15.09.2013

EMPIRE ME! - DER STAAT BIN ICH! (2011)

Ganz anders als sein mit Christoph Schlingensief zusammen umgesetzter, provokativer Dokumentarfilm „Ausländer raus! - Schlingensiefs Container“, in welchem man durch eine drastische Aktion gegen das Missachten von Menschenrechten aufmerksam machte, kommt Paul Poets zweiter Dokumentarfilm und dritte Regie-Arbeit daher. Ist die Gründung eines Mikrostaates schon fast als leise Rebellion zu verstehen, so will „Empire Me“ nicht provozieren, sondern zeigt uns still und mit Respekt vor den Mentalitäten in diesen Mikrostaaten den Alltag in diesen, nie darauf aus Kritik zu üben, sondern neutral Licht in das Dunkel der uns unbekannten Staatsformen zu bringen.

Ob auf dem Wasser oder an Land, mal bestehend aus einer handvoll Leute, mal mit über 1000 Einwohnern versehen, jedes in diesem Film aufgezeigte Land steht individuell für sich selbst. Den Wunsch nach Unabhängigkeit haben alle gemein, egal ob ausgelebt in einer Monarchie, einer Demokratie oder der Anarchie. Manche Mikrostaaten wurden der freien Liebe wegen gegründet, andere der Kunst wegen, andere leben ihre Esoterik ungehindert in ihrem Kleinststaat aus, andere benötigen keinen solcher Aufhänger sondern genießen schlichtweg die Freiheit eigene Gesetze zu erschaffen und Herr ihres eigenen Tuns zu sein.

Das ist alles sicherlich interessant anzuschauen, sein eigentliches Ziel über Mikrostaaten zu informieren hat der Film meiner Meinung nach jedoch nicht erreicht, zeigt er doch viel mehr alternative Lebensweisen auf, meist welche, die man auch in anderen Ländern als Subkultur vorfindet. „Empire Me“ möchte Respekt für solche alternativen Lebensweisen wecken, ein löblicher Schritt in einer Zeit in der Toleranz sich meist auf religiöse und große Kulturen bezieht, selten jedoch auf alternative Kulturen innerhalb der eigenen Gesellschaft. Diese Aufklärung hätte meiner Meinung nach also weniger mit Blick auf die uns unbekannten Mikrostaaten stattfinden sollen, sondern um wirklich aufzuwecken, zu informieren und die Toleranz in uns zu wecken Subkulturen in unserer eigenen Gesellschaft beleuchten sollen. Denn eins muss man Poet lassen: das hier Gezeigte verkommt nie zur Freak-Show über die man sich lustig machen will.

Mehr Sinn als der respektvolle Blick auf alternative Lebensweisen will sich mir nach Sichten von „Empire Me“ nicht erschließen. Wozu ausgerechnet der Blick auf Mikrostaaten, wenn nicht über deren Gründung gesprochen wird, Hintergründe, Problematiken und Regelungen intensiver beleuchtet werden und Aspekte ausgeblendet werden, wie die Frage wie man innerhalb eines solchen Mikrostaates aufwächst. Bekäme man zu Beginn eines jeden Kapitels nicht per Schriftzug mitgeteilt, welche Art Mikrostaat aktuell besucht wird, man könnte meinen man filmt lediglich Kommunen oder Clubgelände, in welchen sich Gleichgesinnte treffen. Es geht lediglich um die Lebensweise des jeweiligen Landes. Das tatsächliche Betrachten und Hinterfragen der Faszination Mikrostaat findet nicht bzw. kaum statt.

Das finde ich persönlich zwar schade, und somit bot „Empire Me“ nicht dass was ich mir eigentlich inhaltlich von diesem Stoff erhofft hatte, aber als Plädoyer für alternative Lebensweisen weiß er auch in diesem anderen Gewandt zu gefallen. Er konzentriert sich interessiert auf Nichtigkeiten, gibt Einblick in andere Denkweisen, entlarvt ab und an sogar das Selbstanlügen einiger Bewohner. „Empire Me“ ist also durchaus einen Blick wert, aber der Faszination Mikrostaat wird nicht wirklich nachgegangen. Das worauf sich Poet konzentriert hätte er auch innerhalb größerer Staaten locker entdecken können, um darüber zu berichten. Da Subkulturen innerhalb des eigenen Landes häufig nicht die Toleranz entgegengebracht wird wie größeren Kulturen, an welche die meisten Menschen denken wenn sie den Begriff Multikulturell hören, hätte der Film meiner Meinung nach mehr Wirkung entfaltet, wenn er für seine Betrachtung nicht erst Mikrostaaten aufgesucht hätte.

Freilich bin ich für den kurzen Blick auf Mikrostaaten, der nebenbei immer mal aufblitzt, trotzdem dankbar, ist es doch ein hochinteressantes Thema. Aber eben weil es das ist, fühle ich mich von Poet ein wenig verarscht. Nicht ohne Respekt für sein Werk zu hegen, immerhin bleibt sein Film selbst dann objektiv und neutral wenn (häufig) Musik eingespielt wird, eine Zutat die in vergleichbaren Filmen liebend gern dafür genutzt wird den Zuschauer zu manipulieren. Aber trotz seines lobenswerten Ergebnisses finde ich das Ziel einer Dokumentation über Mikrostaaten verfehlt. Schade, aber dank einer interessanten Umsetzung nicht wirklich schlimm.  OFDb

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