13.07.2012

TASTE THE WASTE (2010)

Der Film beleuchtet den Umgang der Industrieländer mit Müll bis hin zu Folgen und Opfern, die auch in den 3. Welt-Ländern zu finden sind...

Film-Trash einmal anders...
 
Ich weiß noch wie ich mich vor Jahren mit einer Englischlehrerin unterhielt, die es erschreckend fand welche Müllmengen ein Haushalt heutzutage entstehen lässt. Sie erinnerte sich an andere Zeiten, in denen das nicht so war. Wir sparen Energie, filtern Feinstaub und achten auf Bio-Nahrung, die jetzige Generation ist für solche Themen sensibilisiert. Was den Müll betrifft jedoch nicht, und das ist schon etwas merkwürdig. Treffend wird in „Taste the Waste“ der Kühlschrank, der eigentlich dazu dient die Haltbarkeit zu verlängern, als Vorlagerhallen des Mülleimers bezeichnet. Wir leben im Luxus, kaufen im Überfluss, und da wird schon vieles weggeworfen was sich überflüssiger Weise zu lange im Kühlschrank befand.

Wir alle kennen das Müllproblem aus dem Alltag, wahrscheinlich sogar aus dem eigenen Haushalt. Berichte, die aufzeigten dass heimische Mülltrennung auf der Halde wieder zusammengeführt wird, entmutigen Menschen sich umweltbewusst zu verhalten, und was die Verpackungsmenge angeht so interessiert sich kaum wer für die Unterschiede eines doppelt oder gar dreifach eingepackten Produktes. Heutzutage kann ein Mann nicht einmal mehr ein Hemd kaufen gehen ohne jede Menge Papier- und Plastikmüll zu hinterlassen. Der Industrie ist es auf der einen Seite egal, auf der anderen Seite werden ihr Gesetze aufgedrängt, die sie zu mehr Verpackung oder zum Verschwenden von Lebensmitteln zwingen.

Meist geht dies mit dem Hygienewahn Hand in Hand, so dass es beispielsweise zur Vorbeugung von Seuchen in Europa verboten ist essbare Restwaren vom  Supermarkt zu Tierfutter zu verarbeiten. Dabei müsste man den Prozess lediglich streng kontrollieren, anstatt ein Komplettverbot auszusprechen.

Bis „Taste the Waste“ auf eine derartige Thematik stößt dauert einige Zeit, hält er uns zunächst doch erst einmal die Dimensionen von Lebensmittelmüll vor Augen, die all das übertreffen was wir uns mit unserer Kenntnis des heimischen Mülls ausmalen könnten. In seinem Buch „Denken Sie selbst!“ verwies Autor Vincent Ebert darauf, dass das menschliche Gehirn nicht dazu in der Lage ist weite Dimensionen von Zahlen zu verarbeiten. So weiß der Mensch dass ein Lottogewinn fast unmöglich zu erreichen ist, könnte er die Zahlen der Gewinnmöglichkeiten jedoch realistisch einordnen, würde er gar nicht mehr spielen. So ergeht es einem auch beim Sichten von „Taste the Waste“, der immer wieder schockierende Zahlen nennt oder in Texttafeln einblendet, einordnen kann man diese jedoch nicht wirklich, so dass es sich als sehr hilfreich erweist die furchtbaren Bilder präsentiert zu bekommen, wenn man tatsächliche Müllmengen eines Großbetriebs einer Supermarktkette und anderer Institutionen zu Gesicht bekommt. Da kann einem schon anders werden, erst recht im Hinblick darauf, dass auf anderen Teilen der Welt Menschen verhungern.

Wir leben in einer Luxusgesellschaft und können uns glücklich schätzen. Dennoch fragt man sich unweigerlich warum dieser Zustand dazu führt, dass wir scheinbar die Wertschätzung unserer Güter aus den Augen verloren haben. Sicherlich liegt das Hauptproblem in der Industrie und Politik, die bereits den Bauern durch aufgezwängte Normen und Wünsche dazu zwingen fast die Hälfte ihrer Ernte wegzuwerfen. Noch nicht abgelaufene Produkte werden aus dem Supermarktregal genommen, essbare Waren zu Müll erklärt, ein Müll der zeitgleich vor Obdachlosen beschützt wird, die sich über so manche weggeworfene Leckereien freuen würden. Aber diese Verbrechen von Politik und Wirtschaft wären nicht in diesem Umfang möglich, wenn der einfache Bürger nicht den Blick fürs Wesentliche verloren hätte und wir uns nicht schwer tun würden auch einmal einen weniger hübschen Apfel zu essen oder ein Produkt zu kaufen, dessen Verpackung beschädigt ist.

Nachdem wir allerhand Müllverbrechen präsentiert bekommen, welche die Politik durch ihr Bündnis mit der Wirtschaft überhaupt nicht interessiert, steigt „Taste the Waste“ tiefer in die Thematik ein. Er zeigt uns Untaten in der Gesetzgebung, beleuchtet die Lage der Landwirte und zeigt außerdem auf welche Opfer unser Konsum in den Ländern der dritten Welt verursacht und warum. Unser Luxus ist Ausbeutung in Reinform, und das traurige an diesem Fakt ist, dass unser Wohlstand nicht zwingend Hand in Hand mit Ausbeutung gehen müsste.

„Taste the Waste“ legt Zahlen und Fakten für Alternativen vor, die klar machen sollen, dass allein ein anderer Umgang mit Lebensmitteln und mit Müll zu Verbesserungen in vielerlei Gebieten führen kann. So ginge allein der Umweltschutz weit über das hinaus was wir unter dem Aspekt Müll und Umwelt zunächst einordnen würden. So zeigt der Film beispielsweise den Zusammenhang zwischen Müll und den Ozonlöchern auf und berichtet gleichzeitig in konkreten Zahlen wie deutlich eine Verbesserung dieses Problems aufkäme, wenn man bestimmte im Film genannte Dinge anders machen würde als bisher.
 
„Taste the Waste“ redet also nicht nur um den heißen Brei herum, sondern gibt auch konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Lage. Zudem präsentiert er uns Menschen, die selbst kleine Projekte gestartet haben um Lebensmittel nicht unnötig zu verschwenden. Ein Beispiel zeigt sogar auf wie ein Betrieb einen großen Teil seiner Energiegewinnung aus dem erntet was er zuvor schlichtweg weggeworfen hat.

Das sind schöne Beispiele, die einen nicht völlig hoffnungslos aus einem erschreckenden Film entlassen, und vieles kann der kleine Mann auf der Straße sicherlich auch im einzelnen ändern. Allerdings zeigt „Taste the Waste“ auch überdeutlich auf wie machtlos wir dieser Müllkatastrophe ausgeliefert sind solange wir in einer Gesellschaft leben die wirtschaftsdominiert regiert wird. Was im Alltag für legale Verbrechen stattfinden ist erschreckend wie demotivierend.

Und so zeigt ein Film wie „Taste the Waste“ zwar was falsch läuft, wie es richtig ginge und was man dafür tun kann, aber das ist alles Theorie, die bei einigen Idealisten fruchten wird und einige Radikale dazu bringen wird etwas gegen die Missstände zu unternehmen. Letztendlich wird der Durchschnittsbürger jedoch nur Plazebogesetzen zustimmen, die er für richtig hält, da ihm die Dimensionen nicht bewusst sind, selbst wenn er vollkommen informiert wäre, was er in der Regel nicht ist. Zudem ist das menschliche Gehirn ein Mysterium an sich, das uns evolutionär bedingt nicht an die Zukunft denken lässt (wie in der Dokumentation „Endstation Fortschritt“ berichtet) und welches zum Selbstschutz schließlich auch Mechanismen des Selbstanlügen so wie der Verdrängung entwickelt hat.

Nach dem Sichten des sehr gelungenen „Taste the Waste“ ist man aufgewühlt und schämt sich vor den eigenen Taten. Doch die extreme Wahrheit bleibt nicht so detailreich und intensiv im Gedächtnis hängen. Das Schämen klingt mit der Zeit langsam ab und mit ein bisschen Glück wird der Zuschauer in nächster Zeit zumindest etwas achtsamer in seinem Lebensmittelkonsum sein. Dieses Ziel ist sicherlich nur das kleinste Licht, welches ein solcher Film zum leuchten bringen könnte, aber auch das realistischste. Der Mensch ist in seiner Natur einfach kein Idealist. Da darf man ihm keinen Vorwurf machen.  OFDb

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen