17.09.2023

TERRIFIER 2 (2022)

Es gleicht bereits einem Wunder, dass der erste "Terrifier"-Langfilm so gut zu funktionieren wusste, so sehr wie er, oberflächlich betrachtet, zunächst nur mit heftigen Gore-Effekten zu trumpfen weiß, bei einem Minimum an Story innerhalb eines Sub-Genres, das mit reinen Brutalitäten meist nur stumpfe Werke hervorbringt. Das Glück herauszufordern, indem man dieses überraschende Ergebnis meint noch einmal wiederholen zu können und gleichzeitig mit einer Laufzeit von fast 140 Minuten daher zu kommen, klingt nach vorprogrammiertem Scheitern, ist Regisseur und Autor Damien Leone aber tatsächlich erneut ein weiteres Mal geglückt. Die Länge sieht man dem Streifen, der diesmal einen Hauch mehr Handlung integriert bekam, zu keiner Sekunde an. Flott erzählt reiht er erneut sadistische Ideen gewitzt und schockierend inszeniert aneinander, getragen von David Howard Thornton, der wohl den furchteinflößensten Killerclown der Filmgeschichte überhaupt mimt und es schafft Art gleichzeitig schwarzhumorig belustigend darzustellen. Mal beunruhigt sein Spiel, mal erschreckt es, mal regt es zum Schmunzeln an, mal gruselt und schockt es. 

Das Rezept, dass man nie weiß was Art als nächstes treibt, da uns zudem seine Motivation unbekannt ist, fruchtet erneut. Der Zuschauer muss stets mit dem Unerwarteten rechnen, Art folgt nur selten einem Muster und überrascht immer wieder mit seinen sadistischen Spielen. Das Übernatürliche seiner Existenz wird diesmal hervorgehoben ohne es zu entmystifizieren, kleine Hintergründe über seine Existenz werden angedeutet und finden ihren Höhepunkt in der fiktiven Begleitung eines geisteskranken Clown-Mädchens. Diese darf man wohl als die beste Neuerung der Fortsetzung betrachten, die hoffentlich im bereits angekündigten "Terrifier 3" erneut genügend Screentime beschert bekommt. "Terrifier 2" identifiziert sich nicht einzig über seinen Aggressor und ist, ebenso wie Teil 1, auch wieder in den menschlichen Rollen gut besetzt. Diesmal dürfen wir uns mit der Heldin besser identifizieren, denn wir dürfen in ihr Gefühlsleben eintauchen. Das verwässert das Rezept der gnadenlosen Tortur, welche jeder Mensch hier im Film durchmachen muss, kein bisschen. Und der Unsinn welchen Schmerz man bei Bewusstsein ertragen könnte und wie sehr man trotz etlicher Verletzungen noch im Stande ist Handlungen zu vollziehen, wird erneut durch die völlig übertriebene Comicartigkeit der Umsetzung außer Kraft gesetzt und nervt somit nicht mit dieser Unglaubwürdigkeit, wie in Werken die näher an der Realität angesiedelt sind. 

Die Filme sollen ein Spaß sein, zugegebener Maßen ein unappetitlicher, grausamer Spaß entarteter kreativer Ideen. Aber Leone besitzt das richtige Händchen dafür dem ganzen fiesen, blutrünstigen Treiben das gewisse Niveau zu bescheren. Die Tonart stimmt, die kreativen Ideen gilt es zu entdecken, und die Effekte sind hervorragend ausgearbeitet - ein Aspekt der manchem vom Zielpublikum über Teil 1 noch schimpfen ließ. Dass der Anteil des Zielpublikums innerhalb des Film lieb habenden Volkes relativ gering verteilt ist und "Terrifier 2", ebenso wie sein Vorgänger, nur die Hartgesottenen unter den Horror-Fans anspricht, lässt sich nicht abstreiten. Aber wo sonst nur die nach Gore lechzenden Leute genährt werden, die Stumpfsinn und fehlenden Einfallsreichtum erstaunlicher Weise bestens ignorieren können, da kommt Leone mit einer bunten Popkorntüte kreativer Ideen und talentierter Beteiligter daher, die das theoretisch stumpfe Abarbeiten des typischen roten Fadens dieser Stoffe zu einem großartigen Ergebnis machen. 

Klar sind nicht alle Szenen dieses 138-Minüters notwendig, das zeigt bereits die sehr früh eingestreute Traumsequenz, in welcher wir einer musikalischen Clownsendung beiwohnen, die satirisch gekonnt das Fernsehen auf sadistische Art aufs Korn nimmt. Aber jeder Moment bietet dem Zuschauer etwas besonderes, seien es erzählenswerte Hinweise und Hintergründe, perverse, sadistische Folter- und Tötungsmethoden, die das meiste in den Schatten stellen, was man sonst im Genre zu ertragen hat, oder humoristische Spielereien, sowie emotionale Momente. Im Idealfall sind die Szenen alles auf einmal, so z.B. geschehen in einem der bittersten Momente, wenn eine Mutter heimkehrt, ihr Kind in der Wohnung sucht, und im Zimmer der Jugendlichen eine noch atmende Tochter vorfindet, die vom noch immer anwesenden Killerclown bestialisch zerstückelt wurde. 

Ich weiß nicht wie Leone es schafft, aber wenn man nicht gerade ein moralischer Mensch oder ein im Bereich der Kunst voreingenommener Zeitgenosse ist, dann weiß das Gezeigte trotz seiner Abartigkeiten in einem gewitzten Zustand der völligen Übertreibung zu funktionieren, sei es durch den grenzüberschreitenden Sadismus, der zur Groteske mutiert, sei es durch das augenzwinkernde Spiel Thorntons, oder durch beides zugleich, manchmal auch schlichtweg durch den überrumpelnden Überraschungsmoment. Eine sexy Heldin als Gegenpol zu den blutigen Sauereien, denen wir als Unterhaltungsvoyeure beiwohnen, macht zudem deutlich, dass man hier mental in keinster Weise auf die neue Generation setzt, für die Sexismus, Gewalt und Vorurteile in einem Kinofilm nichts zu suchen haben. Dies ist aber auch einer der wenigen Oldschool-Einflüsse innerhalb eines Streifens, der inhaltlich, wie auch optisch viele Schritte weiter geht, als der Horrorstandard zur Zeit üblicher Weise zu bieten hat. Welche Ironie, wenn man gleichzeitig den Stillstand betrachtet, den die eigentliche Handlung filmhistorisch bereit hält, die es spätestens seit der 80er Jahre immer wieder im ähnlichen Ablauf zu sehen gab.  Wiki

1 Kommentar:

  1. Ja, der konnte durchaus gefallen. Art ist aber auch ein echt abartig schräger Clown voller überraschend blutiger Spielzüge.

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