Ein Killer ermordet nur behinderte Frauen. Dies macht dem stummen
Dienstmädchen Helen Angst. Auch der Hausarzt der Familie Warren, für die
sie arbeitet, macht sich Sorgen um sie, erst recht als ein weiterer
Mord geschieht – im Hause Warren...
Nicht jeder Klassiker hat Klasse...
Die großen Gruselklassiker gingen immer Hand in Hand mit einem guten Schuss Dramatik. Das hat in der Massenproduktion irgendwann trauriger Weise aufgehört, wird aber auch heutzutage noch wenigstens in den geglückten Werken des Genres eingesetzt. Gerade Streifen aus der Schwarzweiß-Zeit orientieren den Horror stets nah am Drama. Dabei gehen beide Genres meist eine sehr wirksame Partnerschaft ein, indem sie sich miteinander vermischen. Dies kann nur dann funktionieren, wenn die Dramatik in direktem Zusammenhang mit dem Gruselmotiv steht oder umgekehrt.
Auch in „Die Wendeltreppe“ werden beide Filmbereiche miteinander kombiniert, sie werden allerdings nicht eins. Das Drama steht ebenso für sich, wie der Horror. Deutlich sichtbar nimmt das Drama den wesentlich dominanteren Part ein, was den Film für mich relativ uninteressant machte, da ich mit älteren Dramen nur selten etwas anzufangen weiß. Aber das ist mein persönliches Problem, das soll nicht anderleuts Sorge sein. Viel gravierender ist die Tatsache der zu unabhängig nebenherlaufenden Richtungen.
Der einzige Zusammenhang zwischen Grusel und Drama liegt in der Behinderung der Protagonistin und dem Tatmotiv des Mörders. Das war es auch schon. In einer einzigen Sequenz wird die von mir erkannte Regel gebrochen. Es ist eine Traumszene der Hauptdarstellerin. Sie beginnt als unglaublich kitschiger Tagtraum, und endet überraschend in einer Horrorsequenz. Allerdings in einer persönlichen, die Hauptperson betreffende, nicht in eine, die mit dem eigentlichen Horrorszenario der umgebrachten Frauen zu tun hätte.
Der Gruselpart spielt wie gesagt nur eine zweitrangige Rolle und ist in seiner kleinen Nebenexistenz leider kaum wirksam. Da der unbekannte Mörder vor seinen Taten über seine Augen gezeigt wird, ist beim Sichten bereits bekannt, wer der Killer ist. Nur eine Person vom Gesamtcast hat zutreffende Augen und seine Rolle wird zudem als einzige immer möglichst unverdächtig in Szene gesetzt. Eine alte Horrorregel von Cineasten besagt, man solle immer den beschuldigen, der am harmlosesten erscheint. Somit wäre eine frühzeitige Täterenttarnung von Seiten des erfahrenen Zuschauers aus auch dann möglich gewesen, wenn man nicht das Augenpaar zur Hilfe gehabt hätte.
Die Motive sind dementsprechend auch früh klar. Der Vater verachtete seine schwächlichen Söhne, einfache Psychologie, wie typisch zu dieser Filmschaffenszeit und somit leicht vorauszuahnen. Sicherlich hat es ein Klassiker heutzutage schwerer, da man schon so viele Vergleichswerke kennt, wenn der Mörder am Schluss aber all seine Beweggründe und Hintergründe zu den Taten nennt, kann man echt nur schmunzeln, so klar und offensichtlich wie alles war.
Überraschung hin oder her, aus „Die Wendeltreppe“ hätte dennoch ein guter Grusler werden können. Nicht wegen der viel zu banalen Horrorstory (Killer geht um), sondern wegen der tollen Fotografie, die gerade wegen seinem bräunlichen Schwarzweiß so zu gefallen weiß. Zudem ist die Location des Hauses sehr atmosphärisch, und Menschen, die mit einer Kerze in der Hand durch dunkle Keller schleichen, haben ebenfalls nach wie vor ihre Wirkung. Leider können all diese Elemente nicht langfristig fruchten, da die Dramatik rund um die Hauptfigur viel zu dominant in Szene gesetzt wird. Das wäre vielleicht auch noch zu verkraften, wäre diese Dramatik nicht so seicht und banal.
Das arme Ding kann nicht sprechen. Das wird ab und an wirksam eingefangen: Die Hilflosigkeit, die Notwendigkeit eines sprechen Könnens, der besagte Tagtraum. Meist dient die Behinderung aber nur um Mitleid aufzubauen und für die Pseudotherapie eines Arztes, die wiederum Pfeiler des kleinen Schusses Romantik ist, der scheinbar ebenfalls nicht fehlen durfte. Kleine humorvolle Elemente, wie der Ärztestreit, werden leider nur kurz eingebracht, obwohl da wesentlich mehr draus zu machen gewesen wäre (siehe „Arachnophobia“).
Als Beispiel einer besseren und überraschenderen Auflösung, möchte ich an dieser Stelle einmal eine meiner Schlussideen nennen: Der Arzt war der Mörder, da er weiß, dass nur ein Schockmoment die stumme Patientin wieder heilen kann. Also inszenierte er die Morde bis hin zum geplanten Showdown im Haus. Wäre das Haus der einzige Handlungsort, hätte man aus dem ganzen Mord-Szenario sogar eine Art Schauspiel machen können, quasi ein Spiel um zu heilen. Es gab gar keine Toten! Das sind zwei Ideen, die mir spontan einfallen und die wesentlich wirksamer gewesen wären.
So bleiben einem aber nur die tollen Kameraeinstellungen, die positiv mit Licht- und Schattenspielen auffallen. Das allein reicht zum Unterhaltungszweck leider nicht. OFDb
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