"Die Nacht der reitenden Leichen" und seine drei Fortsetzungen sind Klassiker, gern belächelt, früher auch von mir, aber in einer anziehenden Stimmung gekleidet, die einen zum Immerwiedergucken verleitet. Es sind Liebhaberstücke für ein kleines Publikum, und es war schade, dass Amando de Ossorio nach dem geglückten vierten Teil nie wieder eine Fortsetzung nachschob. Jess Francos 1982 erschienener "Mansion of the Living Dead" wurde als eine solche vermarktet, was aber nur Augenwischerei war und nichts von dem bot, wovon besagte Horrorfilme handelten. Als de Ossorio 2001 starb, schien die Chance vorbei, dass die Kino-Reihe jemals wieder eine Fortsetzung erfährt. Umso überraschter war ich zu lesen, dass ein Italiener sich 45 Jahre nach "Blutgericht der reitenden Leichen" an einem weiteren Teil der spanischen Filme heranwagte. Die Neugierde war so groß wie die Skepsis, was die Freude auf eine Sichtung des neuen Versuchs nicht schmälerte. Sicherlich erwartete ich kein 70er Jahre-Feeling, zumal bereits die Ur-Reihe für seine Entstehungszeit antiquierter daher kam, als das was ansonsten Genre-bedingt in dieser Kinophase zu sehen war. Ich hoffte aber, dass es Raffaele Picchio mit seiner dritten Regie-Arbeit schaffen würde, die klassische Stimmung der Streifen wieder aufleben zu lassen.
Wenn zu Beginn der klassische Soundtrack ertönt, der viel am positiven Ergebnis der Vorgänger ausmachte, ist man guter Dinge. Gleichzeitig drückte der gekünstelte, billig anmutende Farbton des Streifens die Erwartung. Dass die Geschichte in einer postapokalyptischen Zukunft spielt, schien nicht zu passen, aber wer würde der Geschichte bei solch überraschender Wiedererweckung einer längst stillgelegten Horrorfilm-Reihe nicht dennoch eine Chance geben, zumal man zu Beginn nicht weiß, für welche Zwecke dieser Ausgangspunkt noch gut sein mag? Soviel sei verraten: für nichts. Lediglich für die Kostengünstigkeit, um an kargen Orten mit wenig Besetzung arbeiten zu können, hält die Geschichte um eine Welt nach dem Atomkrieg etwas her. Insgesamt hätte der komplette Plot aber auch einfach in unserer Gegenwart spielen können. Vielleicht ist es auch besser so, damit kommt "Der Fluch der reitenden Leichen - Die Rückkehr der Tempelritter" nicht mit zu übertrieben dargebotenen Zukunftsspinnereien daher. In der Einöde spielend, abgelegen von großen Ortschaften, hätte es aber auch andere Wege gegeben, die Ausgangssituation der Erzählung mit gleichen finanziellen Vorteilen anzulegen, ohne den Spielort einer zerstörten Zukunftswelt einzubringen. Wer auf ein besonderes futuristisches Szenario hofft, wird somit also enttäuscht. Der Freund der alten Film-Reihe allerdings auch, wenn logischer Weise auch aus anderen Gründen.
Dass unsere Leichen kaum reiten, mag noch das kleinste Übel sein, zumal die Templer nur im deutschen Titel pflichtgemäß zu Pferd unterwegs sind, und de Ossorios dritter Teil, "Das Geisterschiff der reitenden Leichen", seinerzeit sogar komplett auf die Tiere verzichtete. Ärgerlicher mutet hingegen der Verzicht vieler obligatorischer Elemente an, welche die schundigen und überholten Werke von einst so wesentlich besser zu erstrahlen wussten, als sie theoretisch hätten sein dürfen. Dazu zählt neben der erst leider am Ende ein zweites Mal anklingenden Filmmusik von einst das Aussehen der Templer. Ihre grauen Lumpen wurden ausgetauscht gegen dunkle, ihr knochiges Gesicht wirkt diesmal mehr nach Gummimaske, und ihre grimmige, wenn auch damals schon, steife Mimik wird zerstört durch ihr zu dominant im Zentrum stehendes Gebiss, was die Templer arg künstlich aussehen lässt. Ihr Bärtchen ist ihnen geblieben, was aber nur in wenigen Aufnahmen auffällt, und glücklicher Weise dürfen sie sich, so wie früher, langsam fortbewegen, was zumindest damals stets etwas Bedrohliches ausstrahlte. Beim kurzen Ausritt fehlt diese Langsamkeit, die damals per Zeitlupe-Aufnahmen, sich geradezu unheimlich anfühlend, umgesetzt wurde. Aber es fehlt auch an anderen Dingen, wie z.B. der stets stimmigen Auferstehung aus den Gräbern, der Rache an den Nachfahren derer, die sie einst hinrichteten, und leider auch an einer konsequenten Durchführung der Idee, dass sie blind sind.
Die monotone, wenn auch großflächige Ruine, die zum Handlungsort im Großteil der Geschichte wird, langweilt auf Dauer, zumal das Erscheinen der untoten Wesen aus der Dunkelheit dieser Gemäuer weder stimmig, noch gruselig anmutet und mystisch schon mal gar nicht. Zeichneten sich die Vorgänger durch eher zurückhaltende, kaum vorhandene Gore-Momente aus, so ist Picchio stark darin bemüht das tödliche Treiben der Zombies blutig zu gestalten. Stets werden Därme herausgerissen, eine Hauptfigur darf sich in langer Prozedur den Daumen abschneiden, Augen werden durch Feuer verätzt. Gleichzeitig gibt es, wahrscheinlich zur finanziellen Einsparung, widersprüchlich dazu Szenen-Abbrüche in Momenten, von welchen man Spezialeffekte erwartet hätte. "Curse of the Blind Dead" (Originaltitel) lässt also immerzu jene Stimmung vermissen, welche den Erfolg der Originalteile ausmachte. Freunde der vier Klassiker bekommen somit etwas anderes geboten, als das was einst üblich war und nicht das vorgesetzt, worauf man hoffte. Trotz gut funktionierender Hauptcharaktere mag der Streifen aber auch losgelöst von den Vorbildern und den Erwartungen, die diese entstehen lassen, nicht wirklich funktionieren. Die Optik des Streifens ist aus vielerlei Gründen zu billig ausgefallen, was eine stimmige Atmosphäre ebenso verhindert, wie die spannungsarme Umsetzung und die frei von spürbarer Mystik bestehende Geschichte. Diese ist zumindest über ein paar Umwege erzählt, so dass man neugierig auf den eigentlich simplen Plot wird. Hat man sich nach langer Zeit aber endlich mit dem kargen Ergebnis von "Der Fluch der reitenden Leichen" arrangiert, um zumindest schlicht routiniert unterhalten zu werden, stört ein zerfahrenes Schlussgeschehen.
Nicht nur dass die Templer, deren Tötungsorgie aufgrund der geringen Erwartung zum Höhepunkt des Films wird, viel zu schnell und unspektakulär ihr Leben lassen müssen, nun folgt auch noch ein angehangener Schluss, der für seine simple Schluss-Pointe viel zu viel Zeit in Anspruch nimmt, etwas orientierungslos anmutet und offene Fragen hinterlässt. Das ist nicht so schlecht ausgefallen wie es sich liest, in dieser Phase hätte man als Freund der Thematik aber lieber noch etwas Zeit mit seinen auferstandenen Templern verbracht, anstatt dem ungewissen Schicksal der Heldin beizuwohnen. Nach dem Sichten fragt man sich, was das ganze Projekt überhaupt sollte. Auf der einen Seite waren die Übereinstimmungen mit den Vorlagen zu dominant, als dass man von einem Etiketten- oder Vermarktungsschwindel sprechen könnte, auf der anderen Seite hat Piccio aber scheinbar so gar nicht verstanden, was die theoretisch plump anmutenden Originale so sehenswert machte. Jeglicher tatsächlich wichtige Faktor wurde über Bord geworfen, oder zu stark verändert, ohne gegen etwas ersetzt zu werden, das sich z.B. mit jenem Ziel erklären lassen würde, einen moderneren Touch anzuvisieren oder der Geschichte neue Aspekte abzugewinnen. Vielleicht hat es trotzdem sein Gutes, dass es zu einer enttäuschenden Fortsetzung kam. Vielleicht ist sie der Grundstein weiterer Neuansätze, die aus dem hier besprochenen Werk lernen, um nächstes Mal doch eine spürbarere Nähe zu den Originalen aufzubauen. Trotz aller Fehlentscheidungen bin ich zunächst einmal dankbar für den Mut der Verantwortlichen, diese längst fällige Weiterführung einer Kinoreihe angegangen zu sein, die nur von einem populationsschwachen Randpublikum geschaut und gleichzeitig gemocht wird. OFDb
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen