13.07.2015

FRENCH CONNECTION (1971)

Doyle ist ein aggressiver Trinker mit rassistischen Tendenzen und damit alles andere als ein Vorzeige-Bulle. Sein Partner Russo ist einfach da, ist charakterlos und bekommt lediglich ein Gesicht durch Roy Scheider, der grundsätzlich eine gewisse Ausstrahlung besitzt. Er ist so flach wie man die hier erzählte Geschichte vermuten könnte, so ereignislos sie zunächst erzählt ist. Und ich muss zugeben, dass ich mich bei dieser ersten Sichtung zunächst schwer mit „French Connection“ getan habe. Er ist rau und unbequem, bringt uns die Helden nicht näher und seine Handlung wird aufs Wesentliche zurückgeschraubt: die Alltagsarbeit der Drogenfahnder, bis sie auf den großen Deal aufmerksam werden und das große Observieren losgeht, das kein Ende zu nehmen scheint.

Aber „Brennpunkt Brooklyn“ (Alternativtitel) zählt nicht zu Unrecht zu den prägendsten Action-Thrillern des 70er Jahre Kinos. Sympathisiert man zunächst eher theoretisch mit dem rohen, dreckigen und ehrlichen Flair des Streifens, so wird er mit der Zeit doch richtig interessant und weiß geradezu mitzureißen, wenn das Tempo urplötzlich auf ein Hoch gedrosselt wird, das seine Wirkung aufgrund der restlichen ruhigen Inszenierung nicht verfehlen kann. Die legendäre Autoverfolgungsjagd (bzw. „Auto jagt Bahn hinterher"-Sequenz) weiß noch heute aufzuwühlen, so gnadenlos geht man mit Auto und Fahrer um, und dank einer guten Kameraarbeit hat man das Gefühl mit am Steuer zu sitzen.

„French Connection“ auf seine wilden Momente zu reduzieren wäre jedoch unfair, ist das komplette Werk doch hoch atmosphärisch abgefilmt. Meine Lieblingsaufnahme ist jene, in welcher Doyle der Bahn hinterher läuft, die Kamera die Rückenposition besagter Bahn einnimmt und Doyle erst kurz vor dem Tunnel den Wettlauf aufgibt. Und solch nennenswerten Aufnahmen gibt es zuhauf, und ich will nicht wissen wieviele ich davon übersehen habe, weil ich auf andere Dinge geachtet habe.

Nur selten verlässt Regisseur William Friedkin („Der Exorzist“) den Pfad des Realismus, z.B. dann wenn er den eigentlich unsportlichen Alkoholiker Doyle höchst fit einen Attentäter hinterher laufen lässt, so als würden wir gerade Gibsons Rolle in der comic-haften „Lethal Weapon“-Reihe wieder einmal dabei zusehen wie er zu Fuß ein Auto verfolgt. Zum ernsten und bitteren Ton von „French Connection“ passt das gar nicht. Allerdings ist solch ein Ausrutscher auch kaum der Rede wert in einem sonst so konsequenten Film wie diesem.

Die Stadt ist dreckig, Einschüsse werden ungeschönt blutig gezeigt, und die Korruption ist überall zu spüren (spätestens dann provozierend gezeigt, wenn die unterschiedlichen Mahlzeiten von Gut und Böse direkt gegenüber gestellt werden). Verbrechen lohnt sich, und auch der Schluss des Streifens macht aus den Anti-Helden dieses Kriminalfilmes keine strahlenden Helden. Letztendlich bleibt alles wie es ist. Und wo in „Dirty Harry" ein desillusionierter Harry seine Marke ins Wasser schmiss, da erfahren wir von Doyle und Russo nur durch eine Texteinblendung, dass sie das Drogendezernat kurz nach diesen Ereignissen verlassen haben und woanders hin versetzt wurden.

Was sich zu Beginn zäh wie Kaugummi guckt, entpuppt sich als gekonnter Stil, der „French Connection“ ein Gesicht beschert, wie es individueller kaum sein könnte. Zu seiner Zeit muss sich der Streifen sehr modern geguckt haben, allein schon weil er nicht das sonst so gewünschte positive Bild der Polizei und der Stadt vermittelt. „Brennpunkt Brooklyn“ muss sich zur Entstehungszeit ganz besonders unbequem geguckt haben. Dass dies heute kaum noch auffällt, da man das mittlerweile von dieser Art Film gewohnt ist, zeigt nur um so mehr wie wegweisend Friedkins fünfter Film war. Und ich weiß jetzt schon, dass ich mich bei einer Zweitsichtung gerade auf die erste halbe Stunde freuen werde, die mir bei der Erstsichtung noch nicht so ganz geheuer war. Nun wo ich weiß wie der Film gemeint ist und wo seine Stärken liegen, wird sich die erste Phase der Geschichte sicherlich wesentlich interessanter gucken.  OFDb

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