Es ist erstaunlich, dass ein auf dem Comicmarkt so zweit- oder gar drittrangiger Superheld wie „Daredevil“ eine solch frühe Verfilmung beschert bekommen hat, zu einer Zeit wo gerade einmal „X-Men“ und „Spider-Man“ die Kinos mit ihren Geschichten bereicherten. Die wurden jedoch auch wesentlich freundlicher behandelt als der weniger großzügig finanzierte „Daredevil“. Zwar hing viel Herzblut wahrer Fans mit im Projekt, was sich auch in den Cameos der Zeichner der Printvorlage zeigt, aber so wirklich geglückt fühlt sich Mark Steven Johnsons Comicverfilmung nicht an.
Die gute Nachricht: man kann den Film sehen, er macht Spaß. Die schlechte: die Geschichte ist löchrig erzählt und der Bann, in dem einen die Mystik und die Dramatik der Figuren ziehen soll, ist nicht vorhanden. Daredevil bleibt ein verkleideter Typ, der nachts durch die Straßen einer Großstadt purzelt, eben so wie ein derart gekleideter Typ in der Realität wirklich auf jemanden wirken würde. Da fehlt es an Respekt, an Stimmung, Daredevil ist optisch ein zahnloser "Batman", und das Kostüm ist nur eines von vielen Gemeinsamkeiten mit der Fledermaus.
Alles wird zu schnell abgehandelt, selbst das Entwickeln und Trainieren der Superkraft mittels der anderen Sinne einen Radar zu perfektionieren, der den blinden Murdock auf ganz andere Art sehen lässt. Die Kenntnis zur Comicvorlage wird vorausgesetzt, was sich gerade mit Blick auf Elektra als Nichtkenner dieser negativ guckt. Kurz nach der ersten Begegnung liefern sie und der Titelheld sich ein unmaskiertes Spaßkämpfchen, bei welchem nur in einem Nebensatz erklärt wird, warum die Dame so abgebrüht kämpft. Im Gegenzug erfahren wir nicht, warum Murdock sein Können so offen zur Schau stellt.
Wenn man nun noch bedenkt, dass der Gegner Bullseye mehr im Fokus steht als der wesentlich würdiger gegenagierende Kingpin, kann man von Glück reden, dass „Daredevil“ doch noch in der Lightversion eines Superheldenfilmes zu funktionieren weiß. Bullseye ist nämlich ein ziemlich peinlich dreinblickender und herumwütender Pseudo-Cooler, den man ab dem 16. Lebensjahr aufgrund seiner infantilen Performance nicht mehr ernst nehmen kann.
Aber damit passt er zur schlecht gewählten Musik, die mal kitschig und mal metallig daher kommt, aber doch immer mainstreaming wirkt und den Streifen nie würdig und vor allen Dingen nie glaubwürdig zu unterstützen weiß. „Daredevil“ bleibt immer Film. Nie taucht man zu sehr ein. Nie geht man als Zuschauer wirklich in der Geschichte auf.
Letztendlich ist alles jedoch derart naiv erzählt und produktionstechnisch ja auch relativ professionell angegangen, dass das Kind im Manne, sofern man es zulässt, trotzdem Spaß dran haben kann in einer Geschichte, in welcher ein Blinder voll cool über seinem Handicap steht und so knallhart und soft zugleich seine persönliche Rache auslebt, in einer Welt voller Ungerechtigkeiten. Ben Affleck kommt weder besonders positiv noch besonders negativ rüber und sieht mit der Frisur und der Sonnenbrille ohnehin nur wie ein Reeves-Klon aus „Matrix“ aus. Und Elektra weiß ein paar Szenen zu versüßen, ist letztendlich für die Geschichte aber gar nicht so wichtig wie gedacht.
Wie auch immer... das kann man alles gucken, es macht kurzfristig auf simple Art Spaß. Bei Nichtsichtung verpasst man jedoch nichts. Mag sein, dass dies beim Director‘s Cut anders ist. Ich bin kein Freund spezieller Regie-Neufassungen, aber bei „Daredevil“ könnte eine solche Wunder bewirken - vorausgesetzt der Film verliert dadurch seine löchrige Ader. Mark Steve Johnson hat vier Jahre nach dem hier besprochenen Streifen immerhin mit dem gern unterschätzten "Ghost Rider" eine bessere Comic-Verfilmung herausgebracht. OFDb
Der Director's Cut ist in der Tat der bessere Film. An sich sollte die Kinofassung verbrannt werden, dann könnten die Leute die schlechtere Version meiden.
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