Gepackte Koffer sind in London in letzter Zeit ein Zeichen dafür,
dass man bald tot ist. Wer seine Koffer reisefertig vorfindet, wird kurz
darauf durch einen Messerwurf ins Herz ins Jenseits befördert. Die
Beamten des Scotland Yard sind ratlos. Es dauert lange bis die Ermittler
herausfinden, dass die Morde etwas mit dem Handel der Droge Meskalin zu
tun haben. Die Spur führt bis nach New York...
Am besten mit Rucksack reisen...
Der Aufhänger mit den gepackten Koffern mag recht konstruiert klingen, er ist es ja auch. Aber dieser Ausgangspunkt führt in eine Kriminalstory, deren Hintergrund geheimnisvoll, ja geradezu mysteriös ist. Und so hätte man einen wirklich atmosphärischen Genrebeitrag drehen können, wenn das ganze nicht so arg im Fahrwasser der noch jungen Edgar Wallace-Reihe mitschwimmen würde.
Der Film basiert auf einem Roman von Wallace-Sohn Bryan Edgar Wallace, scheinbar jedoch recht lose, denn darauf deutet bereits die Formulierung im deutschen Vorspann hin. 1959 startete in Deutschland die (Grusel)-Kriminalreihe von Papa Wallace, die meisten Imitate wurden 1964 gedreht. Eben wegen des recht frühen Erscheinens von „Das Geheimnis der schwarzen Koffer“ hatte ich mir ein wenig mehr von diesem Streifen erhofft. Leider ist er ein eher schwacher Beitrag einer Welle trivialer in Deutschland gedrehter Kriminalfilme, die in London spielen und die ich mir all zu gerne angucke.
Die Story ist trotz ihres konstruierten Aufhängers, wie erwähnt, interessant. Und auch die Locations sind gut gewählt, auch wenn ihr Übergang nicht immer glaubhaft bleibt (was für Örtlichkeiten beispielsweise direkt an einen Wald grenzen sollen, sollte jeder mal selbst für sich entdeckt haben). Die Schwächen des Filmes beginnen bereits mit der Besetzung. Dem Kommissar fehlt die individuelle Note. Optisch macht er nichts her, charakterlich fällt er lediglich durch seine plumpen Annäherungsversuche auf, die dem allgemein schon damals billigen Stil in diesem Bereich noch eins drauf setzen.
Als Eddi Arent-Ersatz dient Chris Howland, der dem Komiker nicht das Wasser reichen kann, weder gut spielt noch schöne Gags in den Mund gelegt bekommt. Jahrzehnte später sollte er in der Hape Kerkeling-Show „Total Normal“ einen wesentlich lustigeren Auftritt bekommen. Senta Berger ist einer der wenigen Lichtblicke in der Besetzung. Sie und der Arzt, für den ihre Rolle arbeitet, sind die kleinen Trümpfe, auch wenn die Rolle des Arztes mit der Zeit arg überzogen wird.
Auch die Regie hat mir nicht wirklich zugesagt. Zwar wird hier nicht gestümpert wie beispielsweise im kürzlich von mir besprochenen „Das Wirtshaus von Dartmoor“, aber Werner Klingler, der immerhin als Folgewerk Fritz Langs „Das Testament des Dr. Mabuse“ neu verfilmen durfte, verpasst zu viele Chancen des Spannungsaufbaus. So gibt es beispielsweise eine tolle Szene, in der man einen dicken Mann dabei beobachten darf, wie er Richtung Hafen flieht, nachdem er auf gepackte Koffer stieß. Sein Weg führt ihn durch ein finsteres und vernebeltes Stück Natur. Der Verfolger kann jederzeit irgendwo auftauchen. Nicht nur hinter den Bäumen, auch jedes heranfahrende Auto scheint verdächtig, inklusive des Taxis in welches er schlussendlich einsteigt.
Zum einen wird diese Szene durch völlig falsches Timing zerstört. Der Mann springt hinter Bäume, um sich zu verstecken, wartet mit einer solchen Aktion jedoch 10 Sekunden, bevor das Auto an der Kamera vorbei braust. So hätte ihn selbst ein Blinder noch gesehen. Damit verfliegt die Angst des Verfolgten. Sie überträgt sich nicht auf den Zuschauer, im Gegenteil, der Sprung hinter die Bäume wirkt wie ein albernes Affentheater, welches der theoretisch spannenden Sequenz jede Chance auf Nervenkitzel raubt. Unterstützt wird dieses Affentheater von einer Musik, die für einen Grusel-Krimi viel zu fröhlich daher kommt. Das ist sicherlich typisch für Filme seiner Zeit, aber die Musik der Papa Wallace-Filme war meist im Vorspann und in rasanten Szenen derart gewählt. Mysteriöse Szenen erfuhren meist eine spannendere Melodie.
Die Musik von „Das Geheimnis der schwarzen Koffer“ versagt nicht nur in dieser Szene, allgemein will sie nicht zur erzählten Geschichte passen. In der von mir beschriebenen Sequenz fiel ihr Scheitern jedoch besonders deutlich auf. Selbstverständlich ist auch der Titel recht blödsinnig, wenn auch nicht ganz so arg wie der ähnlich angelegte 9 Jahre spätere in Dario Argentos Regie-Debüt „Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe“ (auch angeblich nach Bryan Edgar Wallace). Passender wäre für den hier besprochenen Streifen eher der Titel „Das Geheimnis der gepackten Koffer“ gewesen, allein schon deshalb weil die im Film gezeigten ledernen Reisebegleiter meist bräunlich sind. Aber selbst dies hätte nur bedingt gepasst, da sich die Ermittlungen verständlicher Weise viel mehr auf die Mordart konzentriert.
Scotland Yard verfolgt nämlich einen Mörder, der es schafft aus den unglaublichsten Entfernungen seinen Opfern ein Messer durch einen exakten Wurf ins Herz zu jagen. Sich selbst übertrumpfen tut der Unbekannte in jener Szene, in der er dies selbst bei einem Kabrio fahrenden Todeskandidaten schafft. Zwar ermittelt man dementsprechend in Artisten-Kreisen, zum Ende des Filmes bekommt man jedoch keine befriedigende Antwort auf das Talent des Missetäters. Immerhin begeht das Drehbuch nicht den Fehler eine derart perfekte Trefferquote als selbstverständlich hinzustellen. Bei dem Nonsens, der einem in der Regel bei dieser Art Film erzählt wird, hätte eine solche Idiotie nicht verwundert. Letztendlich stürzt der Film nur deshalb nicht ins Bodenlose herab, weil er immer gerade so routiniert erzählt ist, dass er gerade eben noch funktioniert. Auch hier kann man wieder auf die Kommissaren-Rolle verweisen. Zwar ist der Ermittler arg gesichtslos, aber man fiebert mit ihm mit. Zwar sind seine Annäherungsversuche plump, aber man hofft dass er Erfolgt hat.
Auch der Kriminalfall selbst ist recht interessant gehalten. Es gibt zwar nicht genug Tatverdächtige um ein spannendes Mörderraten mitzuspielen, aber die Hintergründe der ganzen Aktionen möchte man als Zuschauer dann doch erfahren. Zudem ist es ein Kniff für einen Film seiner Art zu dieser Zeit, dass ein Kriminalfall über die Grenzen Englands hinaus ragt. Das gab es einmal in „Wartezimmer zum Jenseits“, dort spielte der Hauptteil in Italien. In „Das Geheimnis der schwarzen Koffer“ reicht die Spur bis nach Amerika, auch wenn das Land der begrenzten Unmöglichkeiten nur einen Gast-Spielort absolvieren darf. Ganz hartnäckige Fans des Genres Grusel-Krimi können einen Blick riskieren. Wirklich zu empfehlen ist dieser frühe Aufsprung auf eine lukrative Geldquelle im deutschen Kino jedoch nicht. Aber spätestens in die 70er Jahre hinein hat dieses Filmgenre wesentlich schlechtere Tage erlebt. OFDb
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