Vier Jahre nach Romeros Seuchenspektakel „Crazies“ versuchte sich David Cronenberg mit seinem Folgefilm zu „Parasiten-Mörder“ an einer ähnlichen Thematik, konzentriert sich im Gegensatz zu seinem Regiekollegen jedoch mehr auf den Weg der zur Epidemie führt, um erst im letzten Drittel von einem offiziell erklärten Ausnahmezustand zu handeln, anstatt vordergründig in der Epidemie zu baden. Im Vergleich ist Cronenberg auch der bessere Film gelungen, auch wenn die Art der Übertragung den Trash-Bereich streift. Dank einer ernsten Umsetzung und einem ehrlichen Interesse Cronenbergs an diesem Thema verkommt „Rabid“ jedoch nie zum Witz und weiß die Bedrohung für den Zuschauer spürbar zu machen.
Hatte Cronenberg mit „Parasiten-Mörder“ einen etwas phantastischeren Auslöser parat und beschränkte er das Szenario damals noch in einem übersichtlichen Raum, so sind die Geschehnisse von „Rabid“ ausgeweiteter, weswegen es wichtig ist nah an den Figuren zu arbeiten, damit der Zuschauer den Überblick behält. Zwar vernachlässigt es der Regisseur, der anbei auch Autor der Geschichte war, den Zuschauer an die Hand zu nehmen, wenn es um Roses ungewöhnliche neue Fähigkeiten geht, das weiß auf der anderen Seite aber auch zu wirken, da man damit zunächst im ungewissen Zustand zurückgelassen wird und die Geschichte im weiteren Verlauf Licht ins Dunkel bringen wird. In letzter Konsequenz wird auf die in Rose stattgefundene Mutation jedoch nicht zufriedenstellend eingegangen. Letztendlich hat man einfach zu akzeptieren, dass Rose ist, was sie geworden ist und man soll nun teil haben an den Geschehnissen, die sie ausgelöst hat und auch weiterhin auslöst.
Frank Moore, die männliche Hauptrolle, erinnert äußerlich stark an den jungen Christopher Walken, mit dem Cronenberg Jahre später die Stephen King-Adaption „Dead Zone“ drehen sollte. Interessanter Weise ist der Charakter Karl den er spielt zwar als Hauptfigur konzipiert, sein Handeln dümpelt dennoch nur am Rand der wahren Geschehnisse umher, und Provokant Cronenberg sei Dank weiß er nicht wirklich etwas am Ergebnis der Geschichte auszumachen. Er ist lediglich der Stützpfeiler der tragischen Ereignisse im Finale. Sein Versagen sorgt schließlich für das Ende der Geschichte. Würden seine Pläne greifen, wären die Ausmaße nur schwer einzuschätzen gewesen. Letztendlich verdreht Cronenberg damit die klassische Funktion des Helden.
Trotz Cronenbergs Ausrutscher in den Pulp-Bereich und seiner zu reißerischen Gore-Effekte, erschuf der Mann einen Streifen, der nicht emotionslos an einem vorüber geht. Wenn ein Infizierter auf der Motorhaube Karls erschossen wird, der Wagen danach desinfiziert und der Fahrer zum weiterfahren aufgefordert wird, sind das kaltblütige Bilder einer Gesellschaft die nicht all zu ethisch handeln darf, wenn sie überleben will. Karls Mimik zeigt Schockwirkung des gerade Passierten, aber auch eine reduzierte Form dessen, die den mittlerweile eingekehrten Alltag dieses Ausnahmezustands kennzeichnet. Die beste Szene dieser Art findet sich ganz am Schluss vor der Einblendung des Abpanns und provoziert die Frage nach dem Wert eines Menschenlebens und wovon dieser abhängen könnte.
Cronenberg erzählt eine gewagte Geschichte, gibt ihr durch die Vielschichtigkeit des Erzählten mehr Möglichkeiten als „Crazies“, und das obwohl er sich viel Zeit lässt die Situation entstehen zu lassen. Selbst zur Hochzeit der Epidemie sind die meisten eingefangenen Situationen ruhig gehalten. Die Straßen sind leer, Rose sucht sich Kontakte zu einzelnen Menschen, nur selten werden Massenszenen wie jene gezeigt, in welcher eine Infizierte in der U-Bahn über einen Menschen her fällt. Cronenberg hat ein Verständnis für die Geschichte die er erzählen will und weiß deshalb wann er in die Vollen greifen muss und wann Ruhe über der bedrohlichen Geschichte schweben muss. Der Zuschauer dankt es ihm, auch wenn „Der Überfall der teuflischen Bestien“ (Alternativtitel) noch nicht die Professionalität eines „Scanners“ oder „Die Fliege“ besitzt. Mit seinem Folgefilm „Die Brut“ kommt er diesem Niveau bereits eine Spur näher. OFDb
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