20.04.2021

DER HEXENCLUB (2020)

Auch wenn der deutsche Titel erneut den des Originals "Der Hexenclub" trägt, so ist die spät nachgereichte Blumhouse-Version des Stoffes trotzdem keineswegs eine Neuverfilmung, wie überall nachzulesen ist, sondern stattdessen eine Fortsetzung des Teenie-Horrors aus dem Jahr 1996. Dass er dies inhaltlich sogar sehr direkt ist, erfährt und begreift man erst in der letzten Sequenz, aber zumindest versteht man so hinterher auch, warum das erste Drittel, welches tatsächlich eine Art Remake darstellt, so gehetzt erzählt ist und sich für das was dort geschieht nicht die komplette Lauflänge Zeit nimmt. Aufgrund der dort angegangenen Überhastung erleben wir im Gegensatz zu Teil 1 kein glaubwürdiges Szenario. Die Entwicklungen untereinander sind nicht nachvollziehbar, geschehen zu sprunghaft und ergeben keinen Sinn in Bezug auf Ursache und Wirkung. Jedoch fällt bereits in dieser katastrophalen Phase auf, dass nicht nur der zu enge Zeitrahmen dem Autor Schwierigkeiten beschert und ihn an einem glaubwürdigem Script  hindert, bereits die Figurenzeichnungen ergeben psychologisch keinen Sinn und stehen damit im Widerspruch zur empathisch nahen Begegnung der Figuren des Erstlings. Nicht nur dass die drei mit der Hauptfigur befreundeten Hexen weit weniger im Fokus stehen, als dies in den 90er Jahren noch der Fall war, mit ihrer nervigen Ghetto-Rapper-Art werden nicht einmal Charaktere präsentiert, denen man zutraut sich für Magie zu interessieren. Zudem fällt auf, dass man heutzutage scheinbar Gender-verwandte Thematiken krampfhaft in einen US-Teenie-Stoff integrieren muss, denn natürlich mit dem Rest einhergehend tun die viel zu häufigen Aspekte dieser Art nicht. 

Geht es über die von mir bisher ins Visier genommene Vorphase hinaus, so dass nun die Hauptgeschichte mit einem bösartigen Gegenspieler beginnen kann, sammeln sich leider weitere Negativpunkte inmitten der bereits erwähnten. Und wie die Sachlage der ersten Filmhälfte bereits vermuten lässt, gewinnt der Autor im Laufe der Zeit nicht urplötzlich an psychologischer Raffinesse hinzu. Alles Präsentierte bleibt weiterhin haltlos und sinnlos aus dem Hut gezaubert, und inmitten dieser entscheidenden Schwäche fallen Faktoren, wie z.B. der Mangel in Frage kommender Personen, welche der Heldin Böses wollen, umso unangenehmer auf. Die Beweggründe des Gegenspielers werden zudem nur kurz gestreift und kaum gegriffen. Aus einer reizvollen Idee wird aufgrund einer Rahmeninformationen vorenthaltenden Ignoranz ein löchriger Plot, welcher die interessantesten Aspekte seiner Geschichte opfert, um eine flotte Umsetzung zu gewährleisten und die Geschichte holprig erzählt zu einem nicht nachvollziehbaren Happy End zu führen. Damit nervt der Film nicht nur mit seiner hektischen, verständnislosen und unsensiblen Art, er erkennt auch die interessanten Aspekte seiner eigenen Geschichte nicht. Wie viel Hexenkräfte hat der Stiefvater schon ergattert? Wie kam er auf diese Idee und was ist seine Motivation? Welchen Zweck verfolgt er? Wie spürt er Hexen auf? Selbst sein vor Potential nur so strotzendes Sekten-ähnliches Umfeld wird nicht genutzt, um darauf zumindest angedeutete Antworten zu geben. Und emotionale Möglichkeiten, wie die Scham einen schwulen Sohn zu haben, oder dessen Perspektive einzunehmen, um seine Angst aufzuzeigen der Vater könne auf seine versteckte Leidenschaft bzw. auf seinen Fehltritt stoßen, werden gar nicht erst vom Autor erkannt, so dass auch hier die Geschichte keine Chance erhält per Charaktervertiefung an Substanz zu gewinnen. 

Der flotte und theatralisch eingefangene, gefühlsschwangere und unsensible Film erlaubt es sich zu keinem Zeitpunkt der Erzählung, zum Gewinn eines inhaltlichen Mehrwertes, das flotte Tempo zu drosseln, oder gar anzuhalten. Entweder will das mit schlichten Gemütern gesegnete Zielpublikum derartiges heutzutage nicht mehr sehen, bzw. bemerkt ein Fehlen derartiger Aspekte nicht mehr, oder die Produzenten unterschätzen ihr Klientel. Aber selbst wenn die Teens von heute derartig löchrige Hohlbrot-Plots konsumieren wollen würden, fehlt ihnen im hier besprochenen Werk trotzdem noch die Möglichkeit zur Identifizierung mit den Gleichaltrigen, deren Gefühlswelt vom Autor des Originals noch so wunderbar treffsicher eingefangen wurde. Im zweiten Teil bevölkern hohle Schablonen die Welt der Jugendlichen, ein empathischer Blick auf ihre Lebens- und Gefühlswelt jenseits abgeguckter Klischees findet gar nicht erst statt. In "The Craft - Legacy" (der Originaltitel, der im Gegensatz zum deutschen Titel eine Fortführung der Ur-Geschichte andeutet, anstatt eine Neuverfilmung vorzugaukeln) bekommt man trauriger Weise nicht einmal den Reiz vermittelt, welcher einem die Macht der Zauberei verleihen kann, womit einer der ganz wichtigen inhaltlichen, wie emotionalen Grundpfeiler der Geschichte fehlt.  OFDb

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