21.12.2012

ROGUE - IM FALSCHEN REVIER (2007)

Eine Touristengruppe tuckert mit dem Boot durch die Sümpfe. Ein Alarmlicht lässt sie von der geplanten Route abkommen, und somit landen sie im Jagdrevier eines Krokodils. Das Schiff geht kaputt, und die Leute retten sich auf eine kleine Insel – die immer kleiner wird, da die Flut steigt...

Eine Revierview...
 
Wenn ein Film, der theoretisch gesehen wieder nur einen 08-15-Horror darstellt, durch seine frische Art und durch das Spiel mit dem Zuschauer und dessen Sehgewohnheiten auffällt, dann kann es eigentlich schon kein US-Film mehr sein. Dann muss irgendwer anders dahinter stecken. Und siehe da: Es sind die Australier.

Die wollten nun den geschätzten 10.011. Beitrag zum Thema Kroko-Horror machen, und zumindest der Tierfan hat da gar nichts gegen, mag er solche immer wiederkehrende Kost doch auch zum xten Mal aufgewärmt immer wieder gern. Dementsprechend bin ich mit Vorfreude an das Werk herangegangen, wenn auch im Wissen, dass das Genre hier nicht neu erfunden wird. Das wahrlich nicht, aber es stellte sich heraus, dass „Rogue“ Qualitäten besaß, die andere Filme dieser Art nicht haben. Das fängt bei den Opfern an. Lasst euch nicht täuschen, wenn die ersten Toten zu erwartende Opfer waren. Im Laufe des Geschehens wird der Film Euch in diesem Punkt noch einige Überraschungen bieten, auf die ich aus Spoiler-Gründen nicht näher eingehen kann.

Die Charaktere kommen aus dem Klischeebereich, sind aber frisch gespielt und bauen auf einem Drehbuch auf, dass trotz des Angehens üblicher Routine immer wieder durch kleine Ausnahmen positiv auffällt. Es fehlt eine Liebesgeschichte, obwohl die Mimik der zwei Hauptpersonen deutlich macht, dass sie sich zueinander hingezogen fühlen. Die Frau hat einen Exfreund, einen kleinen Aufmüpfigen. Das wird jedoch nie erwähnt, sondern nur durch eine Tätowierung verdeutlicht, die man entweder entdeckt oder eben nicht. Die Art wie beide miteinander reden, lässt einen vermuten, dass sie mal ein Paar waren, aber der Fakt selber, wird nicht irgendwie gekünstelt in einen Satz oder einem Dialog ausgesprochen. Man hält den Zuschauer für klug genug seine eigenen Beobachtungen zu machen. Für die Geschichte selbst wäre es ohnehin nicht nötig den Zuschauer darauf zu stoßen. Dass der Mann zudem nicht das Ekel ist, wie zunächst eingeführt, wirkt auch gleich viel angenehmer, als die Figur eines US-Filmes. Ohnehin hat hier fast jede Figur Ecken und Kanten, „gute“ und „böse“ Seiten, starke und schwache Momente. Was für den Exfreund galt, gilt auch für eine krebskranke Frau, die mit an Bord ist. Man weiß sie ist krank, was sie hat erfährt der aufmerksame Zuschauer, der nicht ausgesprochene Informationen durch Beobachtung sortiert bekommt.

Der Film rast immer wieder provokativ auf eine Klischeehandlung zu, um den Zuschauer dann wieder zu verarschen. Nahaufnahmen auf bestimmte Stellen des Krokodils lassen einen eine bestimmte Reaktion vermuten, doch dann passiert etwas völlig anderes. Wie oben erwähnt überrascht es, wer Opfer wird und noch mehr wer nicht. Manche kleine Ideen stimmen traurig, andere schocken den zivilisierten Menschen in uns.

Das bisher Aufgezählte sind winzige Kleinigkeiten, die aber schon viel an der Atmosphäre eines solchen Filmes ausmachen können. Aber auch in größeren Punkten weiß „Rogue“ zu gefallen:

Die deutsche Synchronisation ist geglückt. Die Sprecher schaffen es die verschiedensten Emotionen glaubhaft darzustellen. Auch die Schauspieler sind für ein solch eher unbedeutendes Werk im Kosmos der Filmindustrie gut gewählt. Insbesondere die männliche Hauptfigur weiß mimisch glaubhaft zu überzeugen, und ist ohnehin eine sehr griffige Figur, die man sich im wirklichen Leben genau so vorstellen kann.

Außerdem punktet die Kroko-Animation. Selten funktioniert sie am Computer, Ausnahmen wie der olle „Die Fährte des Grauens“ zeigten, dass es auch besser geht. Aber nun, hier in „Rogue“, erleben wir eine wirklich geglückte Animation. Das Vieh selber sieht stark aus, und seine Bewegungen wirken glaubwürdig.

Dieses toll animierte Reptil kommt relativ wenig vor. Das ist auch gar nicht schlimm, denn Regisseur Greg Mclean weiß auch ohne das ständige Zeigen des gefräßigen Etwas, wie man gekonnt Spannung aufbaut. Man weiß nie ob es gerade lauert oder schon wieder weg ist. Außerdem füllte man die Geschichte durch eine zusätzliche Bedrohung: Die Leute hängen auf einer winzigen Insel fest, die im Laufe der Zeit durch das ansteigende Wasser immer kleiner wird. Einziges Manko an der sonst so glaubhaften Geschichte ist die Tatsache, dass das Krokodil kaum an Land aktiv ist. Die Protagonisten machen sich auch nie Sorgen darüber, dass es ihnen auf der Insel mal einen Besuch abstatten könnte. Aber Schwamm drüber, wenn der Rest so gut ist, verzeihe ich so etwas gerne.

Im Finale verrät der Film sein eigenes Konzept. Bisher bot man einige Überraschungen, darunter freilich auch manch böse. Eine dieser wird im Finale nun widerlegt. Das ist schade, wurde aber deshalb angegangen, um nun einen Showdown zu liefern, der im Genre seinesgleichen sucht. Der Finalkampf Held gegen Bestie ist unglaublich spannend umgesetzt. Es gibt ruhige, nervenkitzelnde Momente, es gibt Schmerzen zum Mitleiden, es gibt rasante Szenen, und wie es zum Ende des Kampfes kommt weiß auch zu überzeugen. Spätestens das Finale sollte auch dem desinteressiertesten Zuschauer gefallen. Wenn einem das was dort geboten wurde nicht gefällt, weiß ich nicht, was man eigentlich sonst von einem Kroko-Horror erwarten sollte. Es ist einfach großartig, wenn auch nicht sonderlich realistisch. Im Finale wird „Rogue“ eher zu einem unlustigen Comic, was ich keinesfalls negativ meine.

Die übliche Schluss-Pointe sparte man sich, und drehte mit der letzten Kamereinstellung (ein Zoom) eine eigene, die einen etwas nachdenklich aus dem Film entlässt. Wer den Abspann schaut, hat jedoch nicht viel Zeit zu grübeln, hier darf erst einmal geschmunzelt werden. Denn dem Cineasten wird nun ein Lied präsentiert, was er höchstwahrscheinlich kennt, und was nur auf ein Neues unterstreicht, wie anders „Rogue“ einfach mal war, auch wenn er die an sich typische Geschichte erzählte.  OFDb

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