11.02.2016

NACHTS, WENN DRACULA ERWACHT (1970)

Jess Franco, Klaus Kinski, Herbert Lom und Christopher Lee - welcher Film-Freund würde bei dieser ungewöhnlichen Zusammenkunft an cineastischen Berühmtheiten nicht neugierig werden? Ist das Talent der drei Mimen Perlen vor die Säue für einen eher improvisiert und schlicht arbeitenden Regisseur wie Vieldreher Jess Franco? Die Antwort auf diese ohnehin ungerecht gestellte Frage lautet nein, denn egal wie man zu dem berüchtigten spanischen Filmemacher auch stehen mag, „Nachts, wenn Dracula erwacht“ ist keineswegs eines seiner Standard-Werke. Wer sich hier die üblich wirren, wilden und skurrilen Welten Jess Francos erhofft wird gar enttäuscht werden, liefert der gute Mann doch solide Arbeit ab und sein mir bislang klassischstes Werk im Sinne eines herkömmlich konservativ abgedrehten Streifens.

Die innereigene Logik stolpert nur selten. Fehler in der technischen Umsetzung halten sich für einen Franco-Film in Grenzen. Angeblich soll der Streifen sogar recht nah am Original-Roman orientiert sein, was ich als Nichtkenner der Printmedie jedoch nicht einschätzen kann. Aber so oder so ist ihm ein stimmiges Stück Horrorfilm geglückt, wie es klassischer kaum ausfallen könnte. Die Musik untermalt die allseits bekannte Geschichte atmosphärisch, an der Kameraarbeit gibt es nichts zu meckern, ganz im Gegenteil, und das Erzähltempo ist typisch Franco langsam ausgefallen, jedoch nie zu zäh als dass es wie so manch andere seiner Werke langweilen würde. Dennoch tritt „Elconde Drácula“ (Originaltitel) aufgrund seiner konservativen, brav ausgerichteten sturgerade ohne Umwege erzählten Geschichte ein wenig auf der Stelle. Etwas mehr Elahn hätte dem Film durchaus gut getan.

Allerdings weiß die ruhige Art großteils zu gefallen, erschafft Franco mit seiner üblich schlichten Art doch genau jene Stimmung, die man sich bei einem klassischen 70er Jahre Horrorbeitrag erhofft. Sein Hang zum Zoomen, besonders gern in flotter Bewegung auf die Augen der Darsteller angewendet, ist auch in diesem Werk zu bemerken. Oftmals umgehen gerade diese Zooms die blutigen Momente. „Dracula 71" (Alternativtitel) ist diesbezüglich recht zahm ausgefallen, selbst in der ungekürzten Fassung.

So manche optische Idee will Franco nicht ganz gelingen, so z.B. der Schwenk in der Oper auf den im Dunkeln lauernden Vampir. Aber die Szene weiß trotzdem zu wirken, eben weil man weiß was Franco bezwecken wollte. Schön ist auch die erste Aufnahme der Burg anzusehen, wenn die Kamera uns zunächst die Zweige eines leicht nassen Baumes zeigt, und erst ein Zoom zurück uns den Blick auf das dahinter liegende Schloss offenbart. Zudem gibt es eine hervorhebenswerte Aufnahme zu sichten (leider eine für deren Gelingen Franco einen unnötigen, zusätzlichen Schnitt benötigte), in welcher Renfield aus dem Fenster seiner Zelle blickt und ein sehr langsamer Zoom vom Fenster aus bis hin zum Gebäude gegenüber fährt, wo im dunklen Schatten der Eingangstür erst kurz vor Ende des Zooms Dracula zu sehen ist. Dies ist wohl eine der stimmigsten Aufnahmen die Franco eingefangen hat innerhalb eines Filmes der sogar für kurze Augenblicke, völlig untypisch Franco, Gruselmomente besitzt.

Interessanter Weise spielen die berühmten Mimen eher nur mit halber Backe mit. Lee wirkt nicht ansatzweise so düster wie in dem Hammer-“Dracula“, was zwar auch daran liegt dass er mit der hier gewählten Frisur und dem Schnäuzer weder gealtert noch verjüngt mystisch wirkt, aber es ist auch seinem Zutun anzulasten dass dem Grafen diesmal nicht die unheimliche Aura umweht, wie wir sie von dem großartigen Mimen gewohnt sind. Zumindest ist sein Dracula hier anders angelegt als in der britischen Produktion, ist der Graf doch diesmal das edle Wesen der Nacht wie in den meisten Verfilmungen des Stoffes, wohingegen er in der 1958er Verfilmung überraschender Weise einer wilden Bestie glich.

Der Szenen von Kinski gibt es zu viele. Selbstgefällig spielt er fast ausschließlich stumm den Psychopathen in seiner Zelle, was aber nicht wirklich zu wirken weiß und die Geschichte auch keinen Deu vorwärts bringt. Ein zurückgeschraubt spielender Kinski ist noch immer ein guter Kinski, aber man merkt einfach dass er sich in dieser Rolle zu wohl fühlt, und das hat Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit seiner Szenen. Herbert Lom reißt sich ebenfalls kein Bein aus, spielt von den großen Namen die der Streifen zu bieten hat aber noch am besten. Sein Van Helsing ist solide verkörpert. Er ist so gestaltet, dass es nichts zu meckern gibt, aber eben auch so, dass damit keine Höchstleistung erzielt werden kann. Selbiges kann man abschließend auch über den Film an sich sagen.  OFDb

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