Nachdem Dieter Hallervorden im Vorgänger „Didi - Der Doppelgänger“ in einer Doppelrolle zu sehen war, wollte er gerne einmal eine ganze Familie allein verkörpern, so wie sein Vorbild Alec Guinness 34 Jahre zuvor in „Adel verpflichtet“. Sieben Rollen sind es geworden die Hallervorden in „Didi und die Rache der Enterbten“ meistert, im Gegensatz zum Vorgänger verstärkter unterstützt durch die Maske, was humoristisch jedoch so treffsicher ist, dass man dies keinesfalls als negativen Aspekt des Streifens werten sollte, zumal die Maske ergänzend wirkt und nicht das Talent des Hauptdarstellers ersetzt, das noch in so ziemlich jeder Szene durchschimmert.
Schön ist jedoch, dass die Mimen an Hallervordens Seite dabei keinesfalls zu kurz kommen. So lustig die Charakterzeichnung des jeweiligen Mitgliedes der Sippschaft geworden ist, so treffsicher sind auch die anderen Figuren gezeichnet, allen voran der Assistent des Kommissars, Sohn des Bürgermeisters, jedes Klischee des Berufes lebend ohne etwas von diesem zu verstehen und fast passend zu den langen Haaren Langenhagen genannt. Interessanter Weise wird dieser in der Regel weder in Besprechung gesondert erwähnt, noch wird auf ihn im Audiokommentar eingegangen, dabei sind seine Witze stets ein Volltreffer, sein Spiel ungemein sympathisch trottelig und seine ihm zugeschriebenen Eigenarten, wie die Körperpflege in den unmöglichsten Situationen, geradezu Kult.
Wenn ein erschossener Toter im Spiegelkabinett aufgefunden wird, fragt er seinen Vorgesetzten allen ernstes ob das Opfer an den Spiegelscherben gestorben sein mag, während der Kommissar genervt sachlich antwortet, dass ihn wohl eher die Kugeln getötet haben. „Didi und die Rache der Enterbten“ ist sich für keinen noch so flachen Gag zu schade, und dies gepaart mit der Spielfreude aller Beteiligten und der Leichtigkeit die Drehbuch und Inszenierung umwehen, macht das Werk selbst innerhalb der für diese Eigenarten bekannten Didi-Filme in der hier angewendeten Konsequenz einmalig.
Mag der gewisse Anspruch den „Didi - Der Doppelgänger“ für sich noch verzeichnet hatte und der mit „Der Experte“ auch wieder in die Kinoarbeiten Hallervordens zurückkehren sollte hier auch dem hemmungslosem Klamauk weichen, so ist „Didi und die Rache der Enterbten“ doch zumindest bis 1985 der beste Hallervorden-Film geworden, gibt es hier im Gegensatz zu seinem Vorgänger doch keinen Einbruch im Unterhaltungsbereich. „Didi und die Rache der Enterbten“ ist durchweg gelungen, von Anfang bis Ende ohne jeglichen Durchhänger.
Dass der eigentliche Held erst nach 30 Minuten Film eingeführt wird, ist ein Kuriosität für sich, wird auch im Audiokommentar besprochen, wo die Drehbuchautoren gestehen das nie so bewusst bemerkt zu haben, ebenso wie es dem Zuschauer kaum auffällt, wird dem doch von Anfang an Didi geboten. Dieter Dödel, wenn unter anderem Namen auch die typische klassische Didi-Rolle Hallervordens, wirkt fast schon normal unter all den ausgeflippten Charakteren und schrägen Situationen, bekommt aber dennoch genügend Rahmen um trotzdem selbst für viele Lacher zu sorgen. Und das ist gar nicht so leicht, wenn um ihn herum so herrlich kranke Ideen fruchten, wie der naive Nachbar, der die morbiden Vorkommnisse für einen Film hält und deswegen von Kongo-Otto (allein der Name) dazu verdonnert wird einen guten Teil der Geschichte in einer Mülltonne abzusitzen.
Herrlich auch die Arbeiten der Zuständigen für die Deko. Da wurde eine Abbruchbude so wunderbar herzlos und absichtlich sichtbar heruntergekommen in Dödels „Wohnung“ verwandelt, dass nicht einmal die ärmliche türkische Familie, welcher der Vermieter die Wohnung präsentiert um Dödel endlich loszuwerden, auch nur Ansatzweise in Versuchung kommt einzuziehen. Da fallen so herrlich übertriebene, großkotzig großzügige Sätze des Vermieters, er würde auch sein Einverständnis geben, dass die Familie hier eine Heizung einbauen dürfe, kurz nachdem er ein Waschbecken mit Brausekopf als Dusche angepriesen hat, mit warmen und kaltem Wasser - je nach Jahreszeit, wie Dödel hinzufügt. Und wenn man denkt nach der türkischen Familie ginge es gesellschaftskritisch nicht weiter, äußert der unangenehme Zeitgenosse vor seinem Verschwinden, er würde im Notfall aus der Bude ein Studentenwohnheim machen. Aua! Tiefschlag! Wunderbar!
An Witzen, skurrilen Situationen und einfallsreicher Charaktere mangelt es hier wahrlich nicht. Autoren wie Schauspieler toben sich hier munter aus in einem Plot, der so heute nicht mehr ins Kino kommen würde, so anarchistisch anders wie er heute wirkt im Gegenzug zu herkömmlichen Drehbüchern der Gegenwart. „Didi und die Rache der Enterbten“ sieht seine Anwesenheit im Kino nicht so streng, als dass er aufgrund seiner Größe irgendwelche Normen einhalten müsse. Der Film ist ein Liebhaberstück, ein zum Lachen einladendes Original und keinesfalls der krampfhaft verfehlte Versuch eine Kopie des Vorbildes mit Guinness sein zu wollen.
Dass es das Finale schafft inmitten von so viel Irrsinn ganz leicht den Bereich eines Thrillers zu streifen, verdankt der Film nicht nur dem hervorragenden Spiel Wolfgang Kielings, den man als Glücksgriff für seine Rolle bezeichnen kann, auch der Soundtrack weiß hier enorm zu wirken, aber der ist ohnehin sympathisch ausgefallen und weiß in seiner ziemlich simplen Komposition jeden Winkel des Streifens bestens zu unterstützen. Wer die richtige DVD-Edition ergattert, hat auch gleich eine Soundtrack-CD zusätzlich zum Film erworben, und die lohnt sich meiner Meinung nach - ebenso wie der Film, den jeder der es auch gerne einmal albern mag unbedingt gesehen haben sollte. OFDb
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen