30.12.2012

HART AUF SENDUNG (1990)

Mark ist ein schüchterner Teenager, der nur dann aus sich heraus kommt, wenn er als Happy Harry in seinem Piratensender fürs Radio moderiert. Als ein Schüler sich das Leben nimmt, zeigen die Erwachsenen auf den unbekannten DJ, der unter den Teenagern mittlerweile zum Sprachrohr der Jugend geworden ist. Die Jagd auf Harry ist eröffnet...

Radio Freies Amerika...
 
Als Regisseur Allan Moyle 1980 den kleinen Kultfilm „Times Square“ mit Tim Curry drehte, hätte wohl keiner damit gerechnet, dass der nächste Film 10 Jahre auf sich warten lassen würde. Vielleicht hat er auf das richtige Thema gewartet, denn Moyle hatte etwas mitzuteilen, und mit „Hart auf Sendung“ hatte er das richtige Projekt dafür am Start.

In seiner Beobachtung den Jugendlichen gegenüber war „Pump Up The Volume“ (Originaltitel) so treffsicher wie der wesentlich berühmtere „Frühstücksclub von John Hugh. Beide Filme stehen sich in nichts nach, und so darf es schon ein wenig verwundern, dass „Hart auf Sendung“ heutzutage kaum noch wem ein Begriff ist. Wahrscheinlich war er einfach zu rebellisch, zeigte er doch nicht nur das übliche Teenie-Leiden unter den Erwartungen der Eltern, sondern gleichzeitig auch den Weg hinaus aus ihren Problemen.

Auf dem Weg dorthin werden Kritik an Zensur vorgenommen, insbesondere an der Heuchelei von Institutionen die über gesendete Inhalte entscheiden dürfen. Frei reden darf nur der, der nicht zu kritisch wird, und Happy Harry hält sich weder an sexuelle Tabus noch an Gesetze. Aus Langeweile gestartet entfacht er eine Bewegung unter den Gleichaltrigen, deren Bedeutung er sich erst durch eine engagierte, süße Mitschülerin bewusst wird, in die er sich verliebt.

Damals wie heute warteten Teenager in einer Zeit die festzustecken schien auf eine Stimme, die ihnen zeigte wie man aus der Alltagslethargie heraus kommt. Unbewusst wird Harry zu dieser Stimme für seine Generation, und obwohl mit seinem Treiben kriminell handelnd, sorgt er für mehr Gerechtigkeit in seiner Stadt. Frei nach dem Motto: wenn die Regeln nicht gut für das Volk sind, muss man sie auch nicht einhalten. Eine vorbildliche Haltung im heute so politisch korrekt angepasstem Amerika.

Harry macht auf Missstände in seiner Schule aufmerksam, hilft Teenagern bei ihren Seelenproblemen und zeigt mit seiner freien, frechen Art einfach, dass er nicht anders ist als seine Zuhörer. Jugendliche wollen gehört und ernst genommen werden. Und als das letzte Licht in der Gesellschaft können sie in dieser scheinbar auch nichts bewegen, so falsch sie auch läuft. Wo das Medium Radio ansonsten als Opium fürs Volk genutzt wird, benutzt Harry es demokratisch richtig, als ein Medium wo Unterhaltung nur ein Teil des Gesamten ist. Er nutzt es zum aufklären, als Sprachrohr der Ungehörten und um Wissen zu teilen. Harry zeigt dass Medien nicht die Grenzen besitzen, die ihnen Staat und Industrie ewig aufzwingen wollen.

Es mag antiquiert wirken, dass Teenager mit Hilfe des Radios rebellieren. Wahrscheinlich ist dies der einzige Kritikpunkt den „Hart auf Sendung“ sich gefallen lassen muss, dürfte doch schon 1990 das Radio bei den Kids abgemeldet gewesen sein. Aber auf dieser Grundlage bauend, in welcher wir einfach mal akzeptieren dass fast jeder Jugendliche Radio hört, wächst ein enorm wirksamer Film, der eine große Jugendbewegung hätte entfachen können, wenn man ihn mehr beachtet hätte. Er guckt sich auf solch verschiedenen Ebenen so unglaublich gut.

„Hart auf Sendung“ ist flotte Unterhaltung die aufklärt ohne den moralischen Zeigefinger zu heben, die berührt ohne in Kitsch zu baden und die durch reden aufwühlt ohne im Pathos zu suhlen. Begleitet von einer wundervollen, da natürlich wirkenden, Liebesgeschichte bekommen wir eine lustige Story präsentiert, die mit ihrer Laufzeit immer ernster und ernstzunehmender wird, eingetaucht in einem Soundtrack der seinesgleichen sucht. Ständig springt man von einer Musikrichtung zur nächsten und trifft doch immer den Kern der jeweiligen Szene. Lediglich der Abspann wird von einem niveaulosen Song eingeleitet, was dem Film ein wenig schadet, so intensiv wie er endet.

Mit Christian Slater ebenso hervorragend besetzt wie in den meisten wichtigsten Rollen, ist Allan Moyle ein Dokument seiner Zeit geglückt mit einem Niveau, an das er nie wieder anknüpfen konnte. Ganz im Gegenteil! Mit Werken wie „XChange“ servierte er später selbst primitives Opium fürs Volk. Das ist schon sehr schade. „Hart auf Sendung“ wirkt wie der letzte Versuch Menschen wieder mündig zu machen, bevor die Unfreiheit endgültig einen großen Schatten über Amerika warf und mit einer neuen Moral, die mittlerweile auch in Deutschland Fuß gefasst hat, die Demokratie und mit ihr das Volk lähmte.

Wer sich mehr mit dem Thema befassen möchte sollte unbedingt „Donnie Darko“ sichten. Wer wissen will wie er aus seinem eigenen Gefängnis ausbrechen kann und warum dies so wichtig ist, sollte hingegen lieber zu „Hart auf Sendung“ greifen, der zum Zeitpunkt dieses Artikels lediglich als teure, da seltene DVD aufzutreiben ist. Am besten ist es natürlich, wenn man gleich beide Filme guckt.  OFDb

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