„Wolfsziegel“ wird auf der DVD so falsch beworben, wie er im Internet oftmals falsch beschrieben wird. Von einem Gruselfilm klassichster Machart, frei von Schockeffekten, ist die Rede. Aber der auf einen vier Jahre vor der TV-Verfilmung erschienenden Roman basierende Streifen ist eher ein Mix aus Drama und Abenteuerfilm, angereichert mit Fantasyelementen, die jedoch eher angedeutet als bestätigt werden. Obwohl sie nie direkt benannt werden, wird ihr Einfluss Richtung Finale immer wichtiger, und doch liegt das Hauptaugenmerk auf den anderen beiden Genres.
Die Geschichte wird aus der Perspektive mehrerer Figuren erzählt, eine der dominantesten ist jene aus dem Blickwinkel eines Jugendlichen, weshalb die halbwegs schlichte Bedrohung sich intensiver wie ein Abenteuer aus dem Alltag anfühlt. Der kurze Anflug einer romantischen Geschichte kommt ebenso auf, ist in seiner leicht angestriffenen Art aber kaum von Bedeutung in einem Film, der sich ohnehin stets den stillen Tönen und den scheinbaren Nebensächlichkeiten zuwendet. Man konzentriert sich auf das Gefühlsleben der auf sich gestellten Dorfmenschen und zeigt auf wie sie sich teilweise solidarisch, aber doch nicht perfekt als Einheit funktionierend, der (kommenden) Bedrohung zur Wehr stellen.
Diese Bedrohung ist eine recht kurzfristige. Bis sie auftritt muss der Zuschauer viel Geduld aufwenden, zumindest dann, wenn er dem Rest der Geschichte nichts abgewinnen kann. Diese plätschert in all ihren Schwerpunkten nur leicht vor sich hin, weiß mit der Authentizität von Zeit und Raum in welchem „Wenn der Wolfsziegel heult“ (Alternativtitel) spielt, Freunden ruhigerer, unaufgeregter Stoffe aber definitiv zu gefallen. In einer späten Phase wird es dank simpel, wie atmosphärisch abgefilmter Schneebilder bei Nacht kurzfristig recht spannend. Die Situation ist angespannt, denn nun nähern sich nach langer Zeit die Wölfe. Aber die Nacht ist schneller überstanden, als es dem falsch herangelockten Horror-Fan schmecken dürfte, und „La tuile à loups“ (Originaltitel) konzentriert sich wieder auf jene Themen, die ihm tatsächlich wichtig sind: Zusammenhalt und gegenseitiger Respekt.
Den erfahren Wolf und Mensch zum Schluss hin ebenfalls. Der Zuschauer wird mit dem Warum dieses Umstandes allein gelassen, hat zuvor, wenn er denn aufmerksam genug war, aber genug Material sammeln können, um sich diverse Erklärungen auszumalen warum „Wolfsziegel“ endet wie er endet. Aufgrund seiner vielen Andeutungen, nicht nur am Schluss, wird Jacques Ertauds Streifen nicht nur dem Horrorfreak nicht schmecken, sondern auch jenem Publikum, welches jegliche Information offen ausgesprochen vorgekaut kriegen muss. Der sensible und konzentrierte Zuschauerpart jedoch kann sich an den stillen Tönen eines Streifens erfreuen, der sicherlich eine Spur zu schlicht ausgefallen ist, als dass er zwingend zu empfehlen wäre, einen aber durchaus 90 Minuten anspruchsvoll zu unterhalten weiß. OFDb
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen