24.10.2013

STRAYS - BLUTIGE KRALLEN (1991)

Katzen tauchen immer wieder in Horrorfilmen auf. Meist kommen sie aus Schränken und Nebenzimmern gesprungen, nur seltenst sind die Zuschauer dabei erschreckt, so sehr Klischee ist ein solches Szenario bereits. Wirklich bösartig sind Katzen im Horror-Genre jedoch eigentlich nur selten, und wenn sind sie ein Element unter vielen, so wie es beispielsweise in "Friedhof der Kuscheltiere" der Fall war. Im Zuge der Tier-Horrorwelle der 70er Jahre und den damit zwangsläufig auch auftauchenden Hunde-Horrorfilmen wie „Killerhunde“, später in den 80er Jahren aber auch u.a. „Cujo“ und „Bloodline“, verwundert es schon ein wenig dass Katzen derartig vernachlässigt wurden.

Vielleicht liegt es an dem Erfolg des Episodenfilmes „Geschichten aus der Schattenwelt“, in dessen zweiter Geschichte eine unheimliche Katze ihr Unwesen treibt, dass ein Jahr später „Strays“ auf der Bildfläche erschien. Vielleicht ist dies aber auch nur wieder mal ein Beispiel für das Phänomen, dass gleiche Ideen gerne zeitnah unabhängig voneinander parallel erscheinen. Wie auch immer, „Strays" gehört nicht gerade zu den viel beachteten Beiträgen der Gattung Tier-Horror, und gäbe es nicht das Fernsehen, welches den Film hin und wieder auf die Menschheit loslässt, der kleine TV-Film wäre sonst nur als VHS-Veröffentlichung zu ergattern. Mit einer DVD-Veröffentlichung braucht man eher nicht zu rechnen.

Schade eigentlich, denn dieser kleine Katzenfilm ist sympathische Routine, der freudige Zwischendurchverzehr, die kleine Horrormahlzeit für zwischendurch, der zugegebener Maßen auf dem ersten Blick lediglich den typischen Spuren eines solchen Filmes folgt. Nur der geschulte Beobachter erkennt hier ähnlich wie in "They Nest" die kleinen Unterschiede zu vergleichbaren Werken, wie es sie zu Dutzenden in den Videoregalen zu finden gibt. Aber zunächst mal alles der Reihe nach.

„Strays“ handelt zwar von einem Rudel Katzen welches bösartig ist, bis auf eine Chefkatze streunen sie aber nur herum, haben keine gruseligen Auftritte, geschweige denn gruselige Wirkung, vielleicht etwas vergleichbar mit Ben, im nach ihm benannten Ratten-Horror. Die besagte Hauptkatze ist alles andere als unscheinbar, so wie der Rest. Sie ist optisch gut zurecht gemacht. Zerrupft und groß, sie ist ein richtig widerlicher Streuner und alles andere als sympathisch. Sie wird nicht gerade oft eingesetzt, aber auch nicht selten. Genau richtig dosiert treffen wir auf sie in den richtigen Momenten. Die Geschichte lässt sich ohnehin viel Zeit, um zunächst mit den Charakteren und der Situation in die sie langsam hineinmanövriert werden warm zu werden.

Wir lernen schrullige und individuelle Menschen kennen, die durch ihre kleinen Eigenarten eben nicht den Klischeefiguren vergleichbarer Produktionen entsprechen, gerade in Billigproduktionen der 90er Jahre. Zwar sind sie besetzt wie in jedem 08-15-Horror, sprich die Darsteller spielen weder zu gut noch zu schlecht, aber die Rollen die sie verkörpern dürfen bekommen durch das Drehbuch ihre Ecken und Kanten, das reicht bereits um positiv zu wirken, immerhin halten viele andere Drehbuchautoren dies bei vergleichbaren Projekten gar nicht erst für nötig.

Eine nebenbei eingebrachte unliebsame Schwester, die für den Part eines eher bösen Menschen steht, wird nicht zu extrem bösartig charakterisiert, zumal um sie ohnehin weniger Wind gemacht wird im Vergleich zu Konkurrenzprodukten, die den Bösewicht geradezu zelebrieren, damit der Zuschauer irgendwann emotional freudig aufschreit, wenn der Fiesling zum Opfer wird. Klar, auch sie wird umgebracht, ganz klar nach Genre-Pflicht, allerdings ohne dass sie erst die übliche "sie war ja auch böse"-Masche durchleben muss. Ein Hauch hat zu reichen. Ihre angedeutete Zweifelhaftigkeit ist nur dem Bröckeln der Beziehung der beiden Hauptdarsteller zu nutze, rein des Klischees wegen wäre sie nie eingebaut worden.

Weitere Nebenpersonen sind ein eher unwichtiger Telefonmann und ein unter routinierten Schauspielern eher positiv auffallender Tierarzt. So ruppig und überheblich er auch mit den beiden Hauptrollen umgeht, so nett wirkt er gleichzeitig auch wieder. Und Wunder oh Wunder, er wird nicht zum Opfer der Katzen. Dabei gibt es im fertigen Film recht wenige Mitwirkende vor der Kamera, da erfreut es, dass nicht jeder gleich zu Katzenfutter wurde. In anderen Filmen wird das in der Regel anders gehandhabt, womit jeder Überraschungsmoment flöten geht.

Negativ fällt leider das Töchterchen der Jarrets auf, welches gleich von zwei Mädchen gespielt wurde. Sie wirkt wie die Art Kind das man selbst nie haben will. Die Mutter liebt es natürlich dennoch heiß und innig, und das ist gut so. Die Verantwortlichen setzten dieses dröge Kind somit nicht absichtlich ein um das Klischees des ungewollten Kindes zu bedienen. Stattdessen erleben wir eine mögliche Realität. Es bringt nun einmal nicht jedes Liebespaar Vorzeigekinder zur Welt. Solche Kinder sind alltäglich, etwas spätentwickelt wirkt sie durch ihre Größe auch noch. Theoretisch gesehen also schön dass kein Little Darling verwendet wurde, nur leider können die beiden Mädels nicht wirklich spielen, weswegen es nicht verwundert, dass sie nie wieder für andere Filme oder für eine TV-Serie eingesetzt wurden.

Wichtig ist die Rolle der Tochter aber ohnehin nur für die Dramatik der Mutter, die zum Finale hin eine von "Cujo" stark abgeguckte Situation durchlebt. Bei aller Liebe zum Film ist der Vergleich sehr aufdringlich, auch wenn die in „Strays" erlebte Situation nicht wie im Vergleichsfilm im Auto stattfindet.

Der Horror von „Strays“ ist zurückhaltender Natur. Die erste Katzenattacke in der Einleitungsszene ist nicht nur unspektakulär umgesetzt, sie wirkt auch ziemlich unnötig, die typische Pflicht eines Filmes der glaubt, den Zuschauer direkt von Beginn an mit Horror beglücken zu müssen. Das wirkt hier zwar nicht so aufgesetzt und unzugehörend wie in der Eingangssequenz von "Wrong Turn", ist aber ganz klar der Schwachpunkt des hier besprochenen Streifens.

In der langen Einführung tauchen die Katzen nur selten auf. Sie sollen den Zuschauer daran erinnern, dass man hier nicht in einem Familien-Drama sitzt, sondern sich  einen Katzen-Horror ansieht. Oft wird aus Katzensicht gefilmt, das wirkt auch immer sehr echt, und nach einiger Zeit gibt es auch mal Opfer der gefährlichen Vierbeiner. Zu aller Überraschung ist der Hund der Familie zwar wie geradezu typisch die erste Figur die attackiert wird, aber er überlebt, wenn auch schwer verwundet, und darf bis zum Ende des Films am Leben bleiben. Diese Ausnahme nutzt das Drehbuch, um den Tierarzt einzubauen, der dem Hauptdarsteller, und somit auch dem Zuschauer, die nötigen Infos über streunende Katzen gibt. Glaubwürdig klang das alles nicht was er da faselt, aber spätestens seit "Anaconda" habe ich es aufgegeben in einem Tierhorror auf Authentizität im Tierverhalten zu hoffen. In einem so banalen Film wie "Strays" ist das auch nicht wirklich wichtig, also Schwamm drüber.

Das zweite Opfer darf diesmal auch sterben, wird dank nett eingefädelter Umstände aber erst im Finalteil des Filmes entdeckt, ein weiterer Beweis dafür dass es den Verantwortlichen nicht um ein reißerisches Produkt ging. Von einem Spannungsbogen kann man bis zu diesem Zeitpunkt zwar nicht sprechen, aber man kommt nicht umhin zu sagen, dass es Spaß macht dem schlichten, vielleicht etwas konservativem Treiben zu folgen. Da es zudem nie unfreiwillig komisch wird, was keine Selbstverständlichkeit ist wenn man ein klassisches Haustier zum Buhmann macht (wer „Rabbits“ kennt wird wissen was ich meine), ist da auch nichts was diesen wunderbaren Zustand des schlicht aber sympathischen Unterhaltenwerdens kaputt macht.

Zugegeben, es gibt ein paar wenige Angriffe, in denen Menschen mit Stoffkatzen kämpfen, aber die sind so kurz, dass man zwar darüber schmunzeln kann, sie dem Film aber nicht die angenehme Grundatmosphäre rauben. Wo ein trashiger "Hobgoblins" noch ewig drauf hielt, da waren unsere "Strays"-Macher dann doch wenigstens in diesem Punkt etwas cleverer.

Die finalen 20 bis 25 Minuten werden noch recht spannend, nicht übermäßig und nie ins gruselige überschwappend, aber spannend genug um die Atmosphäre ein wenig knistern zu lassen. Die Katzen sind in ihrer penetranten Art nicht ohne, die Mutter herrlich verzweifelt und das Kind wie gehabt debil nervend. Das Klischee des zur Rettung eilenden Mannes darf trotz sonst gelungener Charakterzeichnung leider nicht fehlen, im Gegenzug darf die Familie in der Schluss-Szene beim Auszug aber zumindest darüber nachdenken, ob man doch nicht hier wohnen bleiben wolle. Ein kleiner Unterschied zur Konkurrenz, aber immerhin ein Unterschied, der das Festgefahrene vergleichbarer Produkte unterwandert.

„Strays“ ist sicher nichts für Freunde der bluttriefenden Horrorbeiträge, das verrät bereits die FSK 16, die zu VHS-Zeiten noch deutlicher Werke von der FSK 18 trennte als heutzutage. Wir erleben hier weder blutige Morde noch sonderlich viele Opfer. Letzten Endes gibt es sogar nur zwei Tote in der Hauptstory zu vermelden und einen Toten in der Eingangssequenz. Aber zu dieser Gattung Film-Fan zähle ich mich ohnehin nicht, auch wenn ich dem Lebenssaft in diesem Genre nicht abgeneigt bin. Charakterzeichnung, stimmige Psychologie und eine kleine Dosis Drama waren mir schon immer wichtiger als der große Holzhammer-Effekt, und dementsprechend nett fand ich dieses kleine TV-Werk erzählt. Ein Meilenstein ist "Strays" keinesfalls. Aber für einen geglückten Videoabend mit kleinen Ansprüchen ist er der richtige Film.  OFDb

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