13.08.2018

ALICE IM WUNDERLAND (1915)

Bevor 1933 die erste Tonfilmversion als dritte Verfilmung namens "Alice im Wunderland" erschien, fertigte W.W. Young 18 Jahre zuvor eine interessante Stummfilmversion an. Diese kann man als eigentliche erste Verfilmung betrachten. Zwar gab es bereits schon im Jahr 1903 den britischen Stummfilm "Alice im Wunderland", der lief jedoch nur unter 10 Minuten, was ihm wenig Möglichkeiten bot der ohnehin schon schwer umzusetzenden Buchvorlage gerecht zu werden, und er war eigentlich nur ein Stück abgefilmtes Theater.

Youngs Version hingegen ist allein schon wegen seiner Außenaufnahmen ein anderes Kaliber Film, das mit seinen fast 45 Minuten Laufzeit sicherlich auch nicht der Buchvorlage Lewis Carrolls komplett gerecht werden kann, aber schon tiefer in die Materie hinein blicken kann als der nur 1/4 so lang laufende Vorgänger. Hingucker der hier besprochenen Verfilmung sind definitiv die Tierkostüme, die zwar noch stark am jeweiligen Tiervorbild orientiert sind, auf ihre Art aber schon einen leicht schrägen Touch beinhalten, um zur skurrilen Thematik der Geschichte zu passen. Von der Maus, zum Greif, bis hin zur Raupe ist jegliches Kostüm nett anzuschauen, einzig die Herzkönigin fand ich etwas enttäuschend gekleidet, ein Empfinden an dem man sich jedoch nicht aufhängen muss.

Zwar spart man leider ausgerechnet die mittlerweile allseits beliebte Teeparty ein, manch andere herrliche Momente und Gimmicks finden jedoch ihren Platz im fertigen Film. Alice mag im Haus des Kaninchens nicht wachsen (was wohl tricktechnisch beim geringen Budget zu viel verlangt gewesen wäre), aber Flamingos als Krocketschläger oder eine mal komplett, mal teilweise unsichtbar werdende Grinsekatze hat auch dieser Stummfilm bereits zu bieten. Ziemlich zu Beginn liefert "Alice in Wonderland" (Originaltitel) seinen überraschendsten Spezialeffekt ab, da darf durch Überblende eine Phantomalice aus der schlafenden echten Alice auferstehen, um dem Kaninchen zu folgen.

Für einen Stummfilm lebt Youngs Version von "Alice im Wunderland" stark von Dialogen. Gerade in den Gesprächen mit der Raupe und der Grinsekatze gibt es füllige Texttafeln im gefühlten 20 Sekunden-Takt zu lesen, eben weil man dem Buch halbwegs gerecht werden wollte und so einige skurrile Monologe und Dialoge aus dem Buch ihren Platz im Film wiederfinden. Das wirkt etwas zu bemüht, weiß meiner Meinung nach aufgrund des Respekts vor der Printvorlage aber trotzdem zu gefallen. Allgemein fand ich diese frühe Umsetzung recht nett inszeniert und damit wesentlich besser ausgefallen als die müde 1903er-Verfilmung. Zudem ist Alice in der hier besprochenen Version unheimlich süß besetzt.  OFDb

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