11.03.2017

DER TOD TRÄGT SCHWARZES LEDER (1974)

Die Geschichte und Massimo Dallamanos erst zwei Jahre zuvor erschienener „Das Geheimnis der grünen Stecknadel“ lassen vermuten es mit „Der Tod trägt schwazes Leder“ mit einem typischen Giallo zu tun zu haben, gerade in Hinsicht auf den Motorrad fahrenden Killer in Leder, Handschuhen, der mit Beil und Messer diversen Menschen nach dem Leben trachtet. Aber „La polizia chiede aiuto“ (Originaltitel) geht weit über das üblich schmuddelige Thema eines Giallos, wie wir ihn speziell in Deutschland kennen, hinaus, lässt er doch einen Blick hinter eine bittere Wahrheit werfen, per Texteinblendung echten Zahlen nennend und täuscht damit seine Bedrücktheit über diesesThema nicht nur vor.

In seiner schonungslosen, wenn auch gelegentlich reißerischen Art wird „What Have They Done with Your Daughters?“ (Alternativtitel) zu einem Kriminalfilm-Drama, das sich der Ernsthaftigkeit seines Themas bewusst ist. Dallamano geht sachlich nüchtern, aber auch ungeschönt vor. Er lässt Nacktheit als schockierende, unerotische Wahrheit einfangen, nutzt seine Gore-Effekte für die natürlichste Reaktion der Welt beim Zuschauer, der Übelkeit und setzt solche Momente rar in ein Szenario ein, welches sich auf die Ermittlungen konzentriert, die wir Schritt für Schritt begleiten.

Deutliche Worte, dramatische Hintergründe, erschreckende Bilder und das Ganze gepackt in einen meist aus der nüchternen Betrachtungsweise entstehenden Spannungsbogen, der von einem Soundtrack unterstützt wird, der einem nicht so schnell aus dem Ohr geht, während er mit seinem kindlischen Chor aufgrund des Filmthemas die Kehle des Zuschauers zuschnürt. Abgerundet wird dieses großartige Seherlebnis mit einer schockierenden, wie glaubwürdigen Auflösung, die Realitätsverweigerern nicht gefallen wird.

Dallamano verzichtet trotz seines ernsten Anliegens nicht darauf auch den Unterhaltungswert des Streifens im Auge zu behalten. So wohnen wir beispielsweise einer aufwendig inszenierten, packenden Verfolgungsjagd bei, wenn der titelgebende, lederne Killer erstmals ins Geschehen tritt. Dies tut er im übrigen nicht all zu oft, liegt das Hauptaugenmerk doch nicht auf ihn. Aber allein wegen der Aktenschließung am Schluss ist sein Mitwirken in der Geschichte unverzichtbar, um die bittere Pointe stärker zu verdeutlichen.

„Der Tod trägt schwarzes Leder“ ist ein Thriller für harte Nerven. Dies nicht etwa weil er in brutalen Bildern badet, sondern weil er so schonungslos ehrlich und sachlich Stellung zu einem Thema bezieht, von dem wir am liebsten nichts wissen möchten. Die üblichen Zutaten, die einen harten Kriminalfilm ansonsten schocken lassen, gehen hier weit über die übliche Schockwirkung hinaus. Sie verursachen echtes Unwohlsein und Übelkeit, aufgrund des sensiblen Beitons aber auch Mitgefühl. Gerade Mario Adorfs Anwesenheit unterstützt dies mit dessen Dackelblick all zu gut.

Aber auch aufgrund der empathischen Erzählweise Dallamanos erlebt man die Geschehnisse stets intensiver anstatt allein gefesselt von einem gut gemachten Thriller zu sein. Der Mix aus beidem macht aus dem hier besprochenen Film ein solch großartiges Erlebnis, in welchem sich echtes Mitgefühl und reißerisch anmutende Elemente nicht widersprechen. In diesem erfolgreichen Zusammenspiel zweier unvereinbar scheinender Schwerpunkte kann man ihn eigentlich in einem Atemzug mit „Nackt und zerfleischt“ nennen.  OFDb

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