Der Jahrmarktmagier Oz gerät mit
seinem Fesselballon in einen Wirbelsturm und wird in das fabelhafte Land
Oz geweht, dessen Bewohner sehnsüchtig auf den prophezeiten Zauberer
warten, soll er ihnen doch den Frieden zurück bringen, in dem er die
böse Hexe des Landes besiegt. Da es zudem Macht und jede Menge Gold
gibt, spielt Oz den Bewohnern vor er könne zaubern...
„Das zauberhafte Land“ war eine von vielen Verfilmungen des Buches „The Wonderful Wizard Of Oz“ und war zudem auch nicht die erste. Aber er ist die bis heute eindruckvollste und zeitloseste Kinoversion des Stoffes und einer der ganz großen cineastischen Klassiker, so dass man es als mutig betrachten kann 84 Jahre später die Vorgeschichte ins Kino zu bringen, in einer Zeit eines völlig anderen Publikums und in einem Genre, das auch gerne von jüngeren geguckt wird, die sich mit dem Original zur Vorbereitung auf „Die fantastische Welt von Oz“ sicherlich schwer tun werden.
Das ältere Publikum hingegen darf zunächst mal zu recht kritisch sein, kommt der kunterbunte Streifen doch in moderner 3D-Technik daher und auch noch aus dem Hause Disney, zwei Aspekte die eher für sterile als für einfühlsame Kinounterhaltung stehen. Zudem hatten die Disney-Studios bereits 1985 die Fortsetzung des Originals mit dem Titel „Oz - Eine phantastische Welt“ vermurkst, da sie die so seelenlos haben aussehen lassen wie seiner Zeit die Verantwortlichen ihr Werk von „Die unendliche Geschichte 2“. Es herrscht eine stille Verwandtschaft zwischen beiden Werken.
Generell muss man bei der Geschichte um den Zauberer von Oz jedoch an „Alice im Wunderland“ denken, ebenfalls ungeheuer oft verfilmt, thematisch sehr verwandt und kürzlich erst erfolgreich verfilmt von dem kultig verehrten Tim Burton. Deswegen war es wichtig für das Projekt „Die fantastische Welt von Oz“ einen ebenso talentierten Regisseur zu finden, und der bot sich mit dem nicht ganz so kultig verehrten Sam Raimi geradezu an, bewies der mit der „Tanz der Teufel“-Reihe doch seinen Hang zur Düsternis und mit seiner Umsetzung der „Spider-Man“-Trilogie den richtigen Umgang mit Fantasy und Mainstream-Tauglichkeit.
Ob ein Märchenfilm in seine Hände gehört, konnte er jedoch erst mit dem hier besprochenen Werk beweisen, aber was soll man da kritisch sein, bei einem Mann der so viele Genres beherrscht und bei einem Projekt, das scheinbar nicht komplett von Disney Studio-Vorstellungen dominiert wurde.
Vielleicht haben die Disney Studios auch einfach endlich dazu gelernt. Ginge es nach ihren konservativen Ansichten wäre „Zurück in die Zukunft“ nie verfilmt worden, wäre „Fluch der Karibik“ aufgrund einer anders gewünschten Darstellung Johnny Depps gefloppt, und es gibt noch jede Menge anderer Beispiele bei denen die Studios gerade noch mal mit einem blauen Auge davon gekommen sind, oft mit dem Ergebnis am Ende für etwas gefeiert zu werden, an dem sie eigentlich nicht verantwortlich waren.
Was nun den hier besprochenen Film betrifft, so hat es Sam Raimi meiner Meinung nach geschafft die Erwartungen des heutigen Publikums mit einer ehrlich gemeinten und wirksamen Verbeugung vor dem Original und damit den Erwartungen der Cineasten zu einen. Letzteres sieht man offensichtlich an der in schwarz/weiß gehaltenen Einleitung, die erst in Oz ihre Farbe erhält, aber es zeigt sich noch mehr im Laufe der Geschichte, die manche Ereignisse des Originals mit neuem Hintergrundwissen in einem anderen Licht erstrahlen lassen.
Trotz modernster Farbsetzung und der aktuellen Technik wird „Die fantastische Welt von Oz“ zu einem nostalgischen Filmerlebnis, in welchem so manche Erinnerung an den Vorgänger wach wird, gleichzeitig aber auch nicht lediglich kopiert oder sich an der Rezeptur des ersten Teils bedient wird. Figuren erfahren nur dann ein Wiedersehen, wenn es Sinn macht, womit glücklicher Weise z.B. auf den Zinnmann verzichtet wurde. Zudem macht die neu erzählte Geschichte in Bezug zu „Das zauberhafte Land“ Sinn und widerspricht sich nur in eher unnötigen Randerscheinungen mit diesem.
Einziger kleiner Wermutstropfen neben manch zu kitschigem, kleinen Moment sind die Figuren, die dem Zauberer als Wegbegleiter an die Seite geschrieben wurden. Der viel zu brav aussehende und sich für einen Esel-Klon aus „Shrek“ auch zu brav benehmende fliegende Affe ist hierbei das größte Ärgernis, das aber immerhin mit zwei oder drei funktionierenden Gags ein wenig versöhnlich stimmt. Ein Porzellanpüppchen hingegen ist im positiven Sinne für gar nichts gut, ist Pate für das wandelnde Gewissen des Zauberers, jedoch auf derart kitschige und brachiale Weise, dass es echt schade ist, dass Raimi nicht mehr Feingefühl bewiesen hat in einem Film, der sonst die richtigen Töne zu treffen weiß.
Anbei macht er dies nicht musikalisch, was naheliegend wäre, war „Das zauberhafte Land“ doch schließlich ein Musical. Wie das in heutiger Zeit ausgesehen hätte in den Händen von Disney zeigen die Zeichentrickfilme seit „Arielle die Meerjungfrau“ und unter ihnen auch „Das Dschungelbuch 2“, das nichts vom Charme des ersten aufzufangen wusste. So kann man also von Glück reden, dass in „Oz The Great And Powerful“ (Originalfilm) nur einmal ein Gesang anklingt, um augenzwinkernd auch gleich wieder damit aufzuhören.
Die Bilder des Streifens sind wunderschön, bleiben nicht so kitschig wie bei der Ankunft in Oz und wechseln ebenso wie die Geschichte immer wieder in düstere Gebiete. Auch mit einer FSK 6 sollte man nicht zu blauäugig mit Kindern dieses Alters den Film aufsuchen. Allein die Laufzeit von über zwei Stunden spricht dagegen, aber so mancher Schockeffekt und eine mit Kinderaugen schwierige Unterteilung von Gut und Böse dürften eher für Alpträume als für ein freudiges Kinoerlebnis sorgen. Sinn macht das Sichten des Streifens sicherlich erst mit etwa 8 Jahren.
Die 3D-Effekte kann man als geglückt bezeichnen, wissen im schmalen Bild der Schwarz/weiß-Momente jedoch mehr zu wirken als im bunten Breitbild. Außerdem muss mir mal wer erklären warum die alte Sehgewohnheit eines unscharfen Hintergrundes und eines deutlich sichtbaren Vordergrundes auch in einem 3D-Film so gehandhabt wird. Technisch ist es mittlerweile kein zwingender Zustand mehr. Dass man von dieser Herangehensweise in einem 2D-Film nicht loslässt, halte ich für legitim. In einem Film der einen die dritte Dimension vorschwindeln will gehört so etwas aber nun gar nicht hinein.
Über 3D oder nicht mag man wie immer streiten können, ich selbst bin auch kein Fan dieses Verfahrens. In „Die fantastische Welt von Oz“ gehört es meiner Meinung nach aber fast automatisch dazu, entpuppt sich Oz doch als eine andere Art Zauberer als von den Bewohnern des zauberhaften Landes vermutet, und mit der Deutung was alternativ ebenfalls den Begriff Zauberei tragen darf (anbei eine recht nette Idee) erklärt sich Raimi und seine Berufsgattung ebenfalls zum Zauberer. Und wo wäre diese Botschaft sinnvoller aufgehoben, als in einem 3D-Film, der ebenso billiger Taschenspielertrick ist um etwas toller dastehen zu lassen als es ist, wie der Zauberer von Oz selbst.
Der Film ist toll besetzt (allen voran mit dem verspielt eitel agierenden James Franco und mit Mila Kunis in einer Rolle, die gewisse Parallelen zu Darth Vader aufzeigt), mal still und mal imposant inszeniert und behält immer das nötige Gleichgewicht zwischen Abenteuer und Komik. Das Finale beweist richtig Zunder und schließt den Film mit einer Gefühlsintensivität, die man sich an manch anderer Stelle mitten im Film ähnlich gewünscht hätte.
Wo das Finale und die Geschichte um die böse Hexe mitzureißen weiß, da wird die Geschichte um die gute Hexe, um den Wandel des Zauberers zum Guten und um das Porzellanpüppchen einen Quent zu kitschig angegangen. Nicht in einer Konsistenz welche den Unterhaltungswert zerstört, aber nervig genug um diesen leicht zu drücken. Auch für einen kunterbunten und kindgerechten Ausflug in den meist fröhlichen Fantasybereich wäre ein ehrlicher Umgang mit den Gefühlen besagter inhaltlicher Bereiche angebrachter gewesen.
Es kann aber auch sein, dass man das in vielen Jahren anders sieht, wenn auch „Die fantastische Welt von Oz“ ein nostalgisches Filmchen geworden ist. Immerhin sind die Kitschmomente im Original wesentlich dicker aufgetragen, und sie zerstören diesen Meilenstein des Unterhaltungskinos nicht nur, sie gehören auch zu den positiven Elementen des Originals. Vielleicht benötige ich einfach noch einige Jahre, um die hier verwendete Gefühlsduselei auch im Prequel als angenehm empfinden zu können. Immerhin bin ich Nostalgiker, träume gerne dem Vergangenen hinterher, und da ist man manchmal etwas ungerecht mit den Dingen des Heute. OFDb
Den Absatz mit "Zurück in die Zukunft" und "Fluch der Karibik" versteh ich nicht ganz. Der erste wurde doch dann letztendlich von Universal verfilmt, nicht von Disney, Disney ist ja also gerade nicht mit einem blauen Auge davon gekommen, sondern haben sich einen Hit entgehen lassen!
AntwortenLöschenDas ist richtig. Ich wählte das Beispiel, weil Disney das Projekt ablehnte, da eine Mutter die sich in ihren Sohn verliebt nach deren Mentalität in einem Familienfilm nicht zu zeigen ginge. Das mit dem blauen Auge bezog sich nicht auf dieses Beispiel wie die exakte Formulierung im Satz zeigt. Ich hatte gehofft es mit der Formulierung "oft mit dem Ergebnis" deutlich zu machen, dass sich der Rest des Satzes nicht auf das Beispiel "Zurück in die Zukunft" bezieht. Hat scheinbar nicht geklappt. Von daher danke für die Rückmeldung, da muss ich demnächst noch mal was dran umtexten, damit es nicht zu diesem Missverständnis kommt.
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