„Der Alte“ erschien auf der Bildfläche nachdem „Der Kommissar“ von selbiger verschwand. Damit wurden die Fälle des von Siegfried Lowitz verkörperten Köster zur Konkurrenz für die Krimi-Serie „Derrick“, welche „Der Kommissar“ den Gehilfen Harry Klein abwarb. Trotz des Greisen in der Titelrolle gibt sich „Der Alte“ in seinem Vorspann, der Titelmusik von Peter Thomas und der Extreme in welcher Köster ungewöhnliche Ermittlungswege geht, die gerne auch einmal den Bereich des Illegalen streifen können, moderner als die ohnehin schon moderne Serie mit Horst Tappert. Den auf Spielfilmlänge gedrehten Piloten kann man mitsamt seiner Geschichte als eigenständiges Werk sehen, welches so auch die Geschichte eines Kinofilmes hätte sein können.
Dass ich mich so kurz nach meinen ersten 15 Folgen „Derrick“ der zwei Jahre später gefolgten Serie mit Lowitz zugewendet habe, liegt an meiner „Derrick"-Lieblingsfolge „Stiftungsfest“, in welcher Lowitz schauspielerisch derart zu beeindrucken wusste, dass ich ihn unbedingt als Kommissar erleben wollte. Was nutzten mir schon meine ollen Kindheitserinnerungen, die nur ein grobes, vernebeltes Bild ergaben? Eine Neusichtung musste her, und da hat mich der Pilotfilm in seiner völlig anderen und ungewöhnlichen Art schon sehr überrascht.
Bereits der ironische Titel „Die Dienstreise“ verweist auf einen anderen Ton der hier herrschen soll. Den klassisch zu lösenden Mordfall gibt es hier nicht. Hier gibt es nur einen erfahrenen Polizisten, der sich freiwillig als Geisel für einen Bankräuber hergibt, insgeheim aber eigene Pläne verfolgt, während der Kriminelle glaubt die Fäden in der Hand zu halten. Wohin das Ganze wirklich laufen soll ist dem Zuschauer zunächst ebenfalls unklar, aber freilich wird er in einige Hintergründe mit eingeweiht, von denen der Bankräuber keine Ahnung hat.
In dieser Zwischenposition kann der Zuschauer sowohl die vom Drehbuch so großartig herausgearbeiteten Kniffe genießen, mit welchen Köster es schafft den Geiselnehmer im Glauben zu lassen alles laufe wie er es will, gleichzeitig mangelt es nicht an Überraschungen, ebenfalls von Kösters Seite aus, denn der aalglatte sich an Regeln haltende Kommissar ist der gute Mann nicht. Zumindest in der Erstausstrahlung dürfte das was Köster zum letzten Drittel hin treibt den Zuschauer sehr überrumpelt haben.
Zumindest erklärt dieser Wechsel der Tatsachen zuvor eingebaute Szenen über andere Gangster und Bekannte derer, von denen man zunächst nicht wusste wofür sie gut sein sollen. Zwischendurch eingestreut machten sie immer wieder deutlich, dass „Die Dienstreise“ kein Road Movie bleiben würde, glücklicher Weise aber ohne zu signalisieren wohin das Ganze führen soll. U.a. deswegen bleibt diese ungewöhnliche Kriminalgeschichte bis zum Schluss interessant, auch wenn sie in manchen Momenten an Tempo verliert.
Schauspielerisch stehen sich Lowitz als Kriminalist und Hans Brenner als Bankräuber in nichts nach. Und mag er auch erst spät so richtig in Erscheinung treten, auch Wolfgang Reichmann weiß seinen Part als gnadenloser Fiesling hervorragend auszufüllen. Einzig der Gehilfe Kösters bleibt in der ersten Geschichte noch sehr blass, noch blasser als Harry Klein in „Derrick", aber zumindest weiß es zu belustigen wie pampig Köster mit ihm umgeht. Diesen Drahtseilakt schafft auch nur Lowitz sich derart wie ein Arsch aufzuführen und trotzdem sympathisch zu wirken.
Ich weiß noch nicht wohin mich die Serie weiter führen wird. Neugierig bin ich nach diesem Start nun definitiv. Normalerweise hätte ich wie bei „Derrick“ das Ende der Box abgewartet bevor ich etwas schreibe, wenn ich das denn überhaupt nach kompletter Sichtung tun werde, aber die ungewöhnliche Art des Piloten, in seiner völlig eigenständigen Erscheinung, hat mich dann doch dazu getrieben die Start-Folge gesondert zu besprechen. Zu gefallen weiß sie, auch wenn es ein klein wenig gedauert hat bis der Funke bei mir übergesprungen ist. OFDb
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