Micah hat sich eine Kamera organisiert, um Spuk zu erforschen. Seine
Freundin Katie erlebt paranormale Erlebnisse seit sie 8 Jahre alt ist,
Micah hat davon noch nichts mitbekommen und möchte Beweise sammeln.
Nachts beim schlafen filmt die Kamera Geräusche und eine fremdbewegte
Tür. Ein herbeigerufener Geisterforscher verweist auf einen Kollegen, da
die Taten dämonischer und nicht geistiger Herkunft seien. Während Katie
den Ball flach halten möchte, provoziert Micah die Erscheinung, um
bessere Aufnahmen zu erhaschen. Es funktioniert, der Dämon wird immer
wütender...
In der Presse ist häufig der Vergleich zu „Blair Witch Project“ zu lesen, und dass eine ähnliche Angst in den Kinoreihen herrschte wie dort. Nach meinem Gang ins Kino kann ich diese Aussage bestätigen. Zwar war der Gruseleffekt dort nicht so stark ausgeprägt wie im besagten Hexenhorror, aber er war da und lehrte einem phasenweise das Fürchten. Aufgrund der Amateurkamera und ihrer Position in der Geschichte als eine Art ergänzender Hauptfigur ist der Vergleich zu „Blair Witch Project“ legitim, und wenn man ihn daheim sichtet, kann die Gruselwirkung auch eher übergreifen als mit vielen Menschen vereint im Kino. Selbst eine zweite und dritte Sichtung fielen für mich dort weit unheimlicher aus als bei meiner Erstsichtung auf der großen Leinwand.
Der Anfang bietet zunächst für manch einen Leerlauf, mir hat der Einstieg jedoch zugesagt, findet man doch schnell Zugang zu den natürlich wirkenden zwei Hauptfiguren und kann ihrem Treiben im Alltag folgen, interessant gehalten durch den zunächst schlicht gehaltenen Spuk. Zudem wird das Mitfilmen, auch im späteren Verlauf, nie unlogisch und leidet nie unter Erklärungsnot. Gerade da weisen selbst geglückte Werke wie „Cloverfield“ einen Schwachpunkt auf. Auch der inhaltliche Kniff, dass hier nicht von einem Pärchen erzählt wird, das jüngst Spuk erlebte, sondern von einer Frau zu erzählen, der solche Erscheinungen nicht neu sind, werten die Geschichte auf. Für ihren Lebensgefährten Micah hingegen ist das alles recht neu. Die Partnerschaft besteht seit 3 Jahren, von Spuk bekam der gute Mann bislang noch nichts mit, und im Gegensatz zu Katie fehlt ihm aufgrund der mangelnden Erfahrung auch der Respekt vor den paranormalen Ereignissen.
Genau diese Rezeptur ist es, die einem ein unwohliges Gefühl beschert, noch bevor sich die Situation hochschaukelt. Micah könnte man ohrfeigen, so sehr wie er die Spuksteigerung provoziert, gleichzeitig wirkt seine Charakterzeichnung jedoch nie übertrieben dargestellt. Im Gegensatz zum Kinozuschauer lebt er in der Realität und nicht wissendlich in einem Horrorfilm. Bei klarem Verstand würde manch einer sicherlich ebenso handeln wie Micah. Um das Gruselgefühl noch ein wenig weiter auszureizen, ist die Komponente es hier nicht mit einem Geist, sondern mit einem Dämon zu tun zu haben, ebenfalls eine kleine Wunderwaffe. Der Gedanke ein solches Wesen im Haus zu haben ist unangenehmer, und dank Katies Vorerfahrungen weiß man, dass ein Ortswechsel nicht zur Lösung werden kann.
Stilistisch kann man auch ein Lob aussprechen. Durch Filme wie „Diary Of The Dead“ und „Zombie Diarys“ ist es modern geworden, den „Blair Witch“-Dokustil mit üblichen Sehgewohnheiten zu mixen. Am deutlichsten wird dies durch die dort angewandte Fremdmusik-Untermalung. „Paranormal Activity“ geht wieder den glaubwürdigen und gruseligeren Weg, und lässt dank Auslassen von Musikuntermalung und Verzicht auf gekünstelte Zusatzbeleuchtung, sein Gezeigtes wieder authentisch wirken. Für den Gruseleffekt ist das ebenso wichtig wie für den Aufbau einer Gruselatmosphäre an sich.
Zunächst dachte ich beim ersten Sichten das Bildvorspulen in der Nacht wäre ein schlecht gewählter Erzählstil, eben weil man nach dem Stoppen nun vorbereitet ist, dass genau nun etwas passieren wird, aber Peli nutzt diese Methode gekonnt. Fühlt man sich in den ersten Szenen dieser Art bestätigt, wenn auch mit funktionierender Gruselwirkung, so sind spätere genauso angewandte Szenen tatsächlich unheimlich ausgefallen, gerade dann wenn Katie Stunden lang vor Micahs Bettseite steht. Auch das Spukverhalten des Dämons habe ich zunächst als zu sprunghaft empfunden, so als könne jederzeit alles geschehen. Hier benötigte ich gar erst eine zweite Sichtung um zu erkennen, dass die Vorgehensweise der unsichtbaren Kreatur tatsächlich einem Muster folgt, auch an den Kräften des Wesens scheinbar orientiert.
"Paranormal Activity" lebt vom weniger ist mehr-Prinzip, bietet nicht pausenlos Spezialeffekte oder anderweitige Quantitäten, und letztendlich betrifft dies auch den Gruselfaktor. Wer sich nicht mehr in seine kindlichen Ängste vor Dunkelheit und Spuk hinein finden kann, der wird sich auch nicht gruseln können, arbeitet Peli doch mit simplen Methoden, wie er es im 90er Jahre Hexen-Horror dieser Art gelernt hat. Der Streifen ist für ein sensibles Publikum inszeniert, welches aufgrund vorhandener Ur-Ängste noch auf solche reagieren kann. Mancher Horror-Stammzuschauer benötigt harte Kost, aber selbst unter diesem Publikum gibt es Menschen, die zurückgeschraubt auf den elementarsten Grusel ängstlich auf solch stimmiges Treiben reagieren. Andere belächeln solche Filme, sie können diese authentische Furcht nicht nachvollziehen.
„Paranormal Activity“ ist ein stimmiger Grusler, der nicht nur mit tatsächlichen Ereignissen zu fürchten weiß. Oft ist es der Gedanke dessen was nun passieren könnte, bzw. dass nun etwas passieren könnte der Motor, der den Film funktionieren lässt. Mal passiert dann doch nichts, ein anderes Mal erwicht uns Peli, indem er doch einen Schocker präsentiert. „Paranormal Activity“ ist definitiv eine Empfehlung wert. Auf das Gruselniveau eines „Bis das Blut gefriert“ und „The Grudge – Der Fluch“ schafft er es locker und gehört somit zu den gruseligsten Filmen, auch bei der x-ten Neusichtung, die ich je sehen durfte. OFDb
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