Zur Zeit ist Tim Burtons Animationsfilm „Frankenweenie“ ein gut gekaufter und gern gesehener Film, was er bei seinem positiven Ergebnis auch zurecht ist. Basieren tut dieser Streifen jedoch auf ein Frühwerk des heutigen Meisters des Morbiden, und dieses war nach vielen Jahren Kurzfilmarbeit Burtons letzter, bevor er sich auf Langfilme konzentrierte. Im Kino und auf DVD konnte manch einer in Kombination mit „Nightmare Before Christmas“ einen Blick auf diese Fingerübung werfen, die mit 30 Minuten immerhin eine recht ordentliche Laufzeit für einen Kurzfilm beschert bekommen hat.
Dass „Frankenweenie“ 2012 ein Herzensprojekt war, sieht man mit Blick auf die 1984 gedrehte Erstverfilmung erst recht, übernahm Burton doch viele visuelle Einfälle des Originals, meist liebevolle Klischees aus Gruselfilmen und manch makaberen Gag. So kommt z.B. der Good Bye Kitty-Gag bereits im hier besprochenen Film vor, inklusive eines augenzwinkernden Hello Kitty-Posters an anderer Stelle des Streifens, wenn das Zimmer eines Görs aus der biederen Nachbarschaft gezeigt wird.
Bis hin zum Finale gibt „Frankenweenie“ „Frankenweenie“ die Ideen vor, und doch ist er völlig anders erzählt und eher eine Vorbereitung auf „Edward mit den Scherenhänden“, in dem es ebenfalls um ein liebevolles Monster geht, das in spießigen Kleinstadtaugen vom Biedertum gejagt und verfolgt wird. Was Burton dort perfektionierte, ist hier noch recht holprig umgesetzt. Schließlich musste er mit knappen Mitteln innerhalb seiner Möglichkeiten arbeiten. Dennoch kommt an was der gute Mann mitteilen möchte,
Leider ist „Frankenweenie“ so gar nicht geglückt. Während Burton scheinbar so gut wie freie Hand bei den Disney Studios zur Fertigstellung des Animationsfilmes genoss, darf man mit Sichten des Kurzfilmes erleben, was man sich ungefähr vorzustellen hat, wenn Burtons morbider, charmanter Stil auf die kunterbunte und biedere Kitschwelt Disneys stößt, jene Welt, die außerhalb des Animationsfilm-Sektors jegliche Kreativität verschlingt, Emotionen kitschgerecht ertränkt und nebenbei Erziehung am Zuschauer frönt, egal ob dieser nun jung oder alt ist.
Verglichen mit anderen Frühwerken von Burton ist vom eigentlichen Mut des Regisseurs und die Position sich für die Andersartigen einzusetzen nicht mehr viel übrig geblieben. Schaffte der Kurzfilm „Vincent“ z.B. die Gradwanderung zwischen brav und morbide (trotz Arbeitgeber Disney), eben weil er charmant verschroben daher kam, so biedert sich „Frankenweenie“ dem Kitsch-Stammpublikum Disneys zu sehr an, quasi genau jenes, das mit den Figuren der biederen Nachbarschaft kritisiert werden soll.
Dass eine solch widersprüchliche Rezeptur nur nach hinten losgehen kann ist offensichtlich, und das macht die Rückkehr des Zombie-Hundes 2012 um so angenehmer und legitimer. Die Disney Studios sahen dies seinerzeit anders. Denen war Burtons Hommage an „Frankenstein“ und „Frankensteins Braut“ für Kinder noch immer zu düster, so dass er seinerzeit nicht im Kino ausgestrahlt wurde. Der fertige Film kostete Burton gar seinen Arbeitsplatz bei besagtem Großkonzern.
Während der Kläffer im Original nicht wirklich zu wirken weiß, weder optisch als Zombie, noch mitfühlend als Hund, ist immerhin die menschliche Besetzung recht geglückt. Der kleine Junge in der Hauptrolle des Victor schlägt sich tapfer, so dass er ein Jahr später die Hauptrolle in „D.A.R.Y.L. - Der Außergewöhnliche“ spielen durfte. Shelley Duvall agiert nicht viel anders als in „Shining“, und Daniel Stern spielt anständig, lässt in der Rolle des braven Spießers aber noch nichts von seinem wahren Können aufblitzen, an dem man sich in „Wild Boys“, „Kevin - Allein zu Haus“ und „Very Bad Things“ später so wunderbar ergötzen konnte.
Auch mancher Gag weiß zu stimmen, ebenso wie manch optischer Einfall. Hin und wieder weht ein kurzer Hauch Burton, bevor die Disney-Handschrift wieder dominiert. Doch sind die positiven Momente des Streifens auch genau jene, die für die Neuverfilmung später wieder eingefangen wurden, so dass selbst die nicht zum Einschalten des Kurzfilmes verleiten. „Frankenweenie“ eignet sich einzig zum Vergleich mit „Frankenweenie“, eben weil hier wie dort Burton an Bord ist und die Disney Studios die Geldgeber waren. Es ist angenehm beobachten zu dürfen, wie sich das Machtverhältnis ändert, wenn man im Film-Business erst einmal was zu sagen hat. Zwischen beiden Filmen liegen Welten, und der jeweils völlig unterschiedlich ausgefallene Unterhaltungswert macht dies mehr als deutlich.
Cineasten können einen neugierigen Blick riskieren. Aber positiv unterhalten wird hier nur jenes Publikum, das selbst nach den 70er Jahren noch immer Spaß mit Spielfilmen aus dem Hause Disney hatte. „Frankenweenie“ ist bunt, bieder, kitschig und verklemmt, erklärt aber immerhin warum das unpassende Autobatterie-Wiederbelebungs-Szenario in der Neuverfilmung enthalten ist. Sie kommt bereits im Original vor. Hier passte sie auch rein, in die sympathische Monsterwelt des Stop Motion-Filmes jedoch nicht. Wohl das einzige, das Burton besser nicht übernommen hätte! OFDb
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen