Die junge Opernsängerin Betty wird von einem Wahnsinnigen verfolgt, der sie zwingt bei seinen Morden zuzusehen...
Raben sind die besseren Ermittler...
Der geglückte „Phenomena“ hat Dario Argento wohl nicht ganz losgelassen, denn ein wenig schimmert er in „Terror in der Oper“ durch. Hardrockmusik zur Untermalung der Horror-Szenen, Tiere, die zum Täter führen und eine junge Heldin sind Parallelen zu dem zwei Jahre zuvor erschienenden Film, wobei letzter Punkt ohnehin Argentos allgemeines Markenzeichen ist. Und wenn man Betty vergleichen will, so erinnert sie doch charakterlich und entfernt beruflich eher an Suzy aus „Suspiria“, gespielt von Jessica Harper, die man sich bei Christina Marsillachs durchschnittlichen Spiel in die Rolle der Betty wünscht.
Ich sehe in Argento immer sowohl den Künstler, als auch den Geschichtenerzähler. Bei „Terror in der Oper“ war dies erstmals anders. Ich vermisste den Geschichtenerzähler, der es sonst immer schaffte dünnen Geschichten Fülle zu verleihen, und dies nicht nur durch künstlerische Professionalität und Experimente. Der Künstler ist zu erkennen. Wer könnte sie übersehen diese langen Kamerafahrten, von denen eine auf beeindruckende Weise Gegenstände an den Zuschauer vorbeigleiten lässt? Andere Fahrten schweben regelrecht, schön auch das saubere Herabgleiten beim Abstieg einer Wendeltreppe. Wer merkt nicht wie häufig Argento die Kamera nicht als unsichtbarer Beobachter nutzt, sondern als Ich-Perspektive eine der handelnden Personen? Auch die geglückten Tieraufnahmen mit interessanten Großaufnahmen auf ihre Augen und interessante Gimmicks, wie das pulsierende Gehirn und die bizarre Augenfalle sind nicht von schlechten Eltern.
Inszenatorisch gibt es vereinzelt gute Szenen, teilweise richtig spannende, wie die verwirrende Situation zu Hause bei Betty, wenn ein Polizist zu ihrem Schutz in ihrer Nähe ist. Aber solche Szenen sind Mangelware. Im Gesamten verpasst es Argento den Zuschauer an die Hand zu nehmen und ihn durch eine nachvollziehbare Geschichte zu geleiten. Was nutzen all die tollen Bilder und die wunderbaren Momente der Opernmusik, wenn der Film an sich brüchig wirkt?
Konfuse Verhaltensweisen werfen einen des öfteren aus der Geschichte raus. Personen reagieren nicht, wie es zur Figur passen würde, begehen Handlungen, die nicht zur vorangegangenen Situation passen. Und sie stören dabei nicht wie in anderen Filmen, weil sie damit dumm wirken, sondern vielmehr weil damit alles unrealistisch scheint, ja geradezu grotesk. Und das mag von Argento gewollt sein, doch schließt er einen damit aus, so dass man dem Treiben verwirrter Menschen zusehen darf. Da wird fast aneinander vorbeigeredet, und wo Missverständnisse aufgrund mangelnder Aufklärung Dritter entstehen müssten, entsteht stattdessen Verständnis und Hilfsbereitschaft. Oftmals machen unlogisch scheinende Handlungsweisen und Äußerungen im Nachhinein Sinn, doch zuvor wurde damit eine Glaubwürdigkeit zerstört, die dem Erzählfluss enorm schadet.
Etwas infantile Spinnereien, die man in Argentos geglückten Werken verziehen hat, können ihre kindische Ader nun nicht mehr verstecken. Inmitten dieser erzähltechnischen Schwächen wirkt die plötzlich eingespielte Hardrockmusik zur Untermalung der Mordszenen peinlich. Die Gewaltexzessen, für die Argento schließlich auch bekannt ist, wirken unnötig, kein bisschen mehr provokativ oder schockend, sondern unpassend und unreif. Szenen für ein Publikum, das ich eher im Kannibalen-Subgenre sehe, als in einem Argento-Film.
Auch Argentos wichtigster Begleiter, die Hintergrundmusik, weiß seine Arbeit diesmal nicht förderlich zu unterstützen wie sonst meist. Vielleicht hätte er wieder zu Goblin greifen sollen, aber der eigentliche Hintergrundsound (Opernmusik wird nur szenendirekt gespielt und Hardrock kommt nur in den Mordszenen auf) ist gewöhnlich, hat keine individuelle Note und weiß auch keinen Spannungsmoment zu unterstützen.
Eine misslungene Mörderauflösung macht den Kohl nicht mehr fett, wäre jedoch erträglicher gewesen, wenn man vom Täter ohne Maske relativ wenig gesehen hätte. Aber einer Auflösung wird eine weitere Szene angehangen, wird ein erweiterter Schluss angehangen. Wenn dann wirklich mal Ende ist, auf besonders enttäuschende und schlecht inszenierte Art, ist jegliche Mystik weg, von dem bisschen, die der Streifen sich hart erarbeitet hat. Argento strampelt sich einen ab mit einer lobenswerten Inszenierung im künstlerischen Bereich, die das völlige Ignorieren, die eigentliche Erzählung ebenso gut zu inszenieren, nicht auffangen kann. So bleiben große Momente in einem sehr dünnen Film, und das so kurz nach dem atmosphärisch dichten „Phenomena“, der mit ähnlichen Negativpunkten zu kämpfen hatte, durch den Geschichtenerzähler Argento jedoch gerettet wurde, den ich in „Terror in der Oper“ vermisst habe. OFDb
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