Als die Erfolge der Rialto-Wallace-Filme zu Ende gingen, da übernahmen die Italiener in den 70er Jahren das Ruder der 1959 begonnenen Reihe. Doch anstatt auf halbwegs ähnlichen Pfaden zu wandern, lieferten sie Giallos ab, was manchem Fan der ursprünglich deutschen Beiträge so gar nicht geschmeckt hat. Wie ein waschechter Rialto-Wallace in den Händen von Italienern hätte aussehen können, zeigt der mit Christopher Lee in einer Nebenrolle prominent besetzte „Das Schloss des Grauens“, der 1963 fertiggestellt wurde, als sich die Wallace-Welle in Deutschland gerade auf einem Hoch befand.
Es mag also sein, dass sich die Italiener bewusst dazu entschieden haben aufgrund der Erfolge in unserem Land ähnliches auch für ihr Land fertigzustellen, ohne dabei auf einen Roman des berühmten Schriftstellers zurückzugreifen. Herausgekommen ist, ob beabsichtigt oder nicht, ein an mancher Stelle etwas unsinnig ausgefallener, aber stimmiger Mix aus besagtem Wallace-Feeling und Gothik-Horror, zu Beginn mit einem Hauch Giallo-Prise versehen, ein Genre welches zu diesem Zeitpunkt noch nicht existierte. Erst gegen Ende, wenn der Film sich auf zeithistorische, fast frei erfundene, Ereignisse beruft, schwindet die Wallacefilm-Atmosphäre kurzfristig, flammt im ereignisreichem Finale jedoch noch einmal auf, angereichert mit einer gelungenen Mörderaufdeckung mit Schauertouch.
Antonio Margheriti, der oft Filme ablieferte die mich ungewollt belustigen (z.B. „Einer gegen das Imperium“) oder lediglich auf recht schundige Art zu gefallen wussten („Das Alien aus der Tiefe“) war für mich selten so nah an einem kompromisslos akzeptablen Ergebnis dran wie mit dem hier besprochenen „Die Gruft der lebenden Leichen“ (Alternativtitel), auch wenn manche Lücken in der Logik, gerade in der widersprüchlichen Charakterisierung der Heldin, die immer zwischen taff und höchst naiv springt, auch hier für unfreiwillige Komik sorgt. Eine dichte, charmant verspielte Grundatmosphäre mit leichtem Geisterbahn-Touch in Kombination mit einer überraschend schnell verlaufenden Aufdeckung einzelner Hintergründe sorgt für die nötige Stimmung.
Erst wenn sich die Geschichte gegen Ende im Kreis zu drehen droht, kommt kurzfristig Ernüchterung auf. Aber auch hier zieht Margheriti noch schnell genug die Reißleine und führt „Horror Castle“ (Alternativtitel) doch noch früh genug zum Finale. Somit guckt sich der Großteil der angenehm kurzen 80 Minuten Laufzeit flott und interessant. Und dass der ewig gleiche Handlungsort des Schlosses nicht zu langweilig ausfällt, liegt an der wunderschön morbiden wie stimmigen Dekoration, die gerade immer dann besonders klassisch zu wirken weiß, wenn die Heldin mit weißem Nachthemd nachts durch die Gegend schleicht. OFDb
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