16.08.2018

LEERE WELT (1987)

"The Last Man on Earth" hatte als letzter Mensch der Welt mit vampirähnlichen Mutanten zu kämpfen, der Wissenschaftler aus "Quiet Earth - Das letzte Experiment" erwachte in einer Welt ohne Lebewesen, einschließlich der tierischen Form. In den 70er Jahren veröffentlichte der Autor von "Die dreibeinigen Herrscher" den Roman "Leere Welt", in dem ebenfalls wer allein auf dem Erdboden umher wandert, nur dass es sich in dieser Version einer schauderhaften Vorstellung um ein Kind handelt. Es steht zwar auf dem Sprung zum Erwachsen werden, aber seine mangelnde Lebenserfahrung lässt ihn noch recht naiv mit den Begebenheiten umgehen, während er überlebenstechnisch hingegen dazu gezwungen wird frühzeitig erwachsen zu werden.

Bis es soweit ist erlebt der Junge (zumindest im Film, die Buchvorlage kenne ich nicht)  die Diskrepanz zwischen dem was einem Politiker und Medien einreden wollen und dem was auf den Straßen der Welt passiert. Die Erkrankung wird klein geredet, findet angeblich nur weit entfernt statt und betrifft nur wenige Menschen. Doch Toms Großeltern gehen kritischer mit den Medienaussagen um, groß geworden in einer kritischeren Zeit. Ähnlich wie im 2003 erschienenden Science Fiction-Film "Do or Die" lässt die Krankheit Menschen rapide altern, deswegen befällt sie zunächst alte Menschen, dann jüngere und wie Tom während seiner Reise durch die leere Welt feststellen muss schließlich auch junge. Es kann jeden treffen. Ihn auch. Dem Wasser ist nicht zu trauen. Man muss von Konserven und in Flaschen abgefülltem Wasser leben, Dinge die bereits seit einiger Zeit längst geplündert wurden.

Das sind auch genau die Zeiten, die wir als Zuschauer nicht miterlebt haben. Eines Tages verlässt Tom sein Zimmer, in welchem er sich eine ungewisse Zeit verschanzt hat, trifft in der Wohnung auf seine verstorbenen Großeltern und macht sich dann auf den Weg durch eine menschenleere Welt. Ich weiß nicht ob die Buchvorlage ein Jugendroman war, die Verfilmung des seit 1978 aktiven Regisseurs Wolfgang Panzer schaut sich zumindest wie ein Jugendfilm, manche große Fragen des Stoffes nicht aufwerfend, um konsequent aus dem jugendlichen Blick erzählt zu sein, manchmal die alterszahme Umsetzung jedoch durchbrechend, z.B. dann wenn Tom mit dem Auto unterwegs über Leichen fahren muss (der Schrecken der Situation wird gekonnt nur über Toms Mimik präsentiert).

Manch einem wird nicht schmecken was die Schwerpunkte in Toms Denken und Erleben sind, gerade in Zeiten groß geworden, in denen uns allein über das Zombie-Genre etliche Epidemiefilme präsentiert werden. Auch die Charakterisierung der Hauptfigur wird nicht dem Massengeschmack entsprechen, erleben wir die düstere Vision doch über den Blickwinkel eines zu Normalzeiten schon etwas egoistischen, introvertierten Jungen, einem Jungen der per Autounfall früh seine Eltern verlor und im Alltag lieber für sich war, als unter Gleichaltrigen. Freilich ändert sich genau dieser Zustand, wenn die Erde erst einmal leer gefegt ist, allein dieser psychologisch reizvolle Aufhänger gefällt mir gut.

Was die jeweiligen Entscheidungen der erzählten Geschichte betrifft, so bin ich hin und hergerissen zwischen dem konsequenten Ignorieren offener Fragen und dem nachvollziehbaren, relativ unreflektiertem Handeln eines Jungen, dessen Ziele schlicht sind und dessen Vorausdenken so gut wie nicht stattfindet. Während der jugendlich orientierte Inszenierungsstil die grauenhafte Vorstellung einer leeren Welt den Zuschauer nie all zu schmerzhaft nah vermittelt, ist die ungeschönte Handlung gleichzeitig unberechenbar und lässt das Publikum spüren, dass jeden Moment etwas unerwartet Schreckliches passieren kann. Dieser Mix aus sehr aktivem und sehr passiven Umgang mit der Materie weiß nur dann zu reizen, wenn man mit der Psychologie der Hauptfigur etwas anzufangen weiß, und die finde ich selbst als Sympathisant des Streifens etwas arg unnahbar gewählt, was zwar theoretisch ebenfalls Reiz besitzt, jedoch dafür sorgt dass sich das Endergebnis eine Spur zu theoretisch guckt. Dies gepaart mit dem jugendlichen, leicht zu harmlos ausgefallenen, Inszenierungsstil beschert uns lediglich die Lightversion eines faszinierenden Schreckensszenarios, so konsequent und ungeschönt das Ganze auch erzählt sein mag.  OFDb

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