen. Das wäre dann doch etwas arg kleinlich.
Neben dem pointenreichen Drehbuch (u.a. von Kerkeling) fällt der Film auch durch seine gute Musik auf. Ob es die trostlose Hintergrundmusik ist, die den Charakteren direkt aus der Seele zu sprechen scheint, oder ob es die fröhlichen Lieder sind, zu denen das Club-Personal die Urlauber zum mitsingen nötigt - "Total Normal"-Partner Achim Hagemann hat beim Komponieren tollste Arbeit geleistet und beweist mal wieder dass er Kerkelings Humor besser zu unterstützen weiß als seine Nachfolger in späteren Arbeiten des Komikers.
Wer jemals einen Cluburlaub mitgemacht hat weiß, dass hier auf wunden Punkten echter Betroffener herumgeritten wird. Neben der Nervlieder punkten hier Einfälle wie die "Aktion sauberer Strand", der Ausflug „Land und Leute“ sowie der Umgang mit Mitmenschen, die sich nicht an die Clubregeln halten wollen. Je weiter der Film voran schreitet, desto hoffnungsloser wird der Glaube an schöne Momente, so frustriert spielen die Schauspieler ihre Rollen, von jedem anders interpretiert. Wenn eine sonst sehr optimistische Oma über einen Fluchtplan des Tankwarts nur pessimistisch sagt "damit kommt ihr nie durch", dann geht der schwarze Humor bis ins Mark.
Die Witze gehen nur selten unter die Gürtellinie. Sprüche wie "Ich han doch so 'nen Durchfall" sind keine humoristischen Königsübungen und frei von Anspruch, aber sie werden so eingebracht, dass sie zu wirken wissen. Das spezielle Beispiel verweist auf die fehlende Privatsphäre im Club Las Piranjas, somit haben selbst Tiefflieger immer eine spezielle Bedeutung und werden nicht nur sinnlos in den Raum geworfen wie in den pausenlos erscheinenden Film-Parodien Amerikas seit „Scary Movie".
Auf der Gegenseite zu solchen Momenten trumpft zudem der geringe Anteil an stillen, tragikomischen und ernsten Momenten. Wenn Mitarbeiter Edwin mit dem Schreiben eines Briefes ein trauriges Geheimnis lüftet, dann wirkt dies ehrlich und bremst nicht den Unterhaltungswert, zumal es jener Rolle einen Hintergrund verleiht, die wir bislang nur oberflächlich betrachten durften und die klar macht, dass jedes Verhalten seinen Ursprung besitzt.
Hut ab, was Hape und Filmpartnerin Angelika Milster da auf die Beine gestellt haben. Leider wurde dieses von der Kritik verkannte Werk nicht wirklich bekannt und erlangte erst etwas mehr Beachtung mit der DVD-Veröffentlichung in einer Kerkeling-Box. Spätere TV-Filme wie "Die Oma ist tot" und "Willi und die Windzors" sind leider nie annähernd an das Niveau des hier besprochenen Werkes heran gekommen, nicht mal an den etwas holpriger inszenierten "Kein Pardon". Ich habe beim Sichten immer das Gefühl, dass „Club Las Piranjas" Kerkelings ehrlichster Film ist, dass der hier gelebte Humor sein persönlichster ist und Nachfolgeprodukte zu sehr nach dem Wunsch des Zuschauers suchen. Aber das ist freilich nur eine Vermutung.
Hape könnte mit seinem Humor eine Art Nachfolger Loriots sein, wenn seine Arbeit auch ein wenig klamaukiger ausfällt als dessen Werke. Kerkeling hat den Stil und besitzt das nötige Talent. Aber leider produziert er für das TV zu viel in Masse, zugegebener Maßen meist witzige Projekte, aber sein Gesamtwerk dennoch dadurch verwässern lassend. Weniger wäre mehr, dann hätte man nicht das Gefühl, dass sich der Komiker verkauft. Denn so vergeigt er selbst seinen Einstieg in die Oberliga a la Loriot und Helge Schneider, Menschen gleicher Berufsgattung denen die Kunst stets wichtiger als der Kommerz war. Ich wünschte mir, dass Hape endlich wieder ein Projekt in der Qualität seines "Club Las Piranjas" verwirklichen würde. Es würde mich sehr glücklich machen. Mit Blick auf den Erfolg seiner eher plumpen und eher massentauglichen Horst Schlämmer-Rolle merkt man jedoch, dass dieses Wunschdenken sinnlos ist. Ich persönlich hoffe auf gelungene Spätwerke wenn die Altersweisheit Kerkeling erreicht hat. OFDb
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen