Kinder und Jugendliche kennen mittlerweile brutalste Horrorfilme, und so geht man der Thematik eines möglichen Jugendschutzes für das neue Medium Video auf den Grund...
Elternabend der anderen Art...Als die Videotheken sich im damals noch immer verrufenen Zustand dem Massenpublikum zuwandten und von den Rotlichtgebieten auf die Hauptstraßen zogen, beauftragte man für das ZDF eine Dokumentation zur dringlichen Frage des Jugendschutzes. Entgegen dem was häufig von Horror-Fans im Netz zu lesen ist, ist dabei ein sachliches Ergebnis herausgekommen, welches das Thema aus verschiedensten Blickwinkeln heraus beleuchtet und auch Extreme beider Seiten (jene, die den Horrorfilm dämonisieren, ebenso wie jene, die den Jugendschutz für völlig unnötig halten) zu Wort kommen lässt. Das überholte Bild dieser Thematik mag belustigen, viel mehr jedoch lässt einen "Mama, Papa, Zombie", der diesen Titel aufgrund einer traurigen Anekdote einer Videothekenmitarbeiterin erhielt, erstaunen, so kultiviert wie damals noch gesprochen wurde und so sachlich wie sich die Öffentlich Rechtlichen damals noch mit einem kontroversen Thema befassen konnten. Zwar sind leider angebliche Spontaninterviews im Vorfeld einstudiert und klingen, ebenso wie mancher Monolog, abgelesen, das Herz der Doku schlägt jedoch am rechten Fleck und informiert uns, meist an den Beispielen "Muttertag" und "Ein Zombie hing am Glockenseil", über den Ist-Zustand, die Risiken und die Möglichkeiten.
Mit Blick von heute ist der von Claus Bienfalt inszenierte Kurzfilm von etwa 45 Minuten Laufzeit sogar noch interessanter ausgefallen, fällt den Verantwortlichen der Doku doch die Fragwürdigkeit der Politik dieser Zeit zu diesem Thema auf, die letztendlich später über den Jugendschutz hinaus schoss und auch manch mündigem Bürger das Sichten eines Horrorfilms verbieten sollte. Noch immer sind Wunden dieser Stigmatisierung des Genres in unserer Gesellschaft nicht komplett ausgeheilt, sei es auf der Liste beschlagnahmter Filme, wo einige noch immer auf ihre Rehabilitierung warten, oder in den Köpfen der Bürger, die das Genre Horror noch immer speziell mit Argusaugen betrachten, obwohl jedes Genre Sehenswertes und Fragwürdiges hervor bringt. Mag sich manches heute auch freier anfühlen, der Tunnelblick und die Moral haben sich verstärkt, und das macht einen Ausflug in die Welt verschiedenster Bürgerschichten von 1984 umso interessanter, ist "Mama, Papa, Zombie - Horror für den Hausgebrauch" doch liberal thematisiert, zu einer Zeit als gebildete Bürger diese Mentalität noch nicht in einen Topf mit Neoliberalismus warfen. Einzig der kurze Blick auf damalige Brennpunkte spiegelt wieder, was auch heute noch in sozialen Unterschichten an Ignoranz und mangelnder Aufklärung zu beobachten ist.
Ob die Bedenken zur Verrohung der Gesellschaft gerechtfertigt waren, lässt sich schwer beurteilen, die Antwort findet sich aber wahrscheinlich eher im inflationären Umgang mit den elektronischen Medien allgemein, anstatt in der speziellen Kategorie der Gewalt thematisierenden. Dass nicht jeder gleichermaßen anfällig und beeinflussbar für Gewalt ist, und das Video nur ein Einfluss unter vielen ist, gehört mit zum Fazit der Verantwortlichen des hier besprochenen Dokumentarfilmes. Dass die Gesetze des hier debattierten Themas längst vorhanden waren und die Diskussion, insbesondere von Politikern und Moralisten, nur der Propaganda wegen geführt wurde, lässt einen ebenfalls erstaunt zurück, so oft wie sich dieser Zustand zu anderen Themen auch heute noch entdecken lässt. Und da wir wieder einer arg moralischen Zeit entgegen steuern, kann "Mama, Papa, Zombie" ein Lehrstück in den Einblick anderer Mentalitäten sein, ebenso wie im Umgang diese alle demokratisch in einen Sachfilm einfließen zu lassen. Denn die errungene Freiheit der Vorgenerationen kann sich, gerade auch für den Filmfreund und sein liebstes Hobby, wieder derart verdüstern, wie kurz nach diesem Dokumentarfilm geschehen. OFDb
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