01.07.2023

INTERSTELLA 5555 (2003)

Als die französische Musikband Daft Punk an ihrem Album Discovery arbeitete, kamen ihre Mitglieder auf die Idee, die Stücke des Albums mit Videoclips einer durchgehenden Geschichte zu untermalen. Sie schrieben ein Drehbuch und konnten den Mangazeichner und Anime-Regisseur Leiji Matsumoto für diese Idee gewinnen, der das Drehbuch der Band schließlich per Zeichentrick umsetzte. Während 2000 und 2001 erste Aufnahmen in den Musikvideos der Band bereits bewundert werden konnten, kam die komplette Geschichte erst 2003 in Form des hier besprochenen "Interstella 5555" in die Kinos, der von einem Bösewicht erzählt, der mittels dunkler Kräfte Musiker diverser Universen entführt und ihre Erinnerungen löscht, um mit ihnen als Marionetten unter seiner Fuchtel eine goldene Schallplatte nach der nächsten zu gewinnen. 

Was sich während des ersten Liedes zunächst wie eine relativ simple Zeichentrickübertragung der Band, die gerade ihr Lied vorträgt, anfühlt, eben weil man dort zunächst fast nur eine gezeichnete Band auf der Bühne erlebt, die synchron zum Gesang die Lippen bewegt, wird zu einem abenteuerlichen Trip quer durch mehrere Dimensionen. Hier darf gelitten und gestorben werden, während sich dennoch alles nach und nach dem klassischen Happy End samt Heldentum nähert. Positiv fällt neben der ohnehin beeindruckenden Gesamtidee auf, dass sich nicht Daft Punk selbst als Helden profilieren. Die Combo im Clip ist eine fiktive, versehen mit Figuren, die unverkennbar Matsumotos Stil entspringen, erinnern sie und viele weitere Figuren aus "5555: 5tory of the 5ecret 5tar 5ystem" (Alternativtitel) doch an jene aus "Die Königin der 1000 Jahre", "Captain Harlock" und Co. Daft Punk selbst haben lediglich, typisch für sie mit Helmen bekleidet, einen kurzen, sogar inhaltlich bedeutungslosen Gastauftritt. 

Die Geschichte mixt nicht nur Musikfilm mit Science Fiction, aufgrund einer Seele, die ins Jenseits fährt, und okkulter Rituale wird auch der Bereich der Fantasy integriert, sowie durch eine Episode, die in einem unheimlichen Schloss spielt, auch das Gebiet des Horrorfilms gestreift. Das Ergebnis guckt sich interessant, kommt ohne jegliche Dialoge aus, erfordert deswegen trotz relativ simpler Ereignisse aber auch eine gewisse Konzentration und funktioniert freilich am besten, wenn man Zugang zur Musik von Daft Punk besitzt. Mir persönlich hat dieses japanisch-französische Experiment gefallen, das stilistisch und inhaltlich auf der einen Seite sämtliche Klischees abgrast, passend zu einer gerade in Europa aufkommenden Modewelle (die keine blieb, so beliebt wie Mangas und Animes auch heute noch als fester kultureller Bestandteil Europas sind), andererseits im wilden Mix dieser Elemente trotzdem eigene Luft atmet, mit Blick auf das von der Band selbst finanzierte Gesamtprojekt sogar individuelle. Mit einer Laufzeit von 65 Minuten, besagtem Szenarienmix und einer ebenso abwechslungsreichen Musik wird man weder unter- noch überfordert und bekommt als Freund des alternativen Kinos etwas Besonderes geboten. 

Mit Blick auf die deutsche DVD-Veröffentlichung muss mir nur noch wer erklären, warum ein englischer Untertitel vorhanden ist in einem Film ohne Dialoge. Dass dies keinen Sinn ergibt, schien auch der Erschaffer besagtem Untertitels zu bemerkten und hat wahrscheinlich deswegen (abgesehen vom Prolog) immer nur in verschiedenen Zeitabständen ein und den selben Satz einblenden lassen, der sich auf Blitzlichter im Gehirn bezieht. Ein Insider für treue Daft Punk-Fans? Lediglich ein Produktionsfehler auf der DVD? Ich habe keine Ahnung.  Wiki

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