Neben „Eine Wolke zwischen den Zähnen“ dürfte „Das Spielzeug“ das wohl ernsteste damalige Werk mit Pierre Richard in der Hauptrolle gewesen sein. Zwar ist diese erste Zusammenarbeit mit Regisseur Francis Veber, der noch drei Richard/Depardieu Komödien folgen sollten (u.a. „Ein Tolpatsch kommt selten allein“), ebenfalls komödiantisch inszeniert, aber ihr liegt ein ernstes, gesellschaftskritisches Thema zu Grunde, mehrere sogar, und Richards allseits beliebter Klamaukpart wird arg eingegrenzt, was jedoch nicht zum Schaden des Streifens wird.
Ganz im Gegenteil! Obwohl ich Pierre Richard im Bereich des Slapsticks für einen der talentiertesten Schauspieler halte, tut es dem Film nicht nur gut dass sich der gute Mann der Geschichte unterzuordnen hat und somit nicht so oft herumkaspern darf wie gewohnt, er wurde sogar zu meinem Lieblingsfilm des langbeinigen Blonden und übertrumpft damit sogar das tolle Ergebnis des legendären „Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh“, mit welchem der Komiker schließlich auch in Deutschland berühmt wurde.
Bis in die kleinste Rolle perfekt besetzt taucht Veber die groteske Idee in ein realistisches Gewand und spielt die Folgen dieses Auslösers wohldurchdacht durch. Mag gerade der Firmenchef als Bösewicht auch etwas arg Klischee-haft wirken, so funktioniert doch durch seine Extreme trotzdem die Geschichte. Zumal er nicht die einzig unsympathische Figur des Streifens ist. So ziemlich jeder andere ist typisch menschlich gezeichnet und damit auch nicht gerade die Verkörperung einer Vorzeigeperson, und auch seine comicartige Übertreibung spiegelt sich in vielen anderen Charakteren wieder, bis Francois und der kleine Eric die einzig normalen innerhalb einer völlig sinnentleerten Gesellschaft zu sein scheinen.
Francois Verhalten ist stets nachvollziehbar, nie überspannt Veber den Bogen ins Unglaubwürdige, es geht ihm aber auch nie darum dass man als Zuschauer stets zu Francois Taten steht. Dieser ist nun einmal eine Figur mit Ecken und Kanten, und gute Absichten vermischen sich mit persönlichen Rachegefühlen. Aus einer Abhängigkeit wird eine politische Strategie für die er den Sohn des Chefs gewissenlos einspannt. Seine Beziehung zu dem Jungen ist nicht frei von Sympathie. Es entsteht, ganz im Gegenteil, ansonsten sogar eine richtig respektvolle Vater-Sohn-Beziehung zwischen den beiden (und dies emotional nachvollziehbar wachsend ohne manipulierenden Kitsch zu benötigen). Somit spiegelt sich auch in der Hauptfigur das Leben wieder, in all ihrer facettenhaften Reichhaltigkeit. Mitgefühl und das Ausnutzen der Person für die man echte Gefühle hegt stehen in einer erwachsenen Welt nun einmal nicht im Widerspruch.
Und „Das Spielzeug“ ist in seiner Ehrlichkeit und in seiner Konsequenz ein erwachsenes Werk, welches unsere Gesellschaft kritisch unter die Lupe nimmt und dabei zwar hauptsächlich auf die reiche Oberschicht einprügelt, jedoch nicht einzig auf sie allein. Was als albern klingende Posse beginnt und in einer vor Kitsch nur so triefenden Soße hätte enden können, wird zu einer gut beobachtenden Satire, in welcher auf ganz typisch unverkrampfte französische Art auch die Gefühle nicht zu kurz kommen, in einer Inszenierung die sowohl für ihre ernsten Anliegen als auch für den Humorbereich genügend Platz findet, in einem harmonisch einander beeinflussendem Gleichgewicht, welches nicht nur nicht von Pierre Richards gelegentlich eingestreuten Klamaukeinlagen gestört wird, sondern förderlich für die Grundhaltung des kompletten Streifens wird. OFDb
P.S.: Von der Ami-Neuverfilmung „Der Spielgefährte“ sollte man übrigens unbedingt die Finger lassen, ertrinkt es doch in Kitsch und unpassendem Klamauk, und wurde der eigentliche Kern der Geschichte von den Remake-Verantwortlichen doch überhaupt nicht erkannt.
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