Für den politisch erfolgreichen Papa war George Bush. Jr. mit seinem
orientierungslosem Lebensstil immer wieder eine Enttäuschung. Doch er
hat es dennoch bis zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika
geschafft...
Wie die Mutter, so der Sohn...
Wie die Mutter, so der Sohn...
Es stimmt schon etwas nachdenklich wie gut man in Deutschland über amerikanische Präsidenten und die Wahlen diesbezüglich informiert ist und wird. Andere ausländische Politiker sind uns in der Regel nie so bekannt wie die Obersten der USA. Manch einer kennt sich mit ihnen besser aus als mit deutschen Politikern. Wenn in meiner Generation (Jahrgang 1975) ein amerikanischer Präsident von Bedeutung war, dann war es definitiv George Bush, Jr.
Seine Taten waren uns Warnungen in welch fragwürdige Richtungen Demokratie pervertieren kann, gerade in Hinblick der deutschen Nazi-Vergangenheit. Die Sympathie oder Distanz zu diesem Mann war ein wichtiger Entscheidungsfaktor der Wahlen im eigenen Land. Und obwohl man in Deutschland Parteien und nicht Bundeskanzler wählt, wurden die bekannten Rededuelle aus den USA mit einem Mal auch wichtig in Deutschland, eben weil man, so verschieden unsere Kulturen auch waren, von nun an immer wieder beide Länder verglich, u.a. aus Sorge auch Deutschland könne irgendwann auf dem sozial ungerechten Level der Vereinigten Staaten ankommen.
Die Einführung der Kosten beim Hausarzt, der Beginn von Hartz 4 und die Kürzung der Gehälter auf etwa die Hälfte des eigentlichen Wertes durch die Euroeinführung hatten die Menschen diesbezüglich sensibilisiert, die Angst war somit nicht unberechtigt. Und so schaffte es Michael Moore mit Buch und Film auch in Deutschland erfolgreich seine Medien an den Mann zu bringen. Neben der Welt der Nachrichten war er es der einem George Bush, Jr. näher brachte als jeden anderen amerikanischen Präsidenten zuvor. Wir lernten seine Vergangenheit kennen, die Widersprüche in seinem politischen Vorgehen und seine Leichtfüßigkeit, die in starkem Kontrast zu seiner eigentlich harten Politik stand.
Michael Moore brachte uns mit all den Hintergründen die er lieferte entweder dazu Bush zu hassen, oder Moore selbst. Ein Verständnis für die Taten des Sohnes George Bushs kam dabei niemals auf. Zu theoretisch war die Vergangenheit angerissen, zu bewusst erlebten wir die Veränderungen des selbstgepriesenen freien Landes auf dem anderen Kontinent.
Oliver Stone schafft es diese Lücke aufzuholen. Seine Biographie über George Bush, Jr., die nicht völlig satirefrei erzählt ist, schafft es den Privatmann hinter dem Amt zum Leben zu erwecken. Wir beginnen den Mann und seine Art der Politik zu verstehen. Das verändert nicht die mögliche Antipathie zu dieser Person, doch darf man nun im Falle dieser einen Mann nicht mögen anstatt eines unmenschlichen Präsidenten. Letzten Endes macht Stone aus Bush das was Hirschbiegel aus Hitler mit „Der Untergang" machte: er zeigt uns den Mensch hinter dem Monster, welches uns die Medien immer wieder präsentiert haben.
Stone erzielt diese Wirkung aus recht simplen Methoden. Er orientiert sich am Gefühlsleben George Bush Juniors und zieht diesen roten Faden durch bis hin zu seiner Position im theoretisch höchstem Amt Amerikas. Er legitimiert dieses Vorgehen durch den Grundcharakter Bushs und unterstreicht es mit der Ähnlichkeit des Charakters dessen Mutters. Stone lässt Vater Bush nicht zu einer kleinen Nebenrolle verkommen und verstärkt durch dessen völlig andere Charaktereigenschaften noch einmal die der Hauptfigur des Films.
Eine Wertung ergibt sich dabei erst in zweiter Reihe, geht es eigentlich doch schlichtweg dabei um den Unterschied, dass der eine Prinzipien folgt und wohlüberlegt handelt und der andere nie wahre Werte entwickelt hat und aus dem Bauch heraus handelt. Dass letztere Eigenschaften nicht gerade positiv für ein politisches Amt sind, ist nicht von der Hand zu weisen. Zumindest entsprechen sie nicht dem Bild eines Politikers in den Köpfen der meisten Menschen. Hier kann nun die Wertung Fuß fassen, etwas dass in einer Biographie eigentlich nichts zu suchen hat.
Allein deswegen ist die Ironisierung so wichtig, in welche Oliver Stone seinen Film packt. Das gibt der ganzen Problematik ein wenig Rückendeckung. So kann man trotz der fehlenden Neutralität Gefallen an „W.“ finden. Trotzdem ist qualitativ ein Unterschied zu erkennen zu dem faktenreichen „Nixon“, ein weiterer Film Stones über einen Präsidenten der USA.
War dieser ein komplexer Film, dem man nur hochkonzentriert folgen konnte, so ist „W.“ trotz nicht chronologischer Erzählung ein leichtfüßiger Unterhaltungsfilm geworden, dem man zwar seinen Hang zur faktenreichen Recherche nicht abstreiten kann, aber aufgrund des Familiendramas im Mittelpunkt nicht so anspruchsvoll daher kommt wie „Nixon“, ja nicht einmal wie „JFK“, der eher Kriminal-Drama anstatt Biographie war und der ebenfalls trotz faktenreicher Erzählung keine Neutralität aufwies. Als Film über eine Morduntersuchung musste er dies auch nicht.
Vielleicht liegt es daran, dass man Bush Junior bereits durch Moore viel zu gut kannte. Wo viele Fakten bereits bekannt sind, da rückt die triviale Familiendramatik der Bushs und der hinein interpretierte Teil Stones in den Vordergrund des Bewusstseins des Zuschauers. Dadurch kann ein ungerechtes Bild entstehen. Andererseits lässt es sich nicht von der Hand weisen, dass man „W.“ nicht gerade konzentriert folgen muss, und dass er in seiner Erzählung ebenso leichtfüßig daher kommt wie der Präsident von dem er berichtet.
Es ist psychologisch betrachtet somit eigentlich richtig den Film so zu erzählen, wie er erzählt wurde. Leichtfüßig, Hintergründe über das Gefühlsleben des Präsidenten erklärend - was der Film richtig macht, lässt ihn ungerecht betrachtend plumper daher kommen. Dabei besitzt das Werk nur einen wahren Tiefpunkt, und das ist eine (logischer Weise) erfundene Alptraumsequenz Bushs, die nun gar nichts mehr mit Fakten zu tun hat.
Über das Ergebnis kann man dennoch nicht jammern. „W.“ ist hochkarätig besetzt, faktennah und baut immer wieder eine Brücke zur Politik des Herrn Papa, was allein wegen der Anwesenheit gleicher Mitarbeiter bei beiden Präsidenten auch absolut sinnvoll ist. Stone lässt sich viel Zeit für die Vergangenheit Juniors. Dennoch wäre so manche fehlende Vertiefung sinnvoll gewesen, die er Richard Nixon gegönnt hätte. Die verschiedenen Berufe werden nur angeschnitten, über die Freundschaft des Vaters und des Sohnes zu den Bin Ladens wird überhaupt nichts berichtet, vieles wird schlichtweg nur erwähnt anstatt es auch wirklich zu thematisieren.
Scheinbar wollte Stone nicht schon wieder eine Biographie mit der Laufzeit von 3 Stunden abliefern. Der lockerflockigen Inszenierung hätte das sicherlich auch nicht gut getan. Und solch wichtige Elemente wie Bushs Religionsleben und seine politische Passivität, die ihn zum Spielball anderer Menschen machte, werden um so deutlicher eingebaut, so dass man unterm Strich trotz mancher Lücke und fehlender Distanz durchaus von einem interessanten Film sprechen kann. Wie oben bereits erwähnt hat Stone uns den Menschen Bush zumindest näher gebracht als es Moore je konnte und wollte. Dabei hätte Moore davor gar keine Angst haben müssen. Den Menschen den man nicht mag zu verstehen hilft dabei ihn nicht völlig aus dem Affekt heraus unsympathisch zu finden.
Hat man durch beide Filme beide Präsidenten kennen gelernt, zeigt sich ein deutlicher Unterschied zwischen Richard Nixon und George Bush, Jr., die immerhin beides unbeliebte ehemalige Präsidenten der USA waren. Der eine handelte aus Überzeugung heraus (so wie Papa Bush). Man lernte ihn zu verstehen und konnte Taten, zu denen man kritisch steht, zumindest aufgrund seiner Sichtweise respektieren. Bush Junior war lediglich ein unreifer Egomane, der nie wirklich wusste was er tat. Ihn verstehen zu lernen ist nicht gleich zu setzen damit, dass man einen gewissen Respekt zu seiner Sichtweise bekäme. Der Blick hinter die Kulissen hilft lediglich dabei ihn weiterhin nicht zu mögen, wenn man dies bereits vorher tat. OFDb
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