„Mein großer Freund Shane“ ist die Art klassischer Western, wie sie klassischer wohl nicht mehr ausfallen könnte. Arbeiter gegen Reiche, Saloon-Steitigkeiten inklusive Schlägerei inklusive durch ein Gelände nach unten krachender Erschossener, ein einsamer Held, ein gnadenloser Schütze, das Spiel der Mundharmonika und im Zentrum der Wunsch nach Harmonie, erzählt aus einer recht naiven aber liebenswerten Perspektive. Der Film besitzt alles was ein Western vor der Modernisierung durch die italienischen Vertreter der harten Welle brauchte.
Interessanter Weise wird Ryker, der Gegner der Helden, keineswegs urböse gezeichnet. Er ist bereit zu Gesprächen und Kompromissen, selbst seine Argumentation ist nicht von schlechten Eltern und bringt ungewohntes Licht ins Dunkel des Streits, denn letztendlich ist der Fall grenzwertig zu nennen wer sich nun auf dem Land aufhalten darf und wer nicht. Freilich nimmt der Zuschauer die Perspektive der Starretts ein, so wie Shane, und Rykers grobe Art bestärkt den Zuschauer in seiner Position. Aber ob die Farmer im Recht sind steht auf einem ganz anderen Blatt Papier, eines das nicht zum Drehbuch gehört, wird die Ausgewogenheit des Konflikts doch komplett ignoriert. Ryker ist der Böse! Fertig!
Das ist auch gar nicht schlimm, ist der Grundton des Streifens doch menschlicher Natur, und die geht nicht nach Logik sondern nach Sympathie. Und das betont Regisseur George Stevens in den Schwerpunkten der Erzählung sehr deutlich, allein schon durch die starke Positionierung des Starrett-Jungen, der auch nicht unbeteiligt am Finale ist, das manch einem vielleicht etwas zu schlicht ausgefallen sein mag, allein schon aufgrund des Wirbels der um den Revolverhelden Wilson gemacht wird.
Aber da ist „Shane“ (Originaltitel) einfach konsequent zu nennen, geht es doch nicht wirklich um die finale Konfrontation, wie es beispielsweise in „12 Uhr mittags“ der Fall war. „Mein großer Freund Shane“ zählt als Gesamtes. Die Feier ist ebenso wichtig wie es das Schluss-Szenario ist. Die Geschichte zählt als Ganzes, in all ihren Phasen, und das Finale zieht lediglich einen längst fälligen Schlussstrich, der kein Geheimnis aus seiner gesetzlichen Fragwürdigkeit macht. Sonst müsste Shane schließlich nicht in die Fremde weiterziehen. Er kann seinem Schicksal als einsamer Held nicht entkommen, und liefert damit die perfekte Vorlage für spätere Parodien in Form von „Lucky Luke“ oder Terence Hills Rolle in „Mein Name ist Nobody“.
Dank einer stimmig eingefangenen Atmosphäre, dem guten Herausarbeiten der Charaktere und einer Schauspielergemeinschaft, die ihr Handwerk überzeugend beherrscht, weiß „Mein großer Freund Shane“ in seiner naiven Art nicht nur trotzdem zu überzeugen, sondern genau aufgrund seines simplen Blicks auf die Dinge. Er ist ein Feel Good-Western, bei dem es nicht interessiert, dass Shane eigentlich einen starrsinnigen Idealisten unterstützt, der trotz all seiner ehrlich gemeinten Liebesbeteuerungen der Familie gegenüber für seine Sache Frau und Kind im Stich lassen würde.
Ähnlich wie bei „Braveheart“ wird ein Mann mit einer recht fragwürdigen Haltung ohne großes Hinterfragen zum Guten erwählt, und dass dies beim menschlich nahen und dramatisch orientierten „Mein großer Freund Shane“ besser funktioniert als beim fragwürdig ausgefallenen Vergleichsfilm, liegt sicher in der Extreme Mel Gibsons, dessen Figur geradezu wahnsinnig gezeichnet war, wohingegen Starrett lediglich seine Männlichkeit beweisen muss - typisch Westernfilm eben!
Seine Haltung gehört zum festen Rezept des klassischen Westerns. Das ist sicherlich Klischee, wie so vieles was der Film beinhaltet, aber es gehört zu einem gut funktionierenden Genre-Beitrag nun einmal dazu. Der Erfolg beim Publikum und die sechs Oscar-Nominierungen zeigen dass man dies damals ebenso empfand. 13 Jahre später folgte gar eine TV-Serie, die ebenfalls wie der Film im Original den Titel „Shane“ trug. OFDb
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