Der
Detektiv Eddie Valient soll der Lebensgefährtin der Cartoon-Figur Roger
Rabbit nachspionieren. Eigentlich hasst Eddie die Zeichentrickfiguren,
die parallel neben den Menschen leben und von denen einer das Leben
seines Bruders auf dem Gewissen hat. Aber der verbitterte Mann ist
pleite und lässt sich auf den Auftrag ein. Eddie kann Jessica Rabbit mit
pikanten Fotos der Untreue überführen, doch der beglückte Herr, großer
Freund aller Toons, wird kurz darauf tot aufgefunden. Hauptverdächtiger
ist der betrogene Roger Rabbit, der in seiner Verzweiflung Hilfe bei dem
Mann sucht, der ihm die Suppe eingebrockt hat: Valient. Nach erstem
Widerwillen entdeckt Eddie den Drang zu Ermitteln zurück und kommt einem
weitreichenden Komplott auf die Spur...
Es gibt wirklich wenig Filme, die fast perfekt umgesetzt wurden. Und aus heutiger Sicht mag es irritieren, dass es gerade ein Werk aus dem Genre-Mix Zeichentrick und Komödie ist, dem ich diesen Stempel aufdrücke. In den 80er Jahren ging man mit dem Zuschauer jedoch noch positiver, da mündiger um. Und so wurden selbst Großproduktionen, die natürlich schon damals den möglichst höchsten Profit erzielen sollten, noch nicht für wirklich jeden gedreht. Nein, in den 80er Jahren gab es noch für jeden Film ein festes Zielpublikum.
Man musste nicht versuchen jeden Zuschauer in einem Film glücklich zu machen, mit dem Ergebnis daraufhin die meisten zu enttäuschen, und so tat man bei "Falsches Spiel mit Roger Rabbit" das einzig richtige: Man verbannte von vornherein das jüngere Publikum und schaffte einen erwachsenen Film seiner Gattung. Man erschaffte ein reifes Werk an dem Jugend und Erwachsene ihre Freude haben sollten, Letztgenannte mehr, da diese auch mehr Hintergründe verstanden, etwas vergleichbar mit den ersten 10 Staffeln der Serie „Die Simpsons“.
Die Beteiligung der Disneystudios erstaunt deshalb ganz besonders, wo diese sich doch sonst stets die Jüngsten auf den Kinosessel krallen und damit schon Projekte wie "Inspektor Gadget" vergeigt haben und angeblich zu schlüpfrige Filme wie "Zurück in die Zukunft" ablehnten, ein Witz aus heutiger Sicht. Und ganz ehrlich: bereits in den 80er Jahren stand es nicht mehr so gut um die Disney Studios wie zuvor. Aber man hat beim fertigen Film ohnehin das Gefühl, dass sich die Leute der Firma Disney arg zurück hielten oder halten mussten. So darf man nun einen Film sehen, der zu hart für kleine Kinder ist und rein von der Geschichte für dieses Publikum auch gar nicht verständlich ist.
Der ganz typische Toon-Klamauk aus den Warner Brothers-Studios trifft auf eine stilnahe Parodie vergangener Kriminalfilme mit chaotischen Wendungen, gebündelter Kurzweile, dramatischen Elementen und ohne aufgesetzte Action.
Robert Zemeckis scheint ein ebenso großes Regie-Genie zu sein wie Quentin Tarantino. Nur solchen Leuten gelingt es eher mittelmäßig talentierte Schauspieler zu Höchstleistungen zu animieren. Viele Schauspieler aus "Falsches Spiel mit Roger Rabbit" hat man nie wieder so gut spielen sehen wie hier, allen voran Bob Hoskins, bei dem es nicht nur an der Filmauswahl lag, warum man ihm als Cineast danach kaum noch Beachtung schenkte. Christopher Lloyd war eines der wenigen Genies seines Fachs, das man verpflichtet bekam, und dieser spielte wie zu dieser Zeit typisch wieder nur maskiert.
Die wahren Stars waren jedoch die Zeichentrickfiguren. Und hier tat man gut daran studioübergreifend zu produzieren und sich nicht nur auf die Looney Tunes zu stützen. Wenn Zeichentrickfiguren vergangener Tage wie Betty Boop und Dumbo Gastauftritte absolvieren, gibt das dem ganzen Film die nötige Raffinesse zu beweisen, dass man sich mit dem Zeichentrickgenre auch wirklich auskannte. Und die Zeit in welcher der Film spielt verhinderte zudem, dass Eintagsfliegen aus dem Genre, die nur für ihre Zeit kurz hip und in waren, gar nicht erst auftauchten.
Es ist ein Fest sehen zu dürfen wie Donald und Daffy Duck zusammen miteinander auftreten dürfen, in einem der kleinen nebensächlichen Höhepunkte des Werkes. Ohnehin werden diese Gastauftritte berühmter Trickfiguren nie zum Selbstzweck eingebracht. So darf Betty Boop als Kellnerin z.B. klagen wie schwer es ist einen Job zu bekommen, seit der Zeichentrick bunt geworden ist, und nebenbei noch jammern was für ein Glück die Sexbombe Jessica habe Roger Rabbit als Mann zu haben. Und Dumbo wird präsentiert als ein Schauspieler, den man nur mit Erdnüssen bezahlen muss. Ein Fest für geldscheffelnde Produzenten!
Die wichtigsten Toons des Films sind neue bisher unbekannte Trickfilmfiguren, was meiner Meinung nach eine gute Entscheidung war. Spätere Real-Zeichentrick-Film-Mixe setzten auf bereits bekannte Figuren und konnten doch nur maximal ein müdes Lächeln hervorbringen. Bei Zemeckis’Film freut man sich über Gastauftritte und begleitet ansonsten interessante Figuren, die man während ihrer Auftritte ins Herz schließt. Die undurchsichtige Rolle Jessica Rabbits, der geheimnisvolle, Toons verachtende Richter, seine Gehilfen, die Kojoten, deren Schicksal durch ihr ständiges Lachen von ihrem Chef bereis mehrfach prophezeit wird, ein Zeichentrickauto, das in seiner schönsten Szene ein echtes Auto fahren darf und ganz weit vorne Baby Herman, ein erwachsener Mann, mit all den Wünschen und Lastern dieses Geschlechts, gefangen im Körper eines Babys! Nur eines vieler Beispiele, die man in einem Familienfilm von heute aus krampfhafter politischer Korrektheit gar nicht mehr so einbringen dürfte.
Aber was wären all diese Figuren ohne den Star selbst. Roger Rabbit ist eine wirklich erfrischend gelungene Zeichentrickfigur. Seine optische Wirkung ist hervorragend, seine deutsche Synchronstimme konnte wohl kaum besser sein, und außerdem wird er zur idealen Identifikationsfigur für den Zuschauer mit der Gattung der Toons, die, einem gewitzten Drehbuch sei dank, mit den Menschen nebeneinander herleben und auch ihre eigene Stadt haben.
Über Roger erleben wir, wie die Psyche und Biologie der Toons funktioniert. Woran sterben Toons? Was verletzt Toons? Was ist das oberste Ziel der Toons? Und ganz besonders witzig: Können Toons dem Vorbereitungstakt zum imposanten Auftritt, nennen wir ihn hier einfach mal "Tatatataaaaaa", widerstehen? Dieser arme Hase, der selbst flüchtend unter Mordverdacht und scheinbar hintergangen von seiner Frau nie seine größte Pflicht vergisst, zeigt uns wie das Herz eines Toons tickt. Das verleiht ihm viel mehr Seele als anderen Figuren in ähnlich angelegten Filmen. Das Abfeuern schneller Gags allein macht ein Werk allein nicht gut, wobei dieser Bereich in "Falsches Spiel mit Roger Rabbit" natürlich auch nicht vergessen wurde. Im Gegenteil, was einem hier an Gags entgegenregnet ist schon eine Wucht, ganz besonders zur damaligen Zeit als das Witztempo noch etwas reduzierter praktiziert wurde.
Die wahre Identifikationsfigur liegt jedoch in der Rolle des Eddie Valient. Denn so sehr man auch lernt Roger zu verstehen, so sehr leidet man auch gleichzeitig mit dem Privatschnüffler mit, der unter den Macken des Toons zu leiden hat und das als bekennender Toon-Hasser. Valient verkörpert alles, was der klassische Filmdetektiv dieser Art sein musste: depressiv, versoffen, verschuldet und griesgrämig. Die Art wie er sich im Laufe des Films zum damaligen liebevolleren Valient wandelt, ist jenseits heutigen typischen Klischees erzählt. Die Wandlung des Privatschnüfflers wirkt authentisch, da ehrlich und lebensnah (trotz lebensfremder, abgedrehter Kino-Situationen! Hut ab!) und erfüllt keine Kitsch-Kriterien heutiger Produktionsauflagen.
Bis auf einige wenige Momente lassen auch die Effekte nichts zu wünschen übrig. Schlecht getrickst ist z.B. jene Szene, in der Valient von einem Toon aus einem Club herausgeworfen wird und dafür hochgenommen und weggeschleudert wird. Hier erleben wir einen der wenigen Momente, die optisch nicht zu überzeugen wissen. Ansonsten ist die Symbiose aus Zeichentrick- und Realfilm wirklich geglückt.
Viele sehen es ja anders, aber ich finde in dieser relativ simplen Animation wirkt das Miteinander echter als in den späteren Filmen, in denen versucht wurde den Figuren eine dreidimensionalere Optik zu geben. Vielleicht braucht mein Auge auch einfach nur die alte Sehgewohnheit und findet das neue, angeblich Bessere zu entfremdend. Ähnlich ergeht es mir zumindest mit dem heutigen Kinosound, wo Geräusche aus verschiedensten Richtungen kommen, damit der Zuschauer mitten im Geschehen sein soll, mich damit allerdings eher aus dem Erzählfluss herausbefördern. Aber da bin ich eine komplette Ausnahme, ich weiß.
Zurück zum Film: „Falsches Spiel mit Roge Rabbit“ ist perfektes Erzählkino. Eine intelligente, reife Geschichte wird mit jeder Menge Komik aus unterschiedlichsten Humorbereichen erzählt, mit einer Bösartigkeit, die es seit den 90 Jahren in Familienproduktionen nicht mehr gibt, mit hervorragenden Charakteren, sowohl im Real- als auch im Toonbereich, mit gigantischen Spezialeffekten und nur wenigen missglückten Tricks, mit erkennbarer Spielfreude aller Beteiligten und, die damaligen Zeit sei dank, ohne menschliche Stars die Pflicht-Gastauftritte absolvieren und damit den Erzählfluss ruinieren, so wie es in vielen späten Simpsons-Folgen der Fall war. Die Zeichentrickstars am Rande sind dafür um so erfreulicher, was wie erwähnt daran liegt, dass sie nie zum Selbstzweck eingeführt werden.
Freunde des Genres werden genauso genial unterhalten wie Cineasten allgemein, die sich mit den Klassikern des Kinos befassen und all die kleinen Seitenhiebe verstehen, die hier ironisch und satirisch serviert werden. Bei all dem Schnickschnack hält der Film stets sein Tempo, wird also nie langweilig, spielt auf der anderen Seite aber auch nie den krampfhaften Zuschauer-Animateur, so wie es in vielen computeranimierten Werken heute der Fall ist (unnötige Actionszenen um die unkonzentrierten Jüngsten bei der Stange zu halten wie z.B. in "Ice Age 2" oder "Flutsch und weg"). Letzten Endes ist "Falsches Spiel mit Roger Rabbit" genau die Art Film, wofür man ins Kino geht. Die minimalen Punkte, die sein perfektes Bild wanken lassen, sind kaum der Rede wert. Nach Sichten dieses Werkes wünscht man sich den alten niveauvolleren Stil Geschichten zu erzählen zurück. OFDb
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