31.05.2013

DER STUDENT VON PRAG (1913)

Nun ist es 100 Jahre her, dass „Der Student von Prag“ uraufgeführt wurde, für welchen Hanns Heinz Ewers seinen eigenen Roman zum Drehbuch umschrieb und sich einmalig in seinem Leben der Regiearbeit widmete, zusammen mit Stellan Rye, für den besagter Film ebenfalls ein Regie-Debut war. Mehr als fünf weitere Filme sollte er nicht fertiggestellt bekommen, starb er doch aufgrund des Krieges bereits 1914. Ewers hingegen arbeitete (mit großen Pausen versehen) bis in die 70er Jahre hinein als Drehbuchautor für das Medium Film.

Was damals gruselte geht heute eher als Fantasyfilm anstatt als Horrorfilm durch, was mit Blick auf die heute noch funktionierenden „Orlacs Hände“ und „Nosferatu“ nichts zwingend mit dem hohen Alter des Streifens zu tun haben muss. Diese beiden Werke wirken noch heute, „Der Student von Prag“ hingegen ist ein nostalgisches Werk, dem man nicht mehr ansieht, dass er mal viele Leute gegruselt hat.

Und wie er das hat. Aufgrund seiner Tricktechnik und der eigens für den Film komponierten Musik von Josef Weiss wurde die Romanverfilmung ein internationaler Erfolg und zählt heute zu jenen Filmen, die es erstmals schafften den Schritt von der Bühne ins eigenständige Medium zu betreten. Ganz richtig finde ich diesen Ruf nicht, erschuf doch bereits Georges Méliès 1902 mit „Die Reise zum Mond“ einen Special Effect-Movie, der mit der Bühne nur noch wenig am Hut hatte. Mag sein dass der Ruf von „Der Student von Prag“ darauf beruht, dass Méliès Werk lediglich ein Kurzfilm war, und „Der Student von Prag“ mehr als lediglich die Spezialeffekte benötigte um zu diesem Ruf zu gelangen.

Die Spezialeffekte können sich allerdings noch immer sehen lassen. Zwar weiß man heute als Zuschauer wie sie funktionieren, und Naturaufnahmen verraten sich im Schnitt durch leichte Veränderungen, die dem Wind zuzuschreiben sind (was bedeutet dass nicht nur im Studio gedreht wurde), aber die Wirkung bleibt bestehen, was neben besagter Effekte allerdings auch dem differenzierten Spiel Conrad Veidts zu verdanken ist, der das Spiegelbild wesentlich düsterer verkörpert als das schreckhafte Original.

Bis in die heutige Zeit hinein beeinflusst der Film noch immer die Geschichten, die erzählt werden. Die Tricktechnik wurde noch viele Jahre verwendet, Geschichten um eigenständige Spiegelbilder werden noch heute im Bereich des Horrorfilms erzählt (z.B. in „The Broken“ und “Poltergeist 3“), und vergleichbare Ideen werden mittlerweile selbst für den Jugendsektor verfilmt, so z.B. in den 80er Jahren mit der TV-Serie „Timm Thaler“, in welcher ein Junge sein Lachen an einen bösen Baron verkauft.

Da gruseln sich die Kinder ebenso wenig wie der erwachsene Zuschauer heutzutage beim „Student von Prag“. Und aufgrund seiner Laufzeit und der etwas monotonen Geschehnisse ist er damit keinesfalls gut gealtert, weswegen er tatsächlich nur Filmnostalgikern ans Herz gelegt sei, ist das Endergebnis doch etwas schleppend zu ertragen, so faszinierend es sich auf der anderen Seite heutzutage auch noch immer phasenweise guckt.

Mag sein dass es der zweiten, gleichnamigen Verfilmung von 1926 von Regisseur Henrik Galeen anders ergangen ist. Für diese verwendete man das Drehbuch der ersten Verfilmung von Ewers, bearbeitet von Henrik Galeen persönlich, und Conrad Veidt schlüpfte noch einmal in die Rolle des Balduin. 1935 wurde die Geschichte ein letztes mal verfilmt, unautorisiert und erstmals als Tonfilm umgesetzt, diesmal basierend auf dem von Galeen bearbeiteten Drehbuchs Ewers von der 2. Verfilmung und wieder den selben Titel wie seine Vorgänger tragend. Danach wurde es in den Kinos ruhig um den „Student von Prag“.

Mag man sich bei manchem Klassiker ärgern, dass nur noch so wenig Leute zu einem Stummfilm greifen und damit auch heute noch wirksame aufwühlende Filmmomente verpassen, so ist „Der Student von Prag“ mittlerweile nur noch ein theoretisches Stück Filmvergnügen, sicherlich ein großes Erlebnis für Interessierte des Mediums, aber eben keiner jener Filme, die man jemandem empfehlen würde, der sich lediglich unterhalten lassen möchte. Einen „Nosferatu“ könnte man einem solchen Konsumenten auch heute noch vorlegen. „Metropolis“ und „Die Puppe“ ebenso, um auch mal auf andere Genres zu verweisen. Aber der hier besprochene Film ist dafür nicht geeignet. Muss er auch nicht, aber etwas schade ist das schon.  OFDb

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