Briefträger Müller ist ein einfacher Mann, bis er über eine Erbschaft über viel Geld verfügen darf...
Briefträger anstatt Tellerwäscher...
„Briefträger Müller“ ist sicherlich ein guckbarer Film für Rühmann-Bewunderer und bedingt auch für andere unterhaltsam, er hat aber Schwachpunkte, die vergleichbare Werke nicht aufweisen. Und die fangen zur großen Verwunderung diesmal bei Rühmann selbst an. Zumindest bedingt, der Star selbst spielt wieder toll, aber Drehbuch und Maske arbeiten gegen ihn. Die Maske lässt ihn nicht so sympathisch wirken wie sonst, und das Drehbuch gestaltet seinen Charakter zu wackelig.
Zunächst ist Müller in seinem Denken in der Nähe zum Idealisten, in der späteren Phase des Films ist sein Charakter vom Geld komplett verdorben. Nicht nur dass ein solcher Quantensprung des Idealewechsels höchst unrealistisch ist, das Drehbuch enttäuscht ganz extrem im Wechsel von der einen zur anderen Seite. Wir erleben keine Graustufen, stattdessen aber einen nicht genannten, aber relativ kurzen, Zeitsprung, in dem aus dem ehemaligen Briefträger mit guten Absichten und Einstellungen ein egomanischer Neureicher geworden ist. Man erkennt Müller nicht wieder, der sich über Nacht komplett gewandelt hat, ohne den Zuschauer dabei an die Hand zu nehmen.
Enttäuschend ist auch die vom Drehbuch vorgegebene Frauenrolle. Die ersten Eskapaden noch erduldend und dem Ehemann auch Kontra geben, wenn der Sohnemann ohne Grund eine Strafe auferlegt bekommt, alles nachvollziehbare Verhaltensweisen, am Ende aber zum Ehemann zurückkriechen ohne das Wissen des Zuschauers zu haben, dass Müller kein Fremdgänger war. Damit wird die an sich gelungen verkörperte Frauenrolle würdelos, und steht in diesem Punkt dem Müllercharakter in nichts mehr nach. Hinzu kommt, dass das Ablehnen einer Hochzeit und das Nichterscheinen bei dieser sicherlich weniger leicht entschuldbar ist, als im Film dargestellt. Auch wenn die Zeiten anders waren, wird das miese Verhalten Müllers viel zu schnell und ohne große Worte entschuldigt.
Auf der Gegenseite gibt es aber auch durchaus gelungene Momente. Die reiche Tante, von der Müller später erben wird, wird herrlich herablassend verkörpert. Die Art wie sie eventuelle Erben abwimmelt ist überheblich und menschenverachtend und damit einfach komisch. Nett ist in der ersten Hälfte auch die Verkörperung der Liebe des Ehepaares Müllers. Dies strahlt eine solche Authentizität aus, wie man sie heute in Filmen nur selten zu Gesicht bekommt. Was ich vermisste war die große Spielfreude Rühmanns. Sie schimmert nur selten durch, ist in einer Szene dafür aber ganz deutlich erkennbar, wenn der Neureiche Müller versehentlich auf die Bühne einer Tanznummer geschoben wird und dort dann laienhaft mittanzt. Mehr solcher Momente wären wünschenswert gewesen.
Stattdessen gibt es Szenen, die manchmal arg deutlich an biedere Heimatfilme erinnern, oder solche, in denen der sonst so bauernschlaue Müller sich von Politikern plump an der Nase herumführen lässt, wenn auch im angetrunkenen Zustand. Überraschend positiv wirkt hingegen das Ende (vom Verhalten der Ehrfrau einmal abgesehen).
Eine kurze Erwähnung verdient noch der Diener. Hier haben Maske, Drehbuch und natürlich der Schauspieler selber tolle Arbeit geleistet. Seine Figur hat Witz, wirkt in seiner Extreme schön skurril, ist für den Zuschauer zunächst schwer einzuordnen und erlebt einen Schluss, wie er ihn verdient hat.
„Briefträger Müller“ hat nicht die Sympathie eines „Max der Taschendieb“, „Der Lügner“ oder „Das schwarze Schaf“, weiß mit weniger Erwartungen aber auch noch als Durchschnitt zu gefallen. Trotzdem gibt es zu viele Wermutstropfen, und der eine, dass Müllers Wandel zu abrupt kommt, ist unverzeihlich. OFDb
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