24.04.2021

JOJO RABBIT (2019)

Ich verstehe zwar nicht warum andere Länder sich stets mit der Vergangenheit Deutschlands auseinander setzen, anstatt ihre eigenen Verbrechen von einst zu thematisieren, einen Beitrag wie "Jojo Rabbit" hätte ich mir persönlich also lieber aus deutschen Landen gewünscht, aber zumindest ist der abgelieferte Beitrag keiner dieser unreflektierten, dämonisierenden Propaganda-Filme geworden, wie sie beispielsweise gerne von den Engländern abgeliefert werden. Welches von den vielen hier verwendeten Klischees der Übertreibung dient, oder von den Verantwortlichen des Films eventuell doch für voll genommen wird, wird von Zuschauer zu Zuschauer sicher unterschiedlich empfunden, denn die in ihrer Tonart recht schräg ausgefallene Satire ist aus solch einer bizarren und übertriebenen Sicht erzählt, dass sich derartiges nicht klar erkennen lässt und der eigene Wertekompass des Konsumenten diesbezüglich, ob bewusst oder unbewusst, im Hinterkopf mitspielt. Wer jedoch die unschuldig alberne Art von Regisseur und Mit-Autor Taika Waititi aus "5 Zimmer, Küche, Sarg" kennt, der weiß dass die teilweise gar klamaukige, manchmal absichtlich infantile, Komik nicht der verkrampften Tarnung für moralische Zwecke dient, sondern auf entspannte Art von Herzen kommt. Und diese kooperiert im hier besprochenen Werk erstaunlich gut mit den ernsten Anliegen des Drehbuchs und mit den immer stärker in den Vordergrund rückenden dramatischen Momenten des Streifens. 

Dieser Mix fordert heraus, erweist sich aber als treffsichere Satire, anstatt als respektloses Herumgealber, auch wenn Waititis höchst persönlich dargebotener Adolf Hitler auch aus der absichtlich überzogenen Kindersicht manchmal etwas zu grenzwertig albern anmutet. Zumindest wirken manche seiner Auftritte zu gewollt, wohingegen jeglicher andere Aspekt des Films in der richtigen Dosierung so zu greifen weiß, wie scheinbar beabsichtigt. Manches Mal wankt kurzfristig selbst in der hier angewendeten, absichtlich überdrehten Sichtweise die Glaubwürdigkeit, wenn manche Wahrnehmung und Äußerung des Jungen eher der Moderne, anstatt der damaligen Zeit entsprungen sein mag. Das kompensiert der schräge Comic-Ton jedoch recht ordentlich und macht es an anderer Stelle wieder gut, wenn er auf Comic-Art die Wahrnehmung eines gehirngewaschenen Jungen aufzeigt und damit thematisiert, dass man seinerzeit nicht zwingend die Chance hatte sich alternative Meinungen zu bilden, wenn man in Hitler-Deutschland hinein geboren wurde. An anderer Stelle überrascht das Drehbuch mit zwischenmenschlichen Problembewältigungen, die heutzutage auf diese Weise gesellschaftlich gar nicht mehr denkbar wären und tatsächlich eher in vergangenen Mentalitäten, wie jener der Streit-Kultur, beheimatet sind. Das lässt "Jojo Rabbit" wiederum erstaunlich reif wirken, was er bei näherem Blick als Gesamtwerk ohnehin ist. Eine hervorragend agierende Besetzung, gerade auch in den jüngeren Rollen, und eine wie immer professionell agierende Scarlett Johansson bereichern den ungewöhnlichen, nie moralinsauer anmutenden, Ausnahmefilm zusätzlich und sorgen gemeinsam mit Waititis schrägem Blickwinkel und seiner dazu passenden Inszenierung dafür, dass das gewagte Rezept nicht nur auf dem Papier zu greifen weiß. Eine aufgeschlossene Grundhaltung wird vom Publikum jedoch vorausgesetzt. Mit Scheuklappen lässt sich das intelligente, entspannt erzählte Konstrukt, welches sich hinter einer scheinbaren Respektlosigkeit verbirgt, nicht erkennen.  OFDb

1 Kommentar:

  1. Der war gut. Waititi hält gut die Balance zwischen dramatischen und lockeren Szenen und nimmt dem Gespenst Nazideutschland so die Schreckhaftigkeit.

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