30.12.2019

LANDHAUS DER TOTEN SEELEN (1976)

"Landhaus der toten Seelen" besitzt einen recht guten Ruf bei Cineasten, und dies meiner Meinung nach zurecht. Dabei ist er als Horrorfilm um ein mysteriöses Haus (ich umgehe den Begriff Spukhaus bewusst) nicht wirklich gruselig ausgefallen. Diesbezüglich wissen Werke wie "Bis das Blut gefriert" und "Tanz der Totenköpfe" weit mehr Leistung zu vollbringen. Dan Curtis Beitrag muss diesen Bereich jedoch gar nicht erfüllen um zu gefallen, strahlt sein Szenario doch trotzdem eine immerfort anwesende Bedrohlichkeit aus, die man nicht so leicht gegriffen bekommt. Mit dem frühzeitigen Zeigen frisch aufgeblühter Blumen im Gewächshaus, die vorher vertrocknet und tot waren, bemerkt man bereits recht früh, worauf der Film hinaus will, zumindest kann man das Ziel der Geschichte erahnen. Dennoch schwebt immer eine Ungewissheit zwischen den Dingen, weiß man doch nie auf welche Art einen die nächste unangenehme Überraschung zu erwarten hat. Der Aufenthalt vor Ort steckt voller Mysterien, angefangen bei der seltsamen alten Dame im Obergeschoss, die zwar immer brav ihre Mahlzeiten auf isst, sich jedoch nie zeigt, geschweige denn sich auf eine Konversation einlässt.

Der Film selbst ist stilsicher, aber dennoch recht schlicht abgefilmt. Die wahren Pluspunkte finden sich zum einen in Kostüm und Maske, immerhin ist der optische Wandel einiger Personen von starker Bedeutung, zum anderen im Schauspieltalent der meisten Mitwirkenden. Während Karen Black in ihren verschiedenen Gemütszuständen lediglich skurril wirken muss, ein Umstand den ihr Gesicht bereits zur Hälfte ohne künstliches Spiel übernimmt, zeigt Oliver Reed als Familienvater in all seinen Facetten zu was er in der Lage ist, einen Charakter verkörpernd, der absichtlich zunächst langweilig und austauschbar vorgestellt wird. Allen voran glänzt freilich Bette Davis, die den Übergang einer alten Dame voll von frischem Tatendrang zur tattrigen Bettlegrigen genial zu verkörpern weiß. Wie immer empfiehlt sich gerade ihretwegen ein Blick im Originalton, zumal sie mehr Spielzeit beschert bekommen hat, als ich es im Vorfeld vermutet habe. Sie alle helfen dabei, aus einem schwierigen Plot, der aus einer Langsamkeit heraus seine Stärke gewinnt, einen sehenswerten, unheimlichen Film zu machen, der nie wirklich Spukfilm ist, nie wirklich gruselig wird, einen jedoch packend erzählt präsentiert wird, so dass man stets neugierig mit angenehm unguten Gefühl dran bleibt, selbst dann wenn man die Pointe bereits vorzeitig erahnt.

Auffällig ist an "Burnt Offerings" (Originaltitel) zudem der Umgang mit den Geschlechtern, schaut sich das Szenario nach anfänglicher Routinezuordnung im Umgang mit seinen Figuren doch verdreht zur üblichen Herangehensweise. Der Vater ist es, welcher der fixen Idee verfallen ist, dass mit dem Haus etwas nicht stimmt. Er ist derjenige, der sich in diese Idee hinein steigert, der irrational wird, unbedingt das Haus verlassen will und sich sorgt. Er ist derjenige, der sich um die kranke Tante kümmert und Missverständnisse aus dem Weg räumen will. Wohingegen sie, die Mutter, harte Töne anklingen lässt, emotionslos und egoistisch anmutet, alles als Spinnerei abtut und diejenige ist, die den Ton angibt und entscheidet. Etwas das eigentlich selbstverständlich sein sollte, wird in einem amerikanischen Werk zu einer positiven Überraschung, ist es in diesem Land zur Entstehungszeit des Filmes doch noch üblich gewesen die klassischen Rollenmuster, trotz modernem Zugeständnis in Sachen Emanzipation, beizubehalten. Somit ist "Landhaus der toten Seelen" auch in diesem Punkt sehenswert ausgefallen. Wer sich an diesen Horrorfilm heran wagt, sollte im Vorfeld wissen, dass ihm kein flott inszenierter, mit Spezialeffekten um sich werfender, Genre-Beitrag erwartet. Curtis lässt sich zum Entfalten der Geschichte alle Zeit der Welt und beherrscht damit ein Handwerk, welches im cineastischen Bereich des Mainstreams heutzutage verloren gegangen scheint.  OFDb

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