Für den modernen Horrorfilm machen sich Filmschaffende über alles her was möglich ist, um es für das 10 kleine Negerlein-Prinzip umsetzen zu können und um dabei den Eindruck zu erwecken einen individuellen Aufhänger zu besitzen. Jegliche Kultur, Mystik und etliche triviale Rituale wurden abgeklappert, jeglicher Glaube zelebriert und auf den Kopf gestellt, und so musste es früher oder später auch den Glauben an den Fährmann erwischen, dem man für die Überfahrt ins Jenseits Münzen zahlen muss, damit er einem nach dem Ableben auf die andere Seite bringt.
Einfallslosere Filmemacher hätten sicherlich den Fährmann als Sensemann-Ersatz auf die Protagonisten losgelassen, ein solcher Storyaspekt findet sich hier allerdings nur eher angerissen im Hintergrund. Der Hauptaspekt in der Geschichte um „The Ferryman“ ist ein Mann, der sich bislang immer vor dem Fährmann verstecken konnte, sprich den Tod bislang umgehen konnte, und dies ist möglich, da er über einen magischen Dolch verfügt, mit welchem er relativ unbemerkt die Körper wechseln kann.
Dank glaubwürdiger Darsteller funktioniert das mit der Zeit immer häufiger stattfindende Wechselspiel auch recht gut, immer weiß man als Zuschauer in wem der Bösewicht gerade steckt und was er ausheckt. Ängstliche Produzenten sei Dank wird dem Zuschauer der Überblick trotzdem nicht zugetraut, und so muss eine den Körper mit wechselnde Tätowierung dem allerletzten Vollidioten trotzdem suggerieren welches der aktuell besessene Körper ist. Mag sein dass diese Entscheidung vor dem Casting entstand, aber wie gesagt, es sind für einen Horrorfilm recht brauchbare Mimen vorhanden, nötig wäre diese geistige Räuberleiter nicht gewesen.
Das Körperspringen aus „Shocker“, „Dämon“ und Co wird nicht nur genutzt um es im simplen Slasher-Verfahren verarbeiten zu können, fieser Weise geht der Übergang wesentlich blutiger als in den Vergleichsfilmen vonstatten, so dass nicht nur der nach Blut lechzende Gore-Freund aufgrund harter Szenen leuchtende Augen bekommt, der Aspekt selbst wird hervorragend in die Geschichte integriert, so dass die Täuschung nur eine Zeit lang möglich ist und sich Misstrauen gegen alle und jeden auf dem Schiff breit macht.
Wer das veränderte Verhalten an mehr Personen als an einer bemerkt weiß langsam woher der Hase läuft, ist somit schlauer als der Rest, was dem Besagten ohne das nötige Hintergrundwissen und die Unterstützung der anderen jedoch wenig nutzt. Immer ist der Fremde den anderen einen Schritt voraus, meist wird hierfür das persönliche und intime Vertrauen der Mitreisenden genutzt, was auch seelisch zu recht schmerzhaften Erfahrungen führt. Warum es bis zum Schluss immer wieder Ahnungslose gibt, wird recht anständig vom Drehbuch gelöst, lobenswerter Weise häufig über die Charaktereigenschaften der recht unterschiedlich gezeichneten Figuren.
„The Ferryman“ ist dementsprechend mehr als der olle Schnelldreh für zwischendurch, auch wenn die erste Szene, die auf dem Schiff spielt welches das Notsignal senden wird, noch ziemlich billig inszeniert wirkt. Kaum auf dem anderen Schiff angekommen wissen die Akteure, die Kamerarbeit und die Geschichte selbst zu gefallen, eine Story die wohl kaum einen Preis verdient hätte, so schlicht wie sie eigentlich vonstatten geht, aber sie konzentriert sich immerhin auf das wesentliche und weiß den relativ monotonen Ablauf abwechslungsreich zu präsentieren, u.a. mit besagten unterschiedlichen Charakteren und ihren persönlichen Problemen, und so fliegt die Zeit nur so dahin ohne dass jemals auch nur ansatzweise der Bereich der Langeweile gestreift wird.
Dass insgesamt der Mythos um den titelgebenden Fährmann zu kurz kommt, ist ein Makel über das man freundlich hinwegsehen kann, gegen Ende wird aber auch intensiver auf diesen geachtet, inklusive reizvollem Schluss-Gag, der nur all zu deutlich macht, dass wir doch nur alles Menschen sind und einen Einblick darüber gibt an welchem Punkt manche ethische Entgleisung als fixe Idee ihren Anfang nahm.
„The Ferryman“ hat mich echt überrascht. Ich würde zwar nicht von einem wirklich großen Film sprechen, aber Chris Grahams Werk ist professionell routiniert umgesetzt und bereits mehr als der olle kleine Film für zwischendurch. Der Film ist jene Art kleiner Geheim-Tipp, der das Genre in keinster Weise irgendwie neu erfindet, aber talentierte Kreative an Bord hat, die aus der schlichten Grundlage viel herauszuholen wissen. So simpel die eigentliche Geschichte zunächst auch sein mag, gerade das Drehbuch und die Schauspieler verdienen ein großes Lob, auch wenn der Film schlussendlich doch nur das nette kleine Werk für zwischendurch geworden ist. OFDb
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