Zwei irre Cartoonfiguren gelangen in die reale Welt, wo sie ihrem
kranken Treiben mörderisch nachgehen. Doch der Polizist der TV-Serie
folgt ihnen...
Heute mal was Krankes...
Das nenne ich mal einen abgedrehten Film. Wer schon so über „Space Invaders“ oder die "Killertomaten"-Filme gedacht hat, wird hier eine neue Dimension des Wahnsinns erleben. „Terror Toons“ ist der lebendig gewordene Comic-Horror-Wahn pur. Seine Rezeptur ist schräg und trashig, und es ist sein Glück, dass er fast auf Amateurfilm-Niveau umgesetzt wurde. So passt die Art der Umsetzung wunderbar zum restlichen Stil.
Psychopatische Zeichentrickfiguren entfliehen dem Fernseher und morden sich munter durch Bewohner und Gäste des Hauses, in dem der Fernseher stand. Wie man aus dieser kurzen Inhaltsangabe herausliest braucht man nicht mit vielen Drehort-Wechseln rechnen. Dieser Film ist semiprofessionell, er ist kostengünstig hergestellt. Also sei es ihm verziehen. Immerhin ist das Ergebnis lustig, was man von den Konkurrenzprodukten nicht behaupten kann.
Ein Jahrzehnt zuvor lockte Fred Olen Ray mit „Evil Toons“, doch dieser war eigentlich Etikettenschwindel. Zwar gab es dort Zeichentrick-Monster in unserer Welt, aber die huschten nur ein paar mal kurz durchs Bild, ansonsten durfte man nackte Frauen und eine dünne Grusel-Story sichten. Ein weiteres ähnliches Produkt kam vor einigen Jahren in unsere Kinos, es war jedoch ein Familienfilm. In „Back To Gaya“ kamen ebenfalls TV-Figuren in unsere Welt, an sich eine nette Idee. Aber diese erste deutsche komplett computeranimierte Produktion war lieblos erzählt und ging im Kino verdienter Maßen unter. „Die Abenteuer von Rocky und Bullwinkle“, ebenfalls ein Familienfilm, war da schon lustiger, aber auch noch recht öde.
Nun gibt es aber die „Terror Toons“, und die geben der wunderbaren Idee endlich eine Umsetzung, die sie auch verdient. Zwar erleben wir hier kein „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“ auf Horror-Basis, aber zur Umsetzung des Themas muss man nicht zwingend auf Zeichentrick zurückgreifen. Die Cartoon-Figuren dieses Streifens werden durch Schauspieler dargestellt, die Karnevals-ähnliche Masken tragen. Dank beweglicher Augen, schrägen Aussehens und einer wirren Kameraführung wirken diese „Toons“ trotzdem, so dass eine Enttäuschung durch fehlende Zeichentrick-Sequenzen nicht wirklich aufkommt. Komplett ohne Trickfilm ging es übrigens nicht. Einige Hintergründe sind gemalt, und recht kurz gibt es ab und an auch animierte Sequenzen zu sichten.
„Terror Toons“ ist weit davon entfernt Familienunterhaltung zu sein. Dieser Streifen ist blutig, und er bietet in diesem Bereich abartige Ideen, die wohl nur der echte Horror-Fan zum totlachen findet. Viele andere Gemüter werden sicherlich über solche Abartigkeiten schimpfen, Menschenverachtung diagnostizieren und alle Werte dieser Welt verloren sehen. Sollen sie doch, selbst schuld wenn man hier nicht lachen kann. Mit weniger Budget wie „Braindead“, aber ähnlich kranken Ideen, geht es hier einfallsreich zur Sache. Da wird eine Wirbelsäule herausgerissen, ein Mensch lacht sich im wahrsten Sinne des Wortes kaputt, ein anderes Opfer wird am offenen Gehirn gekitzelt. Die kranken Ideen der Drehbuchautoren kannten keine Grenzen.
Das passt! Wenn hier nicht, wo dann? Dieses Toon-Psycho-Duo besteht aus einem durchgeknallten Wissenschaftler und seinem schiefgelaufenem Affen-Experiment. Um einiges kranker als „Pinky und der Brain“ wird hier eine Geisteskrankheit verkörpert, die seinesgleichen sucht. Die zwei ergötzen sich am Leid und Tod der anderen, die Experimente dienen dem irren Prof rein zum Selbstzweck, sind quasi kein Bestandteil eines echten Experiments. Während der Affe einfach durchgeknallt ausschaut und sich mit Affen-Geräuschen verständlich macht, ist der irre Forscher schon einen Blick mehr wert. Äußerlich könnte man ihn als eine Metamorphose aus Professor Gangreen („Die Rückkehr der Killertomaten“) und dem irren Tierarzt aus „Muppets Tonight“ beschreiben. Nur selten redet der Psycho, meist lacht er krank vor sich hin, der Lache des Clowns aus den zwei „Demonic Toys“-Teilen sehr ähnlich. Zumindest sei soviel gesagt: „Dr. Giggles“ Lache ist dagegen das zarte Lachen eines Spießers.
Selbst innerhalb ihrer TV-Sendung sind diese beiden die einzigen Trickfiguren. Ihre Opfer tragen keine Masken, der Polizist ebenso. Eigentlich schade. Letzterer flüchtet nämlich ebenfalls aus dem TV, um seine Erzfeinde einzufangen. Leider sieht er einfach aus wie ein typischer Gesetzeshüter. Aber das ist nur ein kleiner Wermutstropfen. Die menschlichen Darsteller sind ohnehin nicht hervorhebenswert. Für eine derartige Billigproduktion gehen sie aber in Ordnung, manch einer, wie die debile Schwester, die Mutter (von einem Mann gespielt), und der Proll an dem später die Gehirn-OP vollzogen wird, blüht in seiner Rolle sogar richtig auf.
Spielen kann hier niemand, aber alle sind mit Spielfreude dabei. Von solchen Bedingungen kann Jochen Taubert nur träumen. Der dreht ähnlich abgedrehte Filme, die jedoch ohne Wirkung bleiben. Mitunter weil alle Teilnehmer lustlos wirken. Regisseur Joe Castro hat da schon ein besseres Team um sich geschart. Und dies auch hinter der Kamera. Die Masken sind zwar relativ billig zurechtgemacht, haben aber wie erwähnt eine super Ausstrahlung. Die Kamera ergänzt die Effekt-Lücken mit jeweils passenden Techniken. Die Gore-Effekte sind ein wahrer Augenschmaus und sehen glaubwürdig aus, Ton und Schnitt stimmen, lediglich die Musik ist etwas zu monoton ausgefallen, orientiert sich aber immerhin am gängigen Cartoon-Sound.
Etwas monoton ist übrigens auch die Geschichte selbst ausgefallen. Es gibt kleine Leerläufe, Gott sei Dank aber auch immer wieder kleine Storywendungen, die echte Langeweile verhindern. Hilfreich kommt auch die kurze Laufzeit von ca. 75 Minuten hinzu, so dass es eigentlich wirklich keinen Grund zum meckern gibt. Im Abspann sind Patzer enthalten. Das Drehbuch selber baut zusätzliche Dialog-Witzigkeiten ein, der Film lebt also nicht nur vom Terror-Humor der Toons. Komik, die auf typische Cartoon-Gags baut, ist selbstverständlich auch enthalten. Von übergroßen Werkzeugen, herausquillenden Schock-Blick-Augen bis hin zur klassischen Dynamitstangen-Falle und deren Auswirkung ist fast alles enthalten.
Für Freunde andersartiger Filme ist „Terror Toons“ also durchaus empfehlenswert. Voraussetzung ist, dass man nichts gegen eine kostengünstige, schundige Umsetzung hat. Aber wie erwähnt ist sie in diesem speziellen Falle sogar sehr hilfreich zur Unterstützung der kranken Atmosphäre. Durchgeknalltere Toons habe ich noch nie erlebt, ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich überhaupt einmal ähnlich kranke Psychos in Filmform kennen gelernt habe. Allein diese Tatsache sollte zum Reinschalten animieren. OFDb
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