Es war 1978 Regisseur George A. Romero, der sich als Spielort eines gesellschaftskritischen Horrorfilms ein Kaufhaus ausgesucht hat, weswegen sein „Dawn Of The Dead“ in Deutschland auch gleich den Alternativtitel „Zombies im Kaufhaus“ erhielt. Seit dem suchten neben lebender Toter allerhand anderer Gesellen des Genres besagte Location heim, manchmal als Verbeugung vor dem Original, manchmal der Gesellschaftskritik Romeros folgend und manchmal einfach so. Ob es nun Psychopathen waren („My Bloody Valentine“, „Blutweihe“), Roboter („Shopping“), oder Riesenspinnen („Arac Attack“), die Hochburg des Konsums stellte einen ungemeinen Reiz für Filmemacher und Publikum dar, und nun, viele Jahre nach etlichen Nachahmern im Fahrwasser von Spielbergs „Der weiße Hai“ kommen auch die Killerfische an diesem Ort an.
Ein Ort, an den sie eigentlich nicht gehören, was bislang auch immer ein Grund war die am meisten wiederverwendeten Viecher der Gattung Tier-Horror dort nicht wüten zu lassen. Aber schon seit einigen Jahren zeichnete sich auf dem DVD-Markt ein Wettbewerb verschiedenster Produktionsstudios ab den umkämpften Bereich des Hai-Horrors durch skurrile Ideen aufzupeppen. Begonnen hat zunächst alles mit naheliegenden Veränderungen wie dem Auftauchen einer längst ausgestorbenen Gattung („Megalodon“, "Jurassic Shark"), der Mutation aus Fisch und Mensch („Sharkman“) und dem Zusammentreffen zweier Gattungen („Mega Shark vs. Giant Octopus“).
In einer Zeit in welcher Killertomaten, Nazi-Zombies, Clowns aus dem All und allerlei andere Trash-Gestalten auf dem DVD-Markt mehr Beachtung geschenkt wurde als bislang, ergab sich in der Trash-Nische jedoch noch eine ganz andere Chance Haie auf den Zuschauer loszulassen. Kreuzungen von Gattungen wurden immer ausgeflippter („Sharktopus“), Mutationen immer reißerischer („2-Headed Shark Attack“) und die Orte an denen Haie wüten durften immer bekloppter („Sand Sharks“, „Shark Pool“, “Der weiße Hai in Venedig“). Nun war die Zeit reif sie auch im Kaufhaus wüten zu lassen, und hierfür griff man sogar auf eine größere Produktion zurück, was den Tier-Horror-Fan um so mehr freut, bekam der außer Ajas „Piranha“ und dessen Fortsetzung doch fast kaum noch was Professionelles vor die Nase gesetzt.
„Bait - Haie im Supermarkt“ macht sich die Idee einer Sturmflut von „Malibu Shark Attack“ zunutze, um ein riesiges Kaufhaus zur Falle einiger Überlebender zu machen, deren Wunsch das Tageslicht wiedersehen zu dürfen schon ohne Haie im Gepäck ein schwieriges Unterfangen wäre. Ohne sie müssten wir aber einzig einer Gruppe schlecht charakterisierter Menschen bei ihren ewigen Auseinandersetzungen und dramatischen Geschichten zuschauen und lauschen, und dies würde ungeheuer auf den Keks gehen. Das lässt sich so leicht beurteilen, da nach einer Hai-freudigen Einführung in den Film die erste halbe Stunde fast ausschließlich von diesen aufgezählten Elementen handelt, so dass man sich ein großes Loch in den Bauch freut, wenn die versprochenen Haie endlich loslegen dürfen.
Da gibt es auch positive Ausnahmen, wie die an den Rand gedrängte Geschichte um ein oberflächliches Pärchen, das unter Wasser im Auto eingesperrt ist und für allerhand Witz sorgt. Aber durch eine viel zu ernste Umsetzung darf der Rest eher nerven. Ganz schlimm ist das durch die Vorgeschichte in den Vordergrund gehievte Helden-Pärchen, welches sich aus einer unattraktiven auf attraktiv gepuschten Frau zusammensetzt und einem Softie, der völlig fehlbesetzt den harten Helden spielen darf. Er fällt von Beginn an als völlig fehl am Patz auf, wird zum Finale hin aber immerhin zu einem unfreiwillig komischen Pluspunkt, wenn er mit einem Gewehr in der Hand auch noch zu Little Rambo mutieren darf. Peinlich!
Auch die Musik ist dem Film nicht gerade positiv gesonnen, untermalt sie den Streifen doch derart übertrieben, dass man meinen könnte der Sound wäre für einen großen Epos komponiert worden. Da sich bereits das Buch viel zu ernst nimmt, haut ein solcher Soundtrack erst recht in die Vollen und beschert dem fertigen Streifen eine Ernsthaftigkeit, die überhaupt nicht zum Thema passt und unterstützt ihn, eben weil er zur Herangehensweise des Regisseurs passt, eher mäßig. Ein augenzwinkernder Sound hätte mehr gebracht, und wenn schon ernst, dann hätten die Melodien wenigstens unauffälliger wirken müssen. Aber das aufgesetzte Getue, das unsere Ohren in „Bait“ (Originaltitel) ertragen müssen, ist unausstehlich.
Wer Logik ausblenden kann, was allein das Grundszenario von Anfang an vom Zuschauer fordert, der kann trotz dieser Negativpunkte mit „Bait - Haie im Supermarkt“ eigentlich recht ordentlich unterhalten werden. Die Haie sind gut animiert und stimmig in Szene gesetzt, wenn auch nimmersatt wie im Horrorfilm üblich. Es gibt halbwegs blutige Szenen, die immerhin recht nett getrickst sind, und es gibt manch böse und manch lustige Einfälle, welche die 08-15-Geschichte ein wenig aufwerten, so z.B. der Schutzanzug eines Tauchers, zusammengebastelt aus Metall, quasi ein menschlicher Einkaufswagen oder RoboCop für Arme, bei dem man sich nicht nur auf das skurrile Äußere verließ, sondern auch noch für einen der schwärzesten Gags des Filmes sorgte, wenn unser Taucher in Schwierigkeiten gerät, auftauchen möchte um Luft zu schnappen, und sein Kopfkäfig nicht zulässt, dass er den kleinen Hauch Luft den der bis oben hin überflutete Raum noch gnädigst übrig ließ, mit dem Mund erreichen kann.
Das Beispiel um seinen kleinen Auftritt ist auch ein Gutes um die unfreiwillig komischen Idiotien des Streifens anzusprechen, war der Gesundheitszustand des Tauchers doch abhängig von einigen Mitgefangenen, welche für seine Atemschläuche zuständig waren. Von diesen losgelöst, um den Strom im Kaufhaus abschalten zu können, haben die Helfer nichts besseres zu tun, als die Schläuche zurück „an Land" zu ziehen, da der gute Mann ja ohnehin nicht mehr an ihnen hängt. Vorbei die Chance für unseren Taucher sich wieder anzuheften um an Luft zu gelangen. Na, danke dafür.
Aber der auf diese grässliche Art mal ausnahmsweise nicht durch Haie Verstorbene gehört ohnehin nicht zu der Art Überlebende, welche das gerne faschistisch angehauchte Weltbild des Horrorfilms zugelassen hätte. Verbrecher und Schwächlinge dürfen nicht überleben. Hässliche Menschen gibt es schon mal gar nicht, und wenn doch sind sie exotische Asiaten und nicht weiß. Frauen dürfen mit Männern nicht befreundet sein, da muss direkt Sex im Spiel sein, also Strafe! Und jegliches Klischee über Heldentum wie familiäre Tragik durch Aufopferung und die Weitergabe von Verantwortung vom Vater zum festen Freund dürfen auch nicht fehlen. Am Ende ist man überrascht so viele Überlebende vorzufinden, aber die gehören aller zur gutaussehenden Elite weißer Amerikaner.
Halt, falsch gedacht! Denn ätschebätsch, „Bait“ ist trotz all dieser Klischees, Fragwürdigkeiten und Plumpheiten gar kein US-amerikanischer Film. Er stammt aus Australien, womit nach Deutschland und Kanada nun ein weiteres Stück Erde beweisen konnte keine eigene Filmkultur mehr zu besitzen und sich lieber dem Muster des unsinnigen US-amerikanischen Marktes anzugleichen und anzubiedern. In solch albernen Produktionen wie dem hier besprochenen Film ist mir dies ehrlich gesagt auch scheiß egal, da sind die Amerikaner schon gute Vorreiter unsinnige Horrorgeschichten anspruchslos spaßig zu verpacken. Also was soll‘s. Ärgerlich wird es erst in Kinoproduktionen mit Chancen auf höheres Niveau.
„Bait“ macht Laune, und damit hat er sein Unterhaltungsziel erreicht, zumindest für das Stammpublikum dieser Art Film, das ohnehin wenig Ansprüche besitzt. Letztendlich kann man das selbe über den deutschen Titel „Bait - Haie im Kaufhaus“ sagen, was ich schon über „Nudist Colony Of The Dead“ äußerte: der Titel selektiert bereits aus. Wer mit dem Titel sympathisiert ist auch gleich im richtigen Film. Wer nicht, der wird zurecht bereits vom Titel vergrault. Ich gehöre freilich zur erstgenannten Gattung Filmfreund. OFDb
Ganz großartig! Als jemand, der im Bereich des Trash (und schon gar nicht der Sparte Hai-Film) nicht sonderlich bewandert hat, ein Text von hohem Informationsgehalt, der mir einen sehr amüsanten Einblick in die bizarre Welt B- und C-Movies ermöglichte. Hast du denn all die erwähnten Hai-Filme gesehen? Und falls ja, warum? ^^
AntwortenLöschenDie meisten habe ich tatsächlich gesehen. Nicht gesichtet habe ich bislang "2-Headed Shark Attack", die beiden "Piranha"-Filme von Ajas und den Kurzfilm "Shark Pool". Warum ich die anderen alle gesehen habe? Weil ich Spaß an Trash habe, an naiv charmantem genauso wie an stümperhaftem unfreiwillig komischen. Warum das so ist habe ich mich allerdings nie ernsthaft gefragt. Vielleicht auch besser so. Ich könnte jetzt sagen dass viele der Sichtungen auf das Konto meiner Hai-Horror-geilen Ex-Frau gingen, was auch stimmt. Aber früher oder später hätte ich diese Streifen auch ohne ihr Zutun geguckt. Also wäre das eher eine Ausrede. *g
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