Den Krampus könnte man als eine Art Dämonenvariante des Knecht Ruprecht bezeichnen. Einst war er das Gegenstück des Nikolaus, um die bösen Kinder zu bestrafen, im Kino hat er es nun von der Adventszeit in die Weihnachtstage geschafft, wo er, fast einer Beförderung gleich, als Gegenstück zum Weihnachtsmann uminterpretiert wurde. Michael Doughertys „Krampus“ ist nicht der erste Film, der sich besagter Kreatur widmet, aber sicherlich einer der ersten der sich dank eines guten Budgets ordentlich zu diesem Thema austoben darf. Dass der Film kein schnell heruntergedrehtes Billigprodukt ist, beweist er bereits in der sehr humoristischen Vorspannsequenz, die ihn zu einem brauchbaren Anti-Weihnachtsfilm macht, so pointensicher wie hier die Heuchelei einer dekadenten Gesellschaft zum Thema Weihnachten ausfällt. Auch mit der keineswegs auf die Schnelle abgefertigten Einführung der einzelnen Familienmitglieder bleibt man diesem Niveau treu, wird das fröhliche Familienleben verträumter Weihnachtsfilme doch von der Wirklichkeit der verwöhnten Gesellschaft dezimiert und offenbart uns, ähnlich wie die Sippschaft aus „No Panic“, eine Gruppe sich gegenseitig nicht leiden könnender Egomanen, mal sympathischer, mal so gar nicht sympathisch charakterisiert.
Damit ist eine hervorragende Ausgangslage getroffen, um nun den düsteren Part über das unheilige Geschehen hereinbrechen zu lassen. Aber so großartig wie eingangs soll „Krampus“ nun leider nicht mehr werden, denn wie so oft bei gut finanzierten Filmen, wird auf das äußere Event mehr Wert gelegt, als auf das Herzstück eines Filmes. Stets passiert etwas aufregendes, während der fast nie zu sehende Krampus sein Unwesen treibt, der zuvor aufgebaute Tiefgang der Charaktere geht dabei aber leider ebenso flöten wie die Möglichkeit eines atmosphärischen Alptraums. Zwar tritt das Genre der Komödie immer weiter zurück, was dem Gehalt der Weihnachtssatire zunächst keineswegs schadet, aber letztendlich ist den Verantwortlichen des Streifens das Einbauen ereignisreicher Gimmicks wichtiger, als tatsächlich einen Horrorfilm-Touch aufzubauen. Nicht falsch verstehen, auch in diesem Gewand weiß der Film zu unterhalten, aber letztendlich wird aus ihm eher eine Fantasykomödie, anstatt eine Horrorkomödie, und das will sich in der harten Gangart die hier angeschlagen wird nur schwer einem passenden Publikum zuordnen.
Letztendlich könnte man „Krampus“ als ein Zwischenprodukt aus „Dolls“ und „Small Soldiers“ bezeichnen, sowohl was die Mentalität, den Zauber und die Lehre dieser Geschichten ausmacht, als auch den Drang der Filmschaffenden dieser Produkte schräge Sehwerte ins Geschehen zu integrieren. Feindlichgesonnene, kleine Lebkuchenmänner bekommen wir hier ebenso geboten wie bösartige Schneemänner, mutierte, Kinder-verschlingende Springteufel und allerlei andere mal größere, mal kleinere, mal sichtbare, mal versteckte Monstrositäten. Das Tempo von „Krampus“ ist dementsprechend groß. Dank der Liebe zum Detail ist dieser wilde Ritt ein optisches Fest und der Hang sich von einer aufregenden Idee zur nächsten zu hangeln weiß einen gewissen Grad Unterhaltungspotential aufzubauen. Ein richtig guter Film wird aus „Krampus“ durch das mangelnde Einfühlungsvermögen, dem zu oberflächlichen Streifen der Charaktere und dem mit der Zeit aus den Augen verloren gegangenen satirischen, kritischen Grundton jedoch nicht.
So endet das für einen Familienfilm viel zu brutale Treiben viel zu versöhnlich, wie es eigentlich gerade zu einem Familienfilm passen würde, und alle gewagten, anarchistisch angehauchten Ansätze werden dem braven Erzählstandard geopfert, anstatt Max ähnliches Leid durchleben zu lassen, wie seiner Großmutter. „Krampus“ ist auf anderer Ebene trotzdem ein sympathisches Stück Kino geworden, aber so wie umgesetzt wird das mühevoll angegangene Werk ein Film, den man irgendwann wieder vergessen hat, anstatt den Voraussetzungen gerecht zu werden ein herausragendes Produkt zu sein, das man hin und wieder als Medizin gegen zu kitschig geratene Weihnachtsfilme aus dem Videoregal hervorholt. Dennoch sollte man sich „Krampus“ ruhig einmal geben, sind seine Hingucker doch auch wirklich ein Hingucken wert, und kleine Bonusmomente, wie der Rückblick auf vergangene Ereignisse in Stop Motion-Knetfiguren-Animation, tatsächlich liebevoll gestaltet. So enthält der wahre „Nightmare Before Christmas“, der hier stattfindet, tatsächlich noch eine Sequenz, die dem Genre des Tim Burton-Filmes entspricht. OFDb
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