21.01.2017

Gastkommentar: POULTRYGEIST - NIGHT OF THE CHICKEN DEAD (2006)


Autor: Frau Vulkan

Troma hat Tradition bei Trashfans. Ein Label, dessen Eigenproduktionen man dank Klassikern wie der „Toxic Avenger“-Reihe zumindest bei Underground-Fans nicht mehr vorstellen muss. Obwohl der Troma-Humor irgendwo ein sehr beständiger ist, der gnadenlos und ohne auf Political Correctness und Tabus zu achten, die amerikanische Gesellschaft parodiert, ist natürlich nicht jeder Film ein Schenkelklopfer sondersgleichen. Wenn Lloyd Kaufman also dem Titel nach eine „Poltergeist“ Persiflage in Kombination mit Geflügel („Poultry“) auf die Zuschauer loslässt, gelingt das, oder ist diese Idee doch schon zu albern?

Die Antwort ist, ich habe zum ersten Mal bei einem Tromafilm geweint. Vor lachen! Mit diesem Film sprengt Kaufman wirklich jede Grenze, die vorher noch vorhanden gewesen sein könnte. Die Fast-Food-Kette „American Chicken Bunker“ unter Leitung des Oberkapitalisten General Lee Roy (Robin Watkins) eröffnet eine neue Filiale, was natürlich nicht ohne lautstarken Protest der linksgrünen Tierschutzfraktion vonstatten geht. Der junge Arbie (Jason Yachanin) ist mit der Ökoaktivistin Wendy (Kate Graham) zunächst glücklich zusammen, zu seinem Pech zielen ihre Neigungen im Zuge des Protests allerdings plötzlich auf die lesbische Fraktion ab. Enttäuscht beschließt Arbie sich zu rächen indem er einen Job in Chicken Bunker annimmt und somit die Gegenseite unterstützt. Keiner konnte jedoch ahnen, daß das Restaurant auf einem alten Indianerfriedhof erbaut ist, und somit ein alter Fluch der Ureinwohner bald seine Wirkung zeigt...

...was absurd klingt, ist es auch. Und das mehr als es bei Troma sonst bereits sonst üblich war. Ein bunter Reigen, der nichts auslässt, weder filmisch, noch politisch, wird hier irgendwas oder irgendwer verschont. Nicht genug, dass hier Klischees von „Poltergeist“ bis „Exorzist“ durch den Kakao gezogen werden, auch beliebte 2000er Filme wie etwa „High School Musical“ bekommen ganz heißes Fett weg. Musikalisch wird hier von Folk (wenn Arbie und sein von Lloyd Kaufman gespielter Kollege in Chicken Bunker-Militäruniform tanzen, dann kommt einem das wie ein Neofolk-Konzert auf ganz viel LSD vor.) bis zu modernem Pop alles geboten, und dies nichtmal schlecht gespielt oder gesungen, aber natürlich mit Texten und Mimiken, die jeder Ernsthaftigkeit entbehren. Nicht genug des ganzen, kann sich hier keine politische Seite ducken, Kaufman trifft vom erzkonservativem Patrioten, über Rednecks, über linke Ökohippies bis hin zum arabischen Gotteskrieger einfach jeden mindestens einmal richtig hart, und am Ende lacht nur die Anarchie. Damit das ganze nicht zu liebenswürdig abgedreht wirkt, gibt es natürlich Szenen, die schon schmerzhaft unter die Gürtellinie treffen und jedem Rest guten Geschmacks völlig entbehren. Dazu muss man hier einen Hang haben - wer bei „Toxic Avenger“ schon nicht völlig begeistert war, packt hier frühzeitig ein und schaltet ab. Was von manchen sicher als flach empfunden wird, muss aber genauso sein. Der „Horror“ bei „Poultrygeist“ kommt nicht zu kurz, kann aber natürlich trotz guter handgemachter Effekte zu keiner Sekunde ernst genommen werden. Es spratzt und splattert gerade beim apokalyptischen Endkampf von Mensch gegen diabolisches Huhn an allen Ecken und Enden, Freunde solcher Szenen sei auf jeden Fall eine ungeschnittene Fassung ans Herz gelegt.

Final bleibt zu sagen, dass „Poultrygeist“ ein einzigartig unartiges Satire-Comedy-Splatter-Musical ist, und somit Geschmackssache. Ich lache nach der 10. Sichtung immer noch - manch anderer vielleicht nicht einmal. Dieses Review hilft hoffentlich dabei zu entscheiden ob man einen Blick riskieren sollte oder nicht.
 
Autor: Frau Vulkan  OFDb

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