15.10.2012

RAUS AUS AMAL (1998)

Elin und Agnes sind zwei sehr unterschiedliche Teenager. Elin ist beliebt, ungeduldig und weiß nicht was sie möchte, und Agnes ist unbeliebt, ruhig und verliebt in Elin. Die bekommt dies irgendwann mit und findet den Gedanken lesbisch zu sein reizvoll. Es kommt zu einem romantischen Abend zwischen den beiden mit Kuss, und kurz darauf stürzt sich Elin in eine Beziehung zu einem Mitschüler, den sie nicht einmal leiden kann, um ihr Gesicht zu wahren. Agnes ist enttäuscht...

Wenig Amal...
 
Das kleine Örtchen Amal nervt. Dies wird von Elin in einem ihrer vielen emotionalen Ausbrüche kurz erwähnt. Ob dies genügend Grundlage für die Titelgebung „Fucking Amal“ ist, sei an dieser Stelle einmal angezweifelt, stellt aber auch kein Problem da. Ich erwähne es deshalb, weil eine solche Geschichte viele Möglichkeiten einer passenden Titelgebung bereit gestellt hätte. Denn hinter dem etwas abschreckenden Originaltitel verbirgt sich ein sensibler, kleiner Film, dem man seine Sympathie nicht absprechen kann.

Zunächst einmal fällt die gute Besetzung auf, die in einer ruhigen Umsetzung dem Zuschauer ihre Charaktere nahe bringen darf. Erzählt wird der Film aus zwei Perspektiven, sowohl der von Elin als auch jener von Agnes. Bis beide aufeinander treffen dauert etwas. Und während man ihre unterschiedlichen Arten kennen lernt, glaubt man zu ahnen, wie die Geschichte in etwa ablaufen dürfte. Aber falsch gedacht. Wirkt Elin eher lesbisch aus Langeweile, spielt der Film nicht mit einer enttäuschten Agnes, weil ihre Liebe ihr nur etwas vorgespielt hat. Agnes leidet, weil sie glaubt Elin hätte ihr etwas vorgespielt. Unter der Oberfläche des beliebten Mädchens brodelt lediglich die Angst ihre Freunde zu verlieren, wenn sie zugibt in Agnes verliebt zu sein.

Das Leiden der Teenager wird nicht aufgebauscht. Die Erzählung bleibt so simpel wie die Problemchen der jungen Mädels. Damit bleibt der Film nah an der Gefühlswelt seiner Figuren (auch der Nebenfiguren) und bekommt einen realistischen Touch. Dennoch guckt sich „Raus aus Amal“, vielleicht eben weil die Problemchen nie zu wahren Problemen werden und sogar schlicht zu lösen sind, im Bewusstsein des Zuschauers immer ein Film. Er schafft es nicht so realitätsnah wie „Kroko“ oder „Heute trage ich Rock“ zu werden. Das ist etwas schade, da ihm somit der letzte Schritt zur großen Empfehlung verwehrt bleibt.

Andererseits ist „Raus aus Amal“ auch niemals so sehr Film, sprich so konstruiert, dass er wie der themenähnliche „Lost And Delirious“ in einer Enttäuschung endet. Dafür ist Moodyssons Film viel zu frisch erzählt. Er wird quasi zum Gegenteil des völlig überzogenen Konkurrenzfilmes. Bei ihm fehlt manchmal das gewisse Mehr in der Geschichte, während „Lost And Delirious“ immer zehn Schichten zu viel auftrug.

Wer sich aber mit weniger abgeben kann, ist in diesem sensiblen Drama gut aufgehoben. „Fucking Amal“ ist der erste Langfilm Moodyssons, und die häufige Krankheit ehemaliger Kurzfilmer ihr erstes Langwerk zu gestreckt wirken zu lassen, kommt trotz Schlichtheit an Umsetzung und Inhalt niemals auf. Sanft plätschert der Film vor sich her, liefert dabei niemals emotionale Höhepunkte, nicht einmal wenn die Mädels sich das erste Mal küssen (anbei der einzige Körperkontakt der beiden innerhalb des Filmes). Hierfür bleibt der Film dann doch zu sehr auf Distanz, guckt sich schlichtweg zu leicht, um einen nun dahinzuschmelzen zu lassen oder gar während der Problemphase mit Agnes mitzuleiden.

Es ist aber eben auch jene leichtfertige Art, die es so leicht zu akzeptieren macht, wenn dieser kleine Film auf einfachem Wege sein schlichtes Happy End findet. Dennoch ist es schade zu entdecken wo der Film endet. Hier wäre die Weiterführung des Erlebten nun sehr interessant gewesen. Wie lange kann eine solche Beziehung mit einem Charakter wie dem von Elin gut gehen? Zumindest beflügelt der Schluss die Phantasie des Zuschauers. Denn trotz Happy End gehen sie in eine ungewisse Zukunft, wahrscheinlich gar in eine kurze gemeinsame Zukunft. Ebenso offen bleibt ein Nebenstrang, der einen Beziehungswechsel von Elins Schwester andeutet.

Kurz zusammengefasst ist „Raus aus Amal“ ein Drama, das sich sehr angenehm gucken lässt, da es Klischees und Kitsch außen vor lässt und immer nah an der Gefühlswelt seiner Hauptfiguren orientiert ist. Durch seine schlichte Art bleibt er zwar immer zu sehr Film im Bewusstsein des Zuschauers und fordert ihn in keinster Weise heraus, aber letztendlich soll Moodyssons Werk lediglich ein Wohlfühl-Film sein. Und ja, von meiner Seite aus kann ich sagen, dass ich mich beim Gucken sehr wohl gefühlt habe.  OFDb

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen