Durchdacht, verkopft und schräg, das sind eigentlich drei Begriffe die nur selten ineinander greifen ohne sich voneinander abzuschotten. Bei Nikias Chryssos „Der Bunker“, der jetzt schon als Geheim-Tipp unter Cineasten zählt, ist diese Ausnahme der Fall. Die Groteske, die sich nur schwer in gängige Genres einteilen lässt, zeigt uns mit Ausgrenzung dessen was außerhalb des Waldes und des Bunkers liegt nicht nur eine alternative Welt, er ist selbst alternativ zu nennen, ein wundersames Stück Geschichte, an einem Ort spielend, dessen Bewohner eine eigene Mentalität leben, die es zunächst zu entdecken gibt.
So entrückt sich das Treiben dort auch aus unserem Blickwinkel schauen mag, schnell wird deutlich worauf der Regisseur, Autor und Produzent von „Der Bunker“ abzielt in einer Zeit von Leistungsdruck überforderter Kinder, die von ihren Eltern emotionslos gefördert und wie ein Experiment behandelt werden, während sie es gleichzeitig krankhaft vor allem Übel dieser Welt beschützen. Wovor sie es beschützen wird in „Der Bunker“ nicht herausgearbeitet, steht auch nicht wirklich zur Debatte. Auf die Klassiker aus unserer Welt wie Zucker, Dummheit und Impfungen greift man zumindest nicht zurück, was auch besser so ist, denn das Werk lebt von seiner surrealen Atmosphäre, die lediglich Sinnbild der Fehlleitungen heutiger Helikoptereltern sein soll und nicht detailgetreu deren Spiegelbild.
„Der Bunker“ lebt von der Überspitzung dessen was heutzutage passiert, kann meiner Meinung nach zwar nicht mit dem grandiosen, ähnlich grotesken „Dogtooth“ mithalten, der eine unübersehbare Verwandschaft zu dem hier besprochenen Film besitzt, ist in seiner intelligenten Art, die es vom Zuschauer eigenständig zu entdecken gilt, dennoch ein individuelles Phänomen im cineastischen Kosmos. Chryssos arbeitet mit kulturellen Klischees verschiedenster Dekaden, spielt gekonnt mit Elementen aus dem Horrorfilm-Bereich und fordert das Publikum nicht nur aufgrund der grotesken Situationen heraus, sondern auch mit der Figur des namenlosen Studenten, die man zunächst als Identifikationsfigur vorgesetzt bekommt.
Es ist verstörend zuzusehen, wie sich der Student kurzfristig den Gewohnheiten seines Umfeldes anpasst. Dementsprechend schockt es mit ansehen zu müssen, wie auch er zum Rohrstock greift, um seinem Schüler endlich etwas beibringen zu können. Zwar ließ bereits seine wirr wirkende Arbeit den jungen Mann gar nicht so Fehl am Platz im Kreise der wunderlichen Familie wirken, aber er war doch stark als der Außenseiter gekennzeichnet, allein schon durch seine kritische Betrachtungsweise, die sich meist mit spöttischer, verachtender oder genervter Mimik dem Zuschauer zeigte.
Kino-typisch ist es aber dann doch er, der versucht Klaus, der cleverer Weise von einem Erwachsenen gespielt wird, aus diesem Irrenhaus des Kindesmissbrauchs zu befreien. Das ist jedoch keinesfalls negativ zu sehen, auch in dieser Phase kleidet sich der Streifen in seinem ungewöhnlichen Gewand und wird nicht zu Standard-Kino. Allerdings ist er in der letzten viertel Stunde näher dran als zuvor, selbst die Schluss-Pointe betreffend. Abgenutzt schaut sich das Treiben im Finale trotzdem nicht, und dieses bringt seine Geschichte zu einem konsequenten Ende, einem Ende welches zum Nachdenken anregt, sowohl die Situation in „Der Bunker“ betreffend, als auch jene der Realität. Welchen Platz findet das Ergebnis solcherlei Erziehung in unserer Welt? Das ist eine Frage, die ich mir schon bei den „Teletubbies“ gestellt habe. OFDb
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen