Ausgestopfte Vögel, eine dominante Mutter, eine tote Blondine, eine mumifizierte Leiche, ein Frauenmörder, lange Autofahrsequenzen - die Parallelen zu Hitchcocks Erfolgsthriller „Psycho“ sind nicht zu übersehen, und doch schaut sich „Das 3. Auge“ anders, eben weil es kein Geheimnis aus der Erkrankung der Figuren macht und uns an ihrem Leiden von Anfang an teilhaben lässt, uns verstehen lässt warum sie tun was sie tun und das Bild von Täter und Opfer dadurch vermischt.
Letztendlich ist das Schloss des Grafen Mino ein Haus der Psychopathen, ein kaltes Haus, indem es keine Liebe gibt, sich aber jeder nach ihr sehnt, ungelernt zu empfinden nicht wissend wie man sie erlangt. Die Mutter erzwingt sich durch Dominanz Liebe von ihrem Sohn, die Haushälterin manipuliert das Schicksal durch Mord, der junge Graf erhofft sich emotionale Erlösung durch eine bevorstehende Hochzeit, doch die Verlobte erstickt in der Kühle die sie umgibt, kann nicht genau benennen was sie daran hindert glücklich zu sein und wäre in diesem Haus ebenfalls unglücklich geworden, wenn sie nicht so früh gestorben wäre.
Nach ihrem Tod verarbeitet Mino die Geschehnisse indem er junge Frauen tötet. Die Methoden nach Liebe zu suchen verschieben sich. Auch für Martha, die nun glaubt die Machtverhältnisse hätten sich verschoben, so dass sie nun per Zwang Minos Ehefrau werden kann. Doch vertraue nie auf die Worte eines geistig Verwirrten, denn dessen jammerndes Ich wird zu einem diabolischen, als urplötzlich die Schwester der Verstorbenen auftaucht, die ihr zu ihrem Unglück viel zu ähnlich sieht.
Man liest heraus welch interessantes Psychogramm die Verantwortlichen des Streifens entworfen haben. Und steht Franco Nero der Wirkung dieser Vision anfangs noch durch zu versteiftes Spiel im Weg, so wird seine Darbietung mit fortschreitender Laufzeit immer besser, bis sie eine Brillanz erreicht, die den besten Szenen des Streifens gerecht werden, so wunderbar düster sich „Il terzo occhio“ (Original) in seinen schön fotografierten Schwarz/Weiß-Bildern guckt, getaucht in eine düstere, verstörende Atmosphäre, die Joe D‘Amato 13 Jahre später in seinem Remake „Sado - Stoß das Tor zur Hölle auf“ gegen plumpe Bluteffekte und psychologisch unsinniges Getue austauschte, was auch erklärt warum sein Film auch ohne den Vergleich zum Original so erbärmlich plump wirkt.
„Das dritte Auge“ hingegen, inszeniert und mitverfasst von Regisseur Mino Guerrini, der auch „Gangster sterben zweimal“, „Das Geheimnis der tödlichen Strahlen“ und „Schulmädchen lieben heiß“ drehte, ist ein stark gespieltes und düster umgesetztes Psychogramm, welches jeglicher Figur genug Hintergrund und Substanz beschert, um mehr zu sein als einer der vielen seelenlosen und unsinnigen Thriller um Psycho-Killer, die den Antrieb ihres Protagonisten nicht verstanden haben. Guerrinis Werk vereint den Stil des gothischen Horrors mit dem des Psycho-Thrillers, und lässt zudem einen verfrühten Hauch Giallo durch das Geschehen wehen, ein Sub-Genre Italiens, das erst in den siebziger Jahren zu dem werden sollte für das es steht. OFDb
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