30.09.2012

DIE MONDVERSCHWÖRUNG (2011)

Dennis R.D. Mascarenas, Reporter eines deutschsprachigen Fernsehsenders der USA, möchte Aufgrund eines Streites zwischen einem Amerikaner und einem Deutschen, darüber wem der Mond gehöre, herausfinden was es eigentlich mit der Mond-Faszination der Deutschen auf sich hat und steigt ein in eine esoterische Welt, die mit Grad ihrer Extreme sich an immer größere und wunderlichere Verschwörungstheorien klammert...

Da verstummt selbst Gus Backus...
 
Ein wenig darf es an Michael Moore erinnern, jenem Filmschaffenden der uns mit "Sicko", "Bowling For Columbine" und einigen anderen sehenswerten Dokumentationen die Schattenseite der USA näher gebracht hat, wenn ein dicklicher Amerikaner einem delikaten Thema nachgeht und mit Geduld und Ruhe all jenen zuhört, die sich mit ihren Kommentaren ganz von selbst als fragwürdig entlarven, eben weil sie endlich einmal über ihr liebstes Thema öffentlich frei reden dürfen und sich von der ruhigen Art Mascarenas bestätigt und unterstützt fühlen.

"Die Mondverschwörung" ist jedoch etwas simpler gestrickt als die Erfolgsfilme des Populisten Moore, ziehen Mascarenas und sein Regisseur Thomas Frickel doch keine Verbindungen, analysieren nicht, schlagen keine Lösungen vor und entlarven auch nicht die Drahtzieher und ihre Methoden. Ebenso wenig kommt es zu einem klaren Strich am Ende, der das Thema zu einem tatsächlichen sachlichen Schluss führt, um einen gewissen Themenkomplex damit ausgefüllt zu haben. Das liegt jedoch nicht an einer schwächeren Herangehensweise, einer geringeren Motivation oder gar an mangelndem Talent. Das Thema selbst gibt diese Möglichkeiten eigentlich schon kaum vor. Man gewährt dem Zuschauer lediglich einen Blick in weltfremde Sichtweisen, um ihm die Skurrilitäten menschlichen Denkens und Glaubens vorzuführen. Für einen Moment darf man hinter den Vorhang jener Wahrnehmung gucken, die nicht dem Durchschnitts-Denken entspricht und damit im Alltagsleben des Zuschauers in der Regel nicht so leicht zu entdecken ist.

Das mag für manch einen vielleicht nach dem Charme individueller Querdenker klingen, entpuppt sich aufgrund seiner geistfreien Basis jedoch recht schnell als fragwürdige Subkultur, die je nach Härtegrad ihres Denkens sogar gefährlich werden kann, sollten aus reinen Worten einmal Taten gedeihen.

Dass diese Stichproben, die uns Frickel und sein amerikanischer Reporter-Kumpan servieren, nicht nur dem Unterhaltungszweck dienen, sondern in ihrer schlichten Präsentation als interessante Basis darüber dienen wie schnell aus Banalitäten Interessengruppen entstehen können, macht "Die Mondverschwörung" zu einer wertvolleren Dokumentation als es zunächst scheint. Denn mit dem hier Gezeigten gedanklich weiter gestrickt, quasi über den Film hinaus greifend, wird ein Einblick gewährt, wie es über viele Schritte zu solchen Unsinnigkeiten wie Geisterglaube, Scientology, Weltreligionen, Homöopathie und anderem Hokuspokus kommen konnte, wenn nur genug Leute daran glauben die sich ohne handfeste Beweise gegenseitig bestätigen. Es ist als schaue man auf den Anfang all solcher Bewegungen, die wir heute in ihrer zur Extreme hochgewucherten Größe miterleben dürfen.

Man darf schon vor den Kopf gestoßen sein, was es in einer wissenschaftlich ach wie aufgeklärten Zeit noch für Aberglauben gibt, deren Anhänger sich damit begnügen wackeligen Beweisen zu vertrauen und aus Dummheit und Halbwissen recht häufig Informationen miteinander kombinieren und kreuzen, die ohne ihren Hintergrund zu hinterfragen sich als toll miteinander kompatibel entpuppen, sodass auch recht schnell eine erweiterte, neue Variante des zuvor Geglaubten oder ein weiterer "Beweis" hanebüchener Theorien aufgestellt ist.

So braucht es auch nicht wundern, dass sich mancher Spinner von anderen abheben will, da er verwandte Theorien als unseriös empfindet, und sich der Zuschauer zu Recht fragen darf, wo denn nun der Unterschied zwischen ihm und den anderen Verschwörungstheoretikern liegen mag.

Im konkreten Fall von "Die Mondverschwörung" geht es mal im christlichen Sinne und mal im Glauben um Außerirdische um den Kampf zur Errettung der Erde, in welcher je nach Härtegrad Adolf Hitler eine gesonderte Rolle als Befreier einer von Juden geplanten und bereits angegangenen Unterdrückung gilt. Je nach Glaubensrichtung haust der alte Diktator, mal über die Magie der Verjüngung verfügend und mal nicht, auf dem Mond oder im Erdinneren unseres nach 40 Kilometer Erdschicht besitzenden hohlen Planeten.

Interessant ist der schleichende Übergang "harmloser" Mond-Esoteriker, jener die Wasser verzehren, welches nur zu Vollmond abgefüllt wurde, eine unter Pyramiden im passenden Mondeinfluss hergestellte Salbe auftragen oder am abnehmenden und zunehmenden Mond orientiert Gymnastik betreiben, bis hin zu diesen radikalen oben kurz angesprochenen geradezu faschistischen Absplittungen der Esoterik. Wieder wird einem klar, wie es am Beispiel des Christentums durch das harmlose Schwärmen für einen angeblichen Erretter zu einer weltbeeinflussenden Bewegung kommen konnte, die so menschenverachtende Verbrechen hervorbringen konnte wie Religionskriege, Hexenverbrennungen und Unterdrückung Andersdenkender.

Um so nachdenklicher stimmt es, dass man über das was man in "Die Mondverschwörung" zu hören bekommt so ungehemmt schmunzeln kann, selbst im schockierten Zustand der gegen Ende immer brauner werdenden pseudo-wissenschaftlichen Fascho-Soße, während man vergleichbaren Glauben/vergleichbares Denken, mit dem man im Alltag ob nun dran beteiligt oder nicht ständig konfrontiert wird, als wesentlich normaler empfindet. Somit beweist auch die Thematik eines "Die Mondverschwörung" auf ein Neues, dass der Mensch ein Gewohnheitstier ist.

Es ist schön zu sehen, dass Frickels Dokumentarfilm nicht halb so moralisch entrüstet ausgefallen ist wie meine Review. Fast kommentarlos präsentiert man uns nur das Geschwafel belustigender Spinner, um uns schließlich mit dem Wissen dass es solche Menschen und ein solches Denken gibt allein zu lassen. In "Die Mondverschwörung" geht es um mangelnde Aufklärung, der Gefahr wohin Unwissenheit, Halbwahrheiten und harmlos klingende Spielereien führen können. Es geht also um den Wert und die Wichtigkeit rationalen Denkens. Und da ist es legitim, ja geradezu obligatorisch, dass der Zuschauer sich selbst Gedanken machen und Rückschlüsse ziehe soll. Würden Frickel und Mascarenas das für uns erledigen, würde sich der Hund in den eigenen Schwanz beißen. Der Film besäße keine Daseinsberechtigung mehr. Dann wäre er nur noch Grundlage um sich über Leute lustig zu machen, die sich freiwillig zum Affen machen.  OFDb

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