16.02.2015

DER DUMMSCHWÄTZER (1997)

Ich liebe Jim Carrey. Er ist einer meiner liebsten Schauspieler, vielleicht sogar der liebste schlechthin. Er ist der einzige Star von dem ich mir tatsächlich jeden Film ansehe, auch jene die eher untypisch für mich sind. Ich mag es wenn er sich in schwierige Rollen hineinversetzt, und ich mag es ebenso wenn er seine umstrittenen Grimassen schneidet. In „Der Dummschwätzer“, einem Film den ich früher sehr gemocht habe, haben mich diese Grimassen bei meiner kürzlichen Neusichtung erstmals richtig gestört.

Da sprechen wir nun nicht von jenen Szenen, die genau auf diese Grimassen setzen. Die sind oftmals umwerfend komisch, z.B. wenn Fletch eine konkurrierende Anwaltskollegin in einem Gerichtssaal nicht anlügen kann, und er seine Antwort auf eine ihrer Fragen gegen den Fluch erkämpfen will und dabei so vulgär und abartig wirkt, dass die Kollegin es für eine beleidigende, kindische Art Fletchs hält auf ihre Frage zu reagieren. Dass Carrey in solchen Momenten improvisieren durfte wie er wollte, beweisen lustige Pannen im Abspann.

Nervig wirkt Carreys Visage immer dann, wenn „Der Dummschwätzer“ emotional wird und man dem eigentlich hochbegabten Schauspieler seine Mimik nicht abkauft, da er in solchen Momenten weiterhin auf Überagieren setzt anstatt auf stille Mimiken. Die Szenen sind ohnehin schon nervig inszeniert, da sie kitschig anstatt ehrlich emotional erzählt sind. Carreys Spiel macht sie jedoch unerträglich. Und je mehr sich Fletch vom Lügner zum guten Vater mausert, der Gefallen an der Ehrlichkeit findet, desto öfter erlebt man solche Szenen, so dass der Film zum Ende hin wahrlich an den Nerven zerrt.

Dass ich mir „Liar Liar“ (Originaltitel) trotzdem auch in Zukunft weiterhin ansehen werde, liegt an der wirklich herrlichen Ideenvielfalt die man aus der Grundidee nicht mehr lügen zu können herausgeholt hat. Ob es die Kommunikation mit einem Richter ist warum und ob man die Verhandlung abbrechen wolle, oder die Antworten während einer Befragung durch einen Polizeibeamten, oder der Kampf gegen den Fluch auf schriftliche Art oder ob es das Frage und Antwort-Spiel mit Fletchers Sekretärin ist, nachdem diese vom Fluch erfahren hat, „Der Dummschwätzer“ ist in solchen Momenten urkomisch und auch in jenen, in denen Fletcher verzweifelt versucht Lügenmomenten aus dem Weg zu gehen. Hier ist auch Carreys Spiel auf einem Hoch, verkommt er doch, wie in den 90er Jahren typisch, zur zu Fleisch gewordenen Comicfigur.

Trotz solch großartiger Momente wünscht man sich Komiker-Kollegen wie Steve Martin in der Rolle Fletchs besetzt, welche den Charakter mit mehr Würde ausgefüllt hätten und trotzdem als Profis ihres Fachs den Zuschauer zum lachen gebracht hätten. Zumindest konnte es Jim Carrey viele Jahre später im humoristisch ähnlich angelegten „Der Ja-Sager“ wieder gut machen, wo er sowohl die komödiantischen als auch die herzlichen Momente meisterte und einen rundum gelungenen Film ablieferte. „Der Dummschwätzer“ hingegen guckt sich arg holprig und wird für Menschen die Carreys Komik nicht mögen wohl zur größten Bewährungsproben all seiner Filme.

Aber auch der Fan des Hauptdarstellers wird nicht so viel Freude wie eigentlich möglich mit dieser Geschichte haben, und das darf bezogen auf die Entstehungszeit schon ein wenig wundern, bedeutete „Der Dummschwätzer“ doch die erneute Zusammenarbeit Carreys mit Regisseur Tom Shadyac, der für den herrlich albernen „Ace Ventura“ verantwortlich war, jene Komödie mit der Carrey zum Star wurde. Auch ihre dritte Zusammenarbeit „Bruce Allmächtig“ aus dem Jahr 2003 fiel ähnlich mager aus. Wahrscheinlich stimmte in der Komödie um den Tierdetektiv einfach die Chemie der Geschichte und weniger die zwischen Regisseur und Hauptdarsteller.

Das kann uns aber auch egal sein, denn abgesehen von den bisher genannten Filmen war es nur noch „Cable Guy“ der nicht wirklich zu gefallen wusste, ansonsten hatte Jim Carrey immer einen Riecher für gute oder zumindest unterhaltsame Filmprojekte und lernte im Laufe seiner Karriere, dass er das Grimassenspiel in emotionalen Momenten auslassen darf um als Schauspieler ernst genommen zu werden. In „Der Dummschwätzer“ war es einfach zu viel des Guten. Manchmal darf man dem Publikum nicht geben was es fordert. Das erkennt man spätestens heute am katastrophalen Zustand von Kinogroßproduktionen und dem TV-Programm der Privaten.  OFDb

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