In London geht ein Mörder um, der stets in der Nähe der Sansibar in
Soho zuschlägt, einem Etablissement für einsame Herren. Die Opfer werden
erstochen und nach der Tat steckt das Phantom von Soho, wie die Presse
den unbekannten Killer nennt, den Ermordeten einen Briefumschlag mit
Geld zu. Chefinspektor Patton geht gemeinsam mit einem Gehilfen und dem
Chef von Scottland Yard persönlich der Mordserie auf den Grund. Auch
eine Kriminalautorin versucht sich an der Aufdeckung des unbekannten
Straftäters. Die Polizei findet heraus, dass die Opfer etwas verband,
etwas das mit einem untergegangenem Schiff zusammenhängt...
Erst Oper, später Paradies, mittendrin Londons Reeperbahn...
In den 60er Jahren war in Deutschland die harte Welle eine der wenigen Alternativen zur grausamen Fröhlichkeit anderer Kinoproduktionen unseres Landes. Neben den Mabuse-Filmen und jenen nach Edgar Wallace machten auch die Verfilmungen nach den Büchern dessen Sohnes Bryan Edgar Wallace scheinbar gut Kohle.
1964, in einer Zeit in der die Wallace-Filme mittlerweile so eingeleitet wurden, wie es heute Kult ist, nämlich mit Wallace’s Stimme aus der tropfenden Totengruft, leitete man auch diesen Film von Sohnemann Bryan ähnlich ein. Nur dass dieser persönlich abgefilmt werden konnte, während eine grimmige Stimme seinen Namen erwähnt.
Die selbe Wirkung hat das nicht, aber der trashige Versuch auf einen Erfolg aufzuspringen, innerhalb eines Bereiches, wo man auf einen Erfolg aufspringt, hat unfreiwillig komischen Charme und erinnert ein wenig an die Geschäftspolitik von Sat 1, die jeden Erfolg anderer Sender nachäfft.
„Das Phantom von Soho“ hat dann auch bei näherer Betrachtung kaum eigene Ideen. Aber inmitten trivialster Krimikost, die ohnehin nicht so ernst gemeint ist, ist das auch nicht weiter wild. Zwar kann aus dieser Saat kein Glanzstück wie „Das indische Tuch“ oder „Das Gasthaus an der Themse“ werden, aber immerhin netter Durchschnitt für den Nimmersatten dieser Genregattung. Und genau das ist dieser Beitrag von Franz Josef Gottlieb auch geworden.
Mit „Der Fluch der gelben Schlange“ drehte Gottlieb zuvor einen Kriminalfilm nach Vater Wallace, in einer Besetzung wie sie für dessen Filme in den 60er Jahren geradezu typisch war, jedoch für eine Konkurrenzfirma. Ein solches Imitat wurde für die Zukunft unterbunden, in dem Dauerstars wie Fuchsberger und Arent unterschreiben mussten nur noch in der Hausfirma bei Wallace-Filmen mitzuspielen.
Auch Gottlieb wechselte daraufhin dort hin und drehte für die klassische Wallace-Reihe, die mit „Der Frosch mit der Maske“ begann. Doch sein Beitrag „Der schwarze Abt“ war schlicht und damit weit entfernt von der dichten Erzählung seines „Der Fluch der gelben Schlange“. Mehr noch, in der Zeit bevor sich Briten und Italiener in die Wallace-Produktion einmischten, war „Der schwarze Abt“ gar eine der schwächsten Umsetzungen.
Ähnlich mittelmäßig, aber wenigstens atmosphärischer umgesetzt, geht es nun in diesem Bryan Edgar Wallace-Streifen zu. Die Musik lieferte Martin Böttcher, der sich hier stark an seinen Ohrwurm aus dem zwei Jahre zuvor gedrehten „Das Gasthaus an der Themse“ orientiert, leider ohne den Charme des Liedes dort zu erreichen (Mittelmaß, wie der komplette „Das Phantom von Soho“). Auch dass zu seiner Melodie gesungen wird, erinnert an den Themse-Film, doch auch hier schaut die Kopie blasser aus, allein weil der Text des Songs hier arg plump, ja sogar leicht lächerlich wirkt.
Zum Glück ist immerhin die Restinszenierung nicht ähnlich lächerlich, sie ist nur ein wenig zu gewöhnlich und überraschungsarm ausgefallen. Unterhaltsam ist das ganze dennoch, sind doch die Schauspieler mit Spaß an der Sache dabei, wirken auch nicht so untalentiert wie in dem im gleichen Jahr entstandenen Bryan Edgar Wallace-Krimi „Das Ungeheuer von London-City“. Ihre Charaktere erinnern stark an das typische Konzept der Filme seiner Zeit, etwas negativ fällt lediglich der lustige Part auf, ein Eddi Arent-Ersatz mit bierernstem Aussehen und der nicht immer richtigen Betonung beim Sprechen, aufgrund seiner Nebensächlichkeit aber auch kein echtes Manko.
Etwas negativer fällt da schon die mangelnde Anzahl an Verdächtigen auf. Die meisten zwielichtigen Figuren stehen auf der Liste des Phantoms, lediglich vier Personen sind verdächtig, zwei davon von der Liste. Diese Zwei sind im letzten Drittel zu offensichtlich Opfer statt Täter, bleiben nur noch zwei, von denen einer aufgrund seiner Position in der Geschichte viel zu unwahrscheinlich wäre, so dass die Mörderauflösung am Schluss zwar einen passablen Hintergrund liefert, die Person selbst jedoch bereits zu erwarten war. Spätestens wenn der starke Kapitän stirbt, ohne sich zu wehren, ist klar was Sache ist.
Dank atmosphärischer Locations, für seine Zeit harte Mordszenen, gut aufgelegter Stars und einem engen Festhalten an die gewohnten Regeln des Genres Grusel-Krimi, weiß „Das Phantom von Soho“ als eine Art Light-Version der bekannteren Wallace-Filme zu gefallen, zumindest dem Stammpublikum dieser Filme.
Franz Josef Gottlieb lieferte uns im selben Jahr noch den Wallace-Film „Die Gruft mit dem Rätselschloss“ und den Bryan Edgar Wallace-Film „Das siebente Opfer“, bevor er sich von diesem Subgenre entfernte. Eigentlich schade, denn auch wenn keiner seiner Streifen ein Meisterwerk geworden ist, so ist doch meist immerhin sympathischer Durchschnitt entstanden. OFDb
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