Sehr fix geht es los. Plötzlich tragen sehr viele Schüler Masken. So plötzlich, dass sich der Zuschauer fragt warum überhaupt und warum sich so viele so schnell von der Bewegung anstecken lassen, einer Bewegung die keine wirklich erkennbare Lösung und keine wirklich erkennbaren Ziele besitzt. Die Maskenträger sind einfach da, protestieren auf ihre Art gegen Ungerechtigkeiten und werden durch Anonymität selbst zu Tätern von Ungerechtigkeiten. Gut und Böse kippt. Ein mit „Die Welle“ verwandter, auf bizarrer Ebene erzählter Stoff, nicht wirklich nachvollziehbar, die gebundenen Hände der Lehrer und Polizisten gegen das Tragen von Masken erst recht, aber doch eine gewisse Faszination ausstrahlend.
Einige Zeit kann „Persona“ (Alternativtitel) aufgrund dieser Faszination funktionieren, und dies obwohl er den Zuschauer nicht wirklich ins Geschehen einschließt. Zu unsentimental kommt der Streifen daher, zu groß ist die Distanz zum Geschehen, zu wenig Vorbereitung findet statt, als dass der Zuschauer sich in die seltsame Protestwelt der Maskenträger einfinden könnte. Und doch sind da viele interessante Fragen, die diese Bewegung auslöst: Wer nutzt den Trend aus? Wer hat ihn warum gestartet? Kann Anpassung zu Freiheit führen wenn Anonymität zum Vorteil in einer Gesellschaft wird, in der man zu viel voneinander weiß? Wo hört Gerechtigkeit auf, wo fängt Ungerechtigkeit an? Ist die Maske Schutz und psychologisch hilfreich, oder eine Flucht und damit psychologisch schadend? Und aufgrund einiger weniger eingefügter Spezialeffekte: steckt eine fremde Macht hinter den Masken? Und wenn ja: werde ich fremdgesteuert oder bin ich als Maskenträger noch Herr meiner eigenen Taten?
Wer die Auflösung kennt, der weiß nicht warum besagte Spezialeffekte eingefügt wurden. Andererseits: wer weiß worum es im Film überhaupt geht, der darf sich fragen warum anfangs von dieser gesellschaftlichen Entwicklung und ihrer Problematik erzählt wird, ist sie für den eigentlichen Plot doch nur wenig von Belang. Denn was sich anfangs wie eine Gesellschaftskritik guckt, welche sich auf die Rebellion der Maskenträger konzentriert, wird zu einem ollen Kriminalstreifen mit „Scream“-Touch, bei dem es um die Frage geht wer ist der Betreiber der Internetseite der Maskenbewegung, der sich selbst D. nennt, und warum hat er zwei Menschen umgebracht?
Je mehr Yoki forscht, desto mehr wird sie selbst Zielscheibe des Mörders und damit mögliches nächstes Opfer. Ein Rätselraten um die Identität von D. findet statt. Um die Rivalitäten, die mittlerweile weit über das Geschehen auf den Schulhof hinausgehen, wird immer weniger berichtet. Gesucht wird ein Mörder, und der findet sich entweder in der Modebranche, im psychologischen Bereich, oder beim Maskenhersteller selbst, einem wunderlichen Mann mit ebenso wunderlicher Schwester. „Persona - Die Macht hinter den Masken“ arbeitet auf die Lösung dieses Rätsels hin, und ist es gelüftet endet auch der Film. Ist die Bewegung zerstört? Keine Ahnung! Das erfahren wir nicht. Aber wir durften ja auch nie erfahren warum sie wirklich entstand, warum sie so viel Anklang fand und warum man sie nie bekämpfen konnte.
Was inhaltlich recht mager und irreführend ausgefallen ist, ist auch in seiner Umsetzung mager zu nennen, schaut sich „Kamen gakuen“ (Originaltitel) bis auf einige traditionelle Schrulligkeiten eher wie ein lieblos zusammengeschusterter US-Film, oder noch eher wie eine Serie aus Amerika, als wie ein Produkt aus dem einfallsreichen Japan, das sich in der Regel nicht an die Gesetzmäßigkeiten routinierter Erzählungen hält. „Persona“ ist weder clever noch verzweigt, nicht tiefgründig oder blendend, er ist schlicht und stumpf erzählt, fern jeglicher psychologischer Raffinesse, ein halbgares Durchschnittsprodukt gemünzt auf Teenager als Zielgruppe, untermalt mit jeglichem Musikstil von Rap bis hin zu Techno, um auch wirklich jedem gefallen zu wollen und gleichzeitig suggerierend: Wir verstehen Euch!
Sicherlich ist das mysteriöse Treiben der Maskengesellschaft und das Lüften ihrer Hintergründe recht reizvoll zu verfolgen. Wie wenig sich am Ende als sinnvoll erweist erkennt man schließlich erst recht spät. „Persona“ lässt sich als schnell vergessener Zwischendurchverzehr also durchaus schauen, aber am Ende ist er nicht mehr als ein typischer Film der einer Mörderaufdeckung nachgeht, ein Film der sich zuvor mit einem interessanten Mantel bedeckt hat und diesen am Ende beim Herausgehen in der Gaderobe liegen lässt. Und verarscht bleibt der Zuschauer zurück, der sich noch Tage später fragt: was wollte der Film überhaupt? Von daher: Gut dass man Komatsus Werk so schnell vergisst. OFDb
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