16.05.2020

CLEOPATRA (1970)

"Cleopatra" ist der Mittelteil einer Anime-Trilogie, die mit "A Thousand and One Nights" 1969 begann und 1973 mit "Belladonna" abgeschlossen wurde. Die Geschichten verlaufen unabhängig voneinander, das Spiel mit der Vielfalt vereinzelter Kunstrichtungen und Zeichenstile vereint die drei Filme, gemeinsam mit ihren Schöpfern. War der Abschluss ein recht ernstzunehmender Beitrag, kommt der zweite Teil mental ganz anders daher, verschreibt er sich doch stark dem komischen Aspekt seiner Geschichte und setzt dabei oft auf die Cartoon-Komik, die von den US-Amerikanern hauptsächlich geprägt und perfektioniert wurde. Das wird wunderbar in die völlig hanebüchene Alibi-Geschichte integriert und sorgt tatsächlich für allerhand Lacher. Gleichzeitig darf man einer beeindruckenden Kreativität beiwohnen, welche noch nicht die Konsequenz des Nachfolgers besitzt, aber dennoch bereits viele künstlerisch wertvolle Zeichenexperimente beinhaltet, die "Fantasia" dagegen blass aussehen lässt.

Wer ohne Vorahnung herein geschubst wird, würde dies niemals ahnen, beginnt "Cleopatra und die tollen Römer" (Alternativtitel) zunächst doch mit einem sehr trashigen Mix aus Zeichentrick und Realfilm, der für interessierte Cineasten nicht ohne Reiz ist, aber doch eine arg plumpe Nummer wäre, wenn der Film einzig diese Art der Animation anwenden würde. Angekommen in der Zeit Cleopatras geht das Wechselspiel der Zeichenstile dann auch gleich los, während zugleich Zeiten und Kulturen wild und kreativ zusammengewürfelt werden. "Astroboy" darf als Zugeständnis der Pop-Kultur ebenso auftauchen wie bizarre, auf Drogentrip anmutende, psychedelische Momente, Experimente mit Richtungen aus der klassischen Kunst und Spielereien mit den Kenntnissen, die wir über Cleopatras Zeit haben. Anspielungen auf den Zeitgeist der Entstehungszeit und seiner entsprechenden Moden und Errungenschaften werden witzig eingearbeitet und begehen nicht den Fehler manch später "Asterix"-Comis dies plump einzuarbeiten. In "Cleo und die tollen Römer" (Alternatitel) wird mal frivol, mal hintergründig, mal albern, mal ernstzunehmend, mal all zu menschlich, mal comichaft mit Figuren und Situationen umgegangen, innerhalb einer Geschichte, die episodenhaft anmutet, anstatt ernsthaft durchgehend zu wirken.

Umso schöner ist es, dass man als Schlusspointe dennoch eine Antwort auf die eingangs gestellte Frage erhält, sofern man sich nach so vielen Minuten Kunst und Irrsinn mit seinem verdrehten Kopf als Zuschauer überhaupt noch an diese erinnert. Dass man zur Beantwortung der Methode Cleopatras eine Person aus der Zukunft in den Körper eben dieser steckt, ergibt zwar so überhaupt keinen Sinn, aber das macht "Cleopatra - Queen of Sex" (Alternativtitel) abseits seines künstlerischen Aspekts ohnehin wenig, deswegen muss man da nicht so streng mit umgehen. Etwas weniger Laufzeit hätte "Kureopatora" (Originaltitel) allerdings doch ganz gut getan, wünscht man sich in der letzten halben Stunde dann doch langsam, dass endlich mal Schluss ist, zumal nun viel auf Wiederholung und Hinhalten gesetzt wird, bei weiterhin beeindruckender künstlerischer Vielfältigkeit. Im Gegensatz zu "Belladonna" ist der hier besprochene Anime zwar Bewegungs-technisch noch klassisch animiert, anstatt in Standbildern gehalten, lässt sich für manch einen also einfacher gucken als dieser, er beschert ihm aber auch nicht die Reife und Größe seines Nachfolgers. Interessant und lange Zeit kurzweilig ist der mit viel Energie, Sorgfalt und Überlegungen umgesetzte "Cleopatra" definitiv, er beeindruckt jedoch nicht so nachhaltig und sich als Gesamt-Kunstwerk anfühlend wie seine semi-populäre Fortsetzung.  OFDb

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