Ich weiß nicht ob 1962 zunächst "Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse" auf den Mark kam oder "Das Testament des Dr. Mabuse", ein Remake von Fritz Langs legendärem gleichnamigen Film, mit den Stamm-Stars der 60er Jahre-Reihe besetzt. Der Schluss des hier besprochenen Teils lässt vermuten, dass es ihn zuerst gab und Neuverfilmung und Fortsetzung zu eins werden. Das besäße einen skurrilen Reiz inmitten der herrlich wirr dargebotenen Reihe, ein Blick auf die nächsten Teile wird mir diesbezüglich Klarheit bescheren. Unabhängig davon ist in Harald Reinls zweiter Regie-Arbeit der Mabuse-Reihe noch mehr als im Vorgänger zu bemerken, dass die Rialto-Wallace-Reihe als finanziell stärkere Konkurrenz kopiert werden sollte. Nachdem Wallace-Regisseur Harald Reinl einen Teil zuvor Eintritt in die Welt des Mabuses fand, folgt ihm nun auch seine Ehefrau Karin Dor, die in einigen Werken der Konkurrenzreihe zu sehen war. Zudem spielen diverse Szenen in Schloss-artigen Gemäuern, ein weiteres Zugeständnis an das finanziell erfolgreichere Vorbild. Und als wäre dies an anbiedernden Nachahmungs-Versuchen nicht schon genug, stößt noch eine humoristische Nebenrolle, im Stile der Eddi Arent-Figuren aus dem Wallace-Universum, hinzu: der Kriminalbeamte Hase, gespielt von Walo Lüönd.
Es ist dem immer wahnwitziger werdenden, aber auch bekanntem Muster der Mabuse-Filme zu verdanken, dass "The Invisible Claws of Dr. Mabuse" (Alternativtitel) nicht nur eine lächerliche Kopie eines Wallace-Filmes wurde. Bekannte Gesichter aus den Vorgängern kehren wieder (inklusive Werner Peters in einer erneut anderen Schurkenrolle), Elemente, wie die Herrschaft des Verbrechens, werden erneut verarbeitet, und mit der Unsichtbaren-Thematik hatte man einen übernatürlichen Spielraum parat, der in die Konkurrenzreihe thematisch nicht gepasst hätte. Im Mabuse-Universum hingegen war mittlerweile alles möglich, was dem scheinbar unsterblichen Superverbrecher beim Erreichen seiner Ziele half. Wieder erweist sich die Kopie des Original-Genies als Stümper, auch hier bleibt sich die Reihe unfreiwillig treu. Die Fehler, die Mabuse begeht, seine verpassten Chancen, seine Gutmütigkeit an falscher Stelle und sein arg leicht zu durchkreuzender Plan, nachdem er ihn unachtsam ausgeplaudert hat, all das hat nichts mehr mit den Taten eines Genies zu tun, aber das war der selbsternannte zweite Dr. Mabuse (ein sehr früher Fall von unredlicher Aneignung eines Doktortitels), der seit "Die 1000 Augen des Dr. Mabuse" die Filmwelt unsicher machte, ohnehin nie.
Ebenso wenig war Harald Reinl ein Künstler, wie es Fritz Lang, der Regisseur der ersten drei Mabuse-Filme, war. Zwar schaffte er es einen amüsanten, kurzweiligen Kriminalfilm mit Science Fiction-Einfluss umzusetzen, "The Invisible Dr. Mabuse" (Alternativtitel) ist wahrlich kein Langweiler, die Chance ein wenig mehr den Horrorbereich auszukosten, der immerhin cineastisch gesehen der Ursprung der Unsichtbaren-Thematik ist, nutzt er jedoch kaum. Kurz vor dem viel zu simplen Schluss weht ein kurzer Hauch Grusel-Feeling, wenn die Polizei mit ihren urigen Methoden als Konkurrenz zu Mabuses moderner Errungenschaft, auf der Lauer liegt. Ansonsten konzentriert man sich lediglich auf den klassischen Krimi-Stil seiner Zeit mit leichtem Humoreinfluss. Das Drehbuch, das die ersten Taten des Unsichtbaren mit einer überraschenden, arg naiv begründeten, Auflösung erklärt, lässt durch eben solche Einfälle ohnehin kaum Raum für wahre Bedrohlichkeiten. Um Nervenkitzel sollte es hier leider ohnehin nie gehen. Plumpe Schauwerte wurden für einen reißerischen Stoff eingesetzt, eine geradezu typische Geschichte der harten Welle wurde erzählt, und das Unsichtbaren-Thema damit eigentlich verschenkt. Da man in der Regel aber bereits vor der Sichtung weiß, dass hier nur Trivialunterhaltung geboten werden soll, und da Reinl diese auch kurzweilig und sympathisch zu bieten weiß, ist man dem Film um seine vertanen Chancen nicht wirklich bös. Wie könnte ich einen Film auch nicht mögen, in welchen Siegfried Lowitz eine solch große Rolle beschert bekommen hat? OFDb
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